US-Präsident Trump plant, die Medikamentenpreise drastisch zu senken. Die Pharmaindustrie schlägt Alarm und warnt vor schwerwiegenden Folgen für Forschung und Versorgung.
Im internationalen Vergleich sind Medikamente in den USA deutlich teurer als in vielen anderen Ländern. Das will US-Präsident Donald Trump per Dekret ändern. "Ich mache den Pharmakonzernen nicht die größten Vorwürfe", sagte Trump bei der Unterzeichnung einer entsprechenden Anordnung. Die Unternehmen seien oft gezwungen, sich dem Druck zu beugen. Besonders scharf griff er stattdessen europäische Staaten an. Amerikanische Patienten hätten "sozialistische Gesundheitssysteme" wie das in Deutschland mitfinanziert. Der Europäischen Union warf Trump vor, sich in Preisverhandlungen "unverschämter als China" zu verhalten. Europa müsse künftig tiefer in die Tasche greifen: "Der Rest der Welt wird mehr zahlen müssen", sagte er. "Und Amerika wird viel weniger zahlen."
Das Dekret soll die Preise für Medikamente um 30 bis 80 Prozent senken. US-Medien gehen davon aus, dass Pharmaunternehmen gegen die Anordnung klagen werden. Branchenverbände lehnen das Dekret weitgehend ab. Ihr Argument: Die Anordnung könnte die Versorgung mit Arzneimitteln und Forschungsmitteln zum Erliegen bringen, während sie wenig zur Eindämmung der hohen Kosten beiträgt. Der Präsident des US-Pharmaverbands "Pharmaceutical Research and Manufacturers of America" sagte in einer Erklärung, dass "der Import ausländischer Preise aus sozialistischen Ländern ein schlechtes Geschäft" für amerikanische Patienten wäre.
John F. Crowley, Präsident der Biotechnology Innovation Organization, bezeichnet die Pläne von Trump im Gespräch mit der BBC als "einen zutiefst fehlerhaften Vorschlag, der die kleinen und mittleren Biotech-Unternehmen unseres Landes ruinieren würde, da er die Finanzierung der Forschung abwürgen könnte". Patienten und Familien seien keine Verhandlungsmasse in einem Handelskrieg. "Aber genau so werden sie behandelt - zuerst durch die vorgeschlagenen Zölle auf die Medikamente unseres Landes und jetzt durch ausländische Referenzpreise im Namen der Fairness."
"Dieses Spiel ist vorbei"
Laut dem Präsidenten des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (VFA), Han Steutel, sind die USA der wichtigste Markt für innovative Arzneimittel. "Ohne die Erlöse in den Vereinigten Staaten wären Forschung und Entwicklung, wären neue Therapien auch für europäische Patientinnen und Patienten vielfach nicht denkbar. Was jetzt in den USA entschieden wurde, hat Folgen für die ganze Welt." Mit einer internationalen Referenzierung auf den jeweils niedrigsten Preis ließen sich Forschungskosten nicht bezahlen und Markteinführungen könnten zunehmend infrage gestellt werden, so Steutel. Nötig sei nun ein starker, gemeinsamer EU-Markt mit einer abgestimmten Arzneimittelpolitik.
Auch die Beratungsgesellschaft Simon-Kucher erwartet weitreichende Auswirkungen auf die globale Pharmaindustrie und deutsche Unternehmen. "Eine sinkende Ertragslage gefährdet die Mittel für Forschung, Produktion und Arbeitsplätze auch an deutschen Standorten", heißt es in einer Studie. Mit einem Umsatzrückgang in den USA steige zudem der Druck für Unternehmen, höhere Preise in anderen Industrienationen wie Deutschland zu erzielen. Ferner könnten Pharmafirmen den Markteintritt in Deutschland oder Europa verzögern oder gar nicht erst vornehmen, um niedrige Preisreferenzen zu vermeiden und somit den Preis in den USA zu schützen, so Simon-Kucher.
Trump beruft sich in seinem Dekret auf das Prinzip der "Most Favored Nation", das er schon während seiner ersten Amtszeit einführen wollte: Die USA sollen für bestimmte Medikamente künftig nicht mehr zahlen als das Land, das den weltweit niedrigsten Preis verlangt - unabhängig von Marktgröße oder Wirtschaftskraft. "Dieses Spiel ist vorbei", sagte Trump mit Blick auf Länder, die seiner Ansicht nach bislang auf Kosten der USA von günstigen Konditionen profitiert hätten.
Kosten für Medikamente sind Dauerthema
Innerhalb von 30 Tagen soll das Gesundheitsministerium nun konkrete Ziele für Preissenkungen festlegen. Auf dieser Grundlage will die Regierung mit der Pharmaindustrie verhandeln. Sollte die Industrie nicht freiwillig auf die Regierung zugehen und die Preise senken, seien weitere Maßnahmen geplant. Im Mittelpunkt sollen vor allem Arzneimittel stehen, bei denen die Preisunterschiede zwischen dem US-Markt und dem Ausland besonders groß sind.
Tatsächlich zählt die Pharmabranche zu den einflussreichsten in Washington. Mit gezielten Spenden - an Demokraten und Republikaner - verschaffen sich Pharmaunternehmen Gehör in der Gesetzgebung. Reformversuche zur Senkung von Medikamentenpreisen stoßen wohl auch deshalb parteiübergreifend immer wieder auf Widerstand - häufig unter Verweis auf mögliche Folgen für Forschung und Innovation.
Die Kosten für Medikamente sind in den USA ein Dauerthema. Anders als in vielen anderen Industrieländern gibt es dort keine zentrale staatliche Preisregulierung. Die Preisgestaltung liegt weitgehend in der Hand der Pharmaunternehmen. Das führt zu oft erheblich höheren Kosten als etwa in Europa. In Deutschland greifen verschiedene Formen staatlicher Kontrolle.
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