Die wirtschaftlichen Aussichten für das kommende trüben sich weiter ein. Nachdem die Bundesregierung und die führenden Institute im Sommer noch von einem Wachstum von 1,3 Prozent für das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahr 2026 ausgegangen waren, haben nun das Münchener Ifo-Institut und das RWI Essen ihre Prognosen deutlich gesenkt. Zwar erwarten beide Institute weiterhin Wirtschaftswachstum im kommenden Jahr und damit ein Ende der jahrelangen Stagnation und Rezession.

Doch dieses Wachstum wird der neuen Prognose zufolge nur gering ausfallen. Das Ifo-Institut rechnet mit einem BIP-Zuwachs von 0,8 Prozent für 2026, das RWI senkt seine Prognose auf 1,0 Prozent. Im noch laufenden Jahr hat sich die Wirtschaft den Forschern zufolge noch schlechter entwickelt als zuletzt befürchtet. Beide Institute sagen ein Mini-Wachstum von nur 0,1 Prozent für 2025 voraus.

Das Land schrammt also abermals knapp an einer Rezession vorbei. Ein Grund dafür ist die große Verunsicherung durch die Zollpolitik der US-Regierung unter Donald Trump. Doch die eigentlichen Ursachen liegen tiefer: Die deutsche Wirtschaft passe sich dem Strukturwandel durch Innovationen und neue Geschäftsmodelle nur langsam und kostspielig an, sagt Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. Zusätzlich würden die Unternehmen „durch bürokratische Hürden und eine veraltete Infrastruktur behindert“.

Aus Sicht von RWI-Konjunkturchef Torsten Schmidt ist das Kernproblem der deutschen Wirtschaft „ihre schwindende Wettbewerbsfähigkeit auf den internationalen Märkten“, die nur durch strukturelle Reformen wieder verbessert werden kann. Zu dieser Belastung kommt noch die Unberechenbarkeit der US-Zollpolitik dazu. Mit der Folge: „Die Exporte – einst das Aushängeschild der deutschen Wirtschaft – werden zum Problem.“ Schmidt warnt, dass staatliche Investitionen private Aktivitäten auf Dauer nicht ersetzen können.

Zerlegt man die Prognose für 2026 in einzelne Komponenten, dann zeigt sich, wie schwach die deutsche Wirtschaft weiterhin sein wird: Nach Vorhersagen des Sachverständigenrats für gesamtwirtschaftliche Entwicklung wird allein die geringere Anzahl von freien Tagen im kommenden Jahr zu einem Wachstum von 0,3 Prozent führen. Einige Feiertage fallen 2026 auf das Wochenende. Die Wirkung der staatlichen Konjunkturpakete, vor allem der zusätzlichen Schulden für Infrastruktur und Klimaschutz, beziffern die Ökonomen mit einem Wachstumsimpuls um 0,3 Prozentpunkte. Dieser Schätzung schließt sich das Ifo an.

Große Probleme durch sinkende Investitionen der Unternehmen

Ein großes Problem für die Jahre nach 2026 sind die sinkenden Investitionen der Unternehmen. Dadurch verringert sich das Produktionspotenzial, warnt das Ifo-Institut. Verstärkt wird dieser Effekt noch durch den Arbeitskräftemangel, der sich in den kommenden Jahren verschärfen wird.

Die Folge wird ein geringeres Wirtschaftswachstum sein. „Es sind Maßnahmen erforderlich, die das Arbeitsangebot über zusätzliche Anreize zur Ausweitung der Arbeitszeit oder der Teilhabe am Arbeitsmarkt stärken bzw. die Produktivität über eine durchgreifende Digitalisierung und Vereinfachung des Staatswesens steigern“, meint Wollmershäuser.

Auf dem Arbeitsmarkt werden diese Probleme zunächst kaum zu spüren sein. Das kleine Wachstum im kommenden Jahr wird nach Prognose der Institute zu einem Beschäftigungsaufbau in den kommenden beiden Jahren führen. Die Arbeitslosenquote von voraussichtlich 6,3 Prozent in diesem Jahr wird demnach 2026 stagnieren und danach laut RWI auf 5,8 Prozent im Jahr 2027 sinken.

Dieser Artikel wurde für das Wirtschaftskompetenzcenter von WELT und „Business Insider Deutschland“ erstellt.

Daniel Zwick ist Wirtschaftsredakteur in Berlin und berichtet für WELT über Wirtschafts- und Energiepolitik, Digitalisierung und Staatsmodernisierung.

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