In Deutschland wird zu wenig gearbeitet - so lautet zumindest die Klage einiger Arbeitgeber und in Teilen der Bundesregierung. Doch ist das auch so? Zahlen zeigen ein komplizierteres Bild. Und eine Expertin ärgert sich über die ganze Diskussion.

Im vergangenen Jahr haben so viele Menschen wie nie zuvor in Deutschland in Teilzeit gearbeitet. Mit 29 Prozent lag der Anteil im vergangenen Jahr auf einem Höchststand, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte. Demnach arbeitet mit 49 Prozent fast jede zweite Frau in Teilzeit, aber nur 12 Prozent der Männer. Damit sind Frauen mehr als vier Mal so oft in Teilzeit wie Männer.

Sowohl für Frauen als auch für Männer ist die Teilzeitquote damit so hoch wie nie zuvor. Zugleich kletterte auch die Erwerbstätigkeit generell auf ein Rekordhoch: Unter den 15- bis 64-Jährigen waren es 2024 gut 77 Prozent. Mit diesem Anstieg gehe auch eine Zunahme "des Anteils der Erwerbstätigen einher, die in Teilzeit arbeiten", erklärte das Statistikamt weiter.

Noch deutlich seltener als Frauen insgesamt arbeiteten erwerbstätige Mütter in Vollzeit. 68 Prozent aller Mütter mit minderjährigen Kindern arbeiteten den Daten zufolge 2024 in Teilzeit. Unter den Müttern mit Kindern unter drei Jahren waren es sogar 73 Prozent. Die erwerbstätigen Väter hingegen reduzierten seltener ihre Arbeitszeit als Männer insgesamt. Bei den Vätern mit Kindern unter 18 Jahren waren es 8 Prozent, bei Männern mit Kindern unter 3 Jahren 9 Prozent.

Ungleiche Verteilung der Sorgearbeit

"Auch wenn die Teilzeitquoten bei Männern gestiegen sind, sind es vor allem Frauen, die in Teilzeit arbeiten", so die wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, Bettina Kohlrausch. Das spiegele die ungleiche Verteilung der Sorgearbeit wider: Frauen leisteten rund neun Stunden mehr unbezahlte Sorgearbeit pro Woche als Männer, erklärte Kohlrausch.

"Unterm Strich arbeiten Frauen somit nicht weniger, sondern mehr als Männer, - sie werden nur für einen größeren Teil dieser Arbeit nicht bezahlt", fuhr sie fort. Forderungen von Teilen der Bundesregierung und Arbeitgebern, alle Menschen sollten mehr arbeiten, klängen daher wie Hohn.

Wie das Statistische Bundesamt weiter mitteilte, näherte sich die Erwerbstätigenquote von Frauen und Männer in den vergangenen Jahren aber weiter an. Bei den Frauen stieg sie seit 2005 von gut 59 Prozent um rund 15 Prozentpunkte auf 74 Prozent im Jahr 2024. Bei den Männern gab es ein geringeres Plus von knapp 10 Prozentpunkten, sodass die Quote von 71 Prozent in 2005 auf 81 Prozent im vergangenen Jahr anwuchs.

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