Die Vorstandsvorsitzende der Commerzbank, Bettina Orlopp, hält eine Übernahme durch die italienische Großbank Unicredit derzeit für wenig wahrscheinlich. „Eine Transaktion ist kein Selbstzweck, sie muss für Aktionäre, Kunden und Mitarbeitende Sinn ergeben und Wert schaffen. Das sehen wir auf dem aktuellen Bewertungsniveau nicht“, sagte Orlopp WELT AM SONNTAG. Unicredit könnte allenfalls mit potenziell hohen Synergien argumentieren, aber die seien „wegen Überlappungen im Geschäft und hohen Risiken bei der Umsetzung fragwürdig.“
Für die italienische Großbank sei ein gesichtswahrender Ausstieg möglich: „Das Engagement bei uns hat sich wegen der hohen Kursgewinne sehr gelohnt. Und technisch könnte Unicredit genauso kursschonend gehen, wie sie gekommen sind“, sagte die Commerzbank-Chefin. Die aktuelle Situation könne nicht von Dauer sein: „Wir können aus einer Position der Stärke agieren, den aktuellen Zustand beenden können wir aber nicht. Der Ball liegt bei Unicredit“, sagte Orlopp.
Sollte irgendwann ein Angebot vorliegen, werde der Vorstand der Bank dieses selbstverständlich prüfen. „Aber wer durch eine Tür gehen will, muss den ersten Schritt machen. Das hat Unicredit bisher nicht getan“, sagte die Bankchefin. Der Dialog mit der italienischen Bank und ihrem Chef Andrea Orcel bewege sich im Rahmen normaler Investorengespräche: „Wie mit allen unseren Investoren sprechen wir regelmäßig mit ihm. Manchmal ist Herr Orcel bei diesen Gesprächen dabei, manchmal nicht“, sagte Orlopp.
Bei der Umsetzung ihrer Strategie bewege sich die Commerzbank weiter im Plan. Die Ziele seien weiterhin realistisch und würden auch nicht durch die schwache deutsche Konjunktur gefährdet. „Unsere Wachstumsannahmen sind sicher ambitioniert, unsere makroökonomischen Kalkulationen sind aber sehr konservativ“, sagte Orlopp. In einigen Branchen – etwa bei Autozulieferern, im Maschinenbau und in der Chemie – agiere die Bank bei der Kreditvergabe „bedachter.“ Sie kalkuliere aber „weiterhin mit einer konservativen Risikovorsorge.“
Das gelte auch für private Immobilienkredite, bei denen man wegen der immer noch niedrigen Arbeitslosigkeit aber kaum Ausfälle sehe. Ein Ausstieg von Unicredit werde auch deshalb keine gravierenden Folgen für den Aktienkurs haben: „Unsere Daten zeigen, dass er anfänglich von Übernahmefantasien beeinflusst war. Mittlerweile basiert die Bewertung aber auf Ergebnisse und Zukunftsaussichten der Commerzbank“, sagte Orlopp.
Dieser Artikel wurde für das Wirtschaftskompetenzzentrum von WELT und Business Insider erstellt.
Jan Dams ist Chefreporter von WELT AM SONNTAG.
Cornelius Welp ist Wirtschaftskorrespondent in Frankfurt. Von dort aus berichtet er über Banken, Versicherungen und Finanzinvestoren und Unternehmen.
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