Baden-Württemberg galt bislang als Bundesland ohne finanzielle Sorgen, auch die Landeshauptstadt Stuttgart profitierte davon. „Doch die Bedingungen haben sich rasend verändert“, sagte Finanzbürgermeister Thomas Fuhrmann in einer Mitteilung der Stadt zum Haushalt.
Denn dieser gerät angesichts drastisch einbrechender Gewerbesteuern und stark steigender Ausgaben in Schieflage. Dabei war die Stadt seit 2018 schuldenfrei gewesen. Nun ist die Zahlungsfähigkeit offenbar erschöpft. „Erstmals seit 2009“ wird wieder ein Sparhaushalt aufgestellt.
Für das kommende Jahr rechnet die Stadtkämmerei mit einem Defizit von rund 785 Millionen Euro, in den Jahren 2026 bis 2030 dürften die Fehlbeträge jeweils im hohen dreistelligen Millionenbereich liegen, sagte Fuhrmann weiter.
„Ende 2025 wird die Zahlungsfähigkeit der Landeshauptstadt unter Null liegen“, hatten deshalb mehrere Medien wie etwa die „Bild“-Zeitung aus einer ersten Mitteilung der Stadt zitiert. Inzwischen wurde dieser Satz von der Stadt jedoch zurückgenommen. „Korrekt ist: Die rechnerisch freie Liquidität der Landeshauptstadt wird Ende 2025 voraussichtlich negativ sein. Dies bedeutet keine Zahlungsunfähigkeit, sondern beschreibt eine rechnerische Größe innerhalb der Haushaltsplanung“, heißt es in einer neuen Mitteilung.
Insgesamt plant Stuttgart demnach, bis 2030 Kredite in Höhe von 2,4 Milliarden Euro aufzunehmen, um dringend notwendige Investitionen finanzieren zu können. „Um unsere Infrastruktur zu erhalten, müssen wir ab 2026 Kredite aufnehmen – bis 2030 insgesamt rund 2,4 Milliarden Euro. Doch der rechtliche Spielraum dafür ist eng, weshalb eine Konsolidierung unverzichtbar ist“, erklärte Fuhrmann weiter. Hintergrund sind die Erwartungen, dass nicht, wie eingeplant 1,2 Milliarden Euro an Gewerbesteuern an Stuttgart fließen werden, sondern nur etwa 750 Millionen Euro.
Vor allem die Krise der Autoindustrie trifft die Stadt demnach hart: Unternehmen wie Mercedes-Benz und Porsche hatten über Jahre für stabile Einnahmen gesorgt. Doch die deutschen Autobauer standen von Juli bis September so stark unter Druck wie seit der Finanzkrise nicht mehr. Der operative Gewinn (Ebit) der Hersteller brach um knapp 76 Prozent ein.
Das spürt auch der Stadtkämmerer in Stuttgart. Die Rücklagen, mit denen die Stadt 2023 steigende Sozialausgaben noch abfedern konnte, gehen zur Neige. Ohne neue Kredite ist der Haushalt nicht mehr finanzierbar, doch gesetzliche Vorgaben setzen der Neuverschuldung enge Grenzen.
Um gegenzusteuern, arbeitet die Stadt nach eigenen Angaben an einem umfangreichen Sparprogramm. Geplant sind eine Einstellungssperre für nicht zwingend erforderliche Stellen bis September 2026 sowie Kürzungen bei Förderprogrammen, Zuschüssen und freiwilligen Leistungen. Neubauprojekte müssen verschoben werden, finanziert wird vorerst nur der Erhalt bestehender Straßen und Brücken.
Parallel sucht Stuttgart nach eigenen Angaben nach neuen Einnahmequellen: Eine Übernachtungssteuer ist ebenso im Gespräch wie höhere Hundesteuer und Zweitwohnungssteuer. Auch Gebühren für Anwohnerparken und Friedhöfe könnten steigen, zudem wird eine Erhöhung des Gewerbesteuer-Hebesatzes geprüft.
Der Gemeinderat verhandelt derzeit über das gesamte Maßnahmenpaket. Bis zum 19. Dezember soll entschieden werden, wie eine der reichsten Städte Deutschlands die Haushaltslage stabilisieren will.
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