Westliche Sanktionen und die Umstellung auf eine Kriegswirtschaft machen Russland offenbar stärker zu schaffen als bislang gedacht. Einer neuen Studie zufolge vertiefen sich die Konjunkturprobleme im Land. Entgegen der Behauptung des Kreml, spiele die Zeit nicht für Russland, heißt es in dem Bericht.
Die russische Wirtschaft befindet sich einem für die EU angefertigten Bericht zufolge in einem schlechteren Zustand als die Regierung in Moskau einräumt. Trotz einer oberflächlichen Stabilität vertieften sich strukturelle Schwächen, hieß es in einer vorgestellten Analyse des Stockholm Institute of Transition Economics (Site). Hintergrund seien die Umstellung auf eine Kriegswirtschaft und die Auswirkungen westlicher Sanktionen. Der Bericht wurde als Hintergrundmaterial für die EU-Finanzminister angefertigt.
"Die fiskalischen Anreize der Kriegswirtschaft haben die Wirtschaft kurzfristig über Wasser gehalten", heißt es in dem Bericht. "Die Abhängigkeit von undurchsichtiger Finanzierung, eine verzerrte Ressourcenverteilung und schrumpfende Finanzpuffer machen sie jedoch langfristig untragbar. Anders als vom Kreml behauptet, spielt die Zeit nicht für Russland."
Site-Direktor Torbjörn Becker äußerte Zweifel an der Zuverlässigkeit russischer Wirtschaftsdaten. Wenn die Inflation wirklich bei neun bis zehn Prozent liege, warum habe die Zentralbank dann einen Leitzins von 21 Prozent festgelegt, fragte er. "Wenn unsere Zentralbanken so etwas täten, wären sie am nächsten Tag ihren Job los." Wenn man die Inflation zu niedrig ansetze, überschätze man die Wirtschaftsleistung (BIP). Auch beim Haushalt gebe es Unstimmigkeiten. "Ein Großteil der Kriegsfinanzierung läuft über das Bankensystem. Würde man das zu den Haushaltszahlen hinzurechnen, wären ihre Defizite ungefähr doppelt so hoch wie in den offiziellen Statistiken angegeben."
Seit Kriegsbeginn im Februar 2022 hat die EU 16 Sanktionspakete gegen Russland verhängt, die auf die Haupteinnahmequellen wie Öl und Erdgas abzielen. Auch die USA, Kanada, Großbritannien, Japan und andere Länder haben Strafmaßnahmen eingeführt. Diese sollen Russlands Fähigkeit beschneiden, seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu finanzieren. Der wirtschaftliche Druck wird zudem mit dem Versuch begründet, die Regierung in Moskau zu Friedensgesprächen zu bewegen.
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