Leben die dümmsten Landwirte Deutschlands in Sachsen-Anhalt? Das zumindest würde der Volksmund nahelegen, der behauptet: Die dümmsten Bauern ernten die dicksten Kartoffeln.
Die am Montag veröffentlichten Zahlen des Landwirtschaftsministeriums zeigen: Mit 70.740 Euro verdienten Landwirte in keinem anderen Bundesland im Wirtschaftsjahr 2023/24 mehr. Und nirgendwo weniger als in Schleswig-Holstein mit gut 40.000 Euro.
Die Lage der Bauern ist höchst unterschiedlich. Es gibt in der Landwirtschaft eine breite Spanne von Betriebsergebnissen – je nach Größe, Spezialisierung, Lage und Verschuldungsgrad.
Während einige – vor allem größere – Betriebe glänzend von ihrer Arbeit leben und investieren können, stehen viele andere Höfe weiterhin vor dem Aus. Der Strukturwandel geht trotz der hohen Lebensmittelpreise weiter.
Bundesweit sanken die Gewinne der Höfe und damit die Einkommen der Bauern-Familien im Schnitt zwar um ein Viertel. Doch das Vorjahr war wegen der hohen Lebensmittelpreise nach Beginn des Ukraine-Kriegs ein positives Ausnahmejahr.
„Inzwischen hat eine erwartbare wirtschaftliche Normalisierung eingesetzt“, heißt es in dem Bericht, der anhand der Buchführung repräsentativ ausgewählter Höfe eine detaillierte Statistik aufstellt.
Durchschnittseinkommen bei fast 50.000 Euro
Dennoch lag das Einkommen je Arbeitskraft aus der Eigentümerfamilie im Bundesschnitt mit 49.300 Euro auf dem zweithöchsten Niveau überhaupt. Zum Vergleich: Vor dem Ukraine-Krieg, 2020/21, waren es nur 34.100 Euro. Im EU-Vergleich verdienen die deutschen Landwirte damit weiterhin mehr als ihre Kollegen in den anderen westlichen Flächenländern wie Frankreich und Spanien.
Besonders gut läuft es für eine Betriebsart, die in den vergangenen Jahren besonders stark vom Höfesterben betroffen war – vielleicht gerade deshalb, weil viele schwache Betriebe in dem Bereich aufgegeben haben: Schweinehalter verdienten 18 Prozent mehr.
Sie kamen auf knapp 150.000 Euro Gewinn je Betrieb und damit auf fast ein Drittel mehr als Ackerbauer und auf das Doppelte des Verdiensts eines Milchbauern.
Der scheidende Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) nutzte die Gelegenheit, per Pressemitteilung die eigene Politik zu loben: „Die Zahlen zeigen: Harte Arbeit zahlt sich aus – sie braucht verlässliche Rahmenbedingungen und eine nachhaltige Politik, damit stabile Betriebsergebnisse möglich bleiben. Dafür haben wir in den vergangenen Jahren alles getan.“
Dabei waren es gerade die volatilen Rahmenbedingungen, die den Landwirten nutzen: Die Weltmarktpreise auf den Agrarmärkten sind durch den Ukraine-Krieg deutlich gestiegen und waren 2023/24 noch nicht wieder auf das Vorkriegsniveau gefallen.
Dennoch blieben die Landwirte von Subventionen abhängig, ohne die sich die Arbeit für viele Landwirte nicht lohnen würde: 35 Prozent des Einkommens – knapp 37.000 Euro pro Familien-Arbeitskraft – stammen rechnerisch aus EU-Mitteln und sonstigen Subventionen und Steuervergünstigungen. Allerdings war es vor dem Ukraine-Krieg noch rund die Hälfte, und auch in absoluten Zahlen sind die Zahlungen leicht gesunken.
Steuerfreiheit für Agrardiesel hilft den Betrieben
Die Statistik zeigt auch, welche Bedeutung die umstrittene Steuerfreiheit für Agrardiesel hat. Im Bundesschnitt macht dies 2633 Euro je Betrieb aus. Das sind 7,6 Prozent der Gesamt-Subventionen und Steuervergünstigungen.
Die Ampel-Regierung hatte beschlossen, dieses Steuerprivileg schrittweise abzuschaffen. Die neue schwarz-rote Koalition will es hingegen beibehalten. Denn die Abschaffung war der Anlass für die heftigen Bauernproteste vor gut einem Jahr.
Trotz des von der Ampel-Koalition ausgerufenen Ziels, die Bio-Quote deutlich zu steigern, verdienten Öko-Landwirte deutlich weniger als ihre konventionell wirtschaftenden Konkurrenten. Öko-Bauern kamen auf ein Jahreseinkommen von gut 42.000 Euro, die übrigen Landwirte auf fast 55.000 Euro.
Allerdings sind die Einkommen der Öko-Bauern stabiler: Sie liegen fast auf dem Niveau des Vorjahres, während die konventionellen Landwirte über 20 Prozent Rückgang verzeichneten.
Christoph Kapalschinski ist Wirtschaftsredakteur und schreibt unter anderem regelmäßig über die Lage der Landwirte.
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