Die EU will die Sanktionen gegen Russland wieder einmal verschärfen. Diesmal sollen die Strafen Putin und seine Kriegsmaschinerie wirklich hart treffen. Ein Überblick darüber, was geplant ist - und was nicht.

Neue Sanktionen gegen Russland sind Alltag für die EU seit der russischen Invasion in der Ukraine vor drei Jahren. 16 Sanktionspakete sind seitdem bereits in Kraft gesetzt worden, das 17. ist bereits beschlossen. Es enthält unter anderem neue Maßnahmen gegen knapp 200 Schiffe, die der "Schattenflotte" zugerechnet werden, mit der Russland einen Großteil seines Öls exportiert. Zudem werden neue Unternehmen und Personen der Sanktionsliste der EU hinzugefügt. "Massive" Strafen, die den russischen Präsidenten Wladimir Putin in die Knie zwingen könnten, sind das nicht.

Genau das hatte aber Bundeskanzler Friedrich Merz gemeinsam unter anderem mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron angekündigt, falls Putin nicht das Feuer in der Ukraine einstellt und sich mit seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj an den Verhandlungstisch setzt. Beides ist nicht geschehen. Daher arbeitet die EU unter anderem mit Großbritannien und den USA bereits an einer weiteren Verschärfung der Sanktionen, die - im Gegensatz zu den letzten Strafmaßnahmen - den Kreml tatsächlich hart treffen soll. Ein Überblick darüber, was im Gespräch geplant oder gefordert wird:

Finanzbranche

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat bereits angekündigt, dass das russische Finanzsystem mit neuen Sanktionen belegt werden soll. Bisher sind einige Banken, darunter die Gazprombank, von Sanktionen ausgenommen, um die Abwicklung des Öl- und Gasexports, der auch in die EU nach wie vor weiterläuft, zu ermöglichen. Laut einem Bericht der Finanznachrichtenagentur "Bloomberg" sollen auch Banken in Drittstaaten sanktioniert werden, die Russland dabei helfen, Sanktionen zu umgehen.

Ölpreisdeckel

Schon 2022 haben die G7-Staaten einen Preisdeckel von 60 Dollar je Barrel für den Export russischen Öls erlassen. Das soll gewährleisten, dass Russland einerseits weiter Öl exportiert und keine Knappheit auf dem Weltmarkt entsteht, andererseits die Einnahmen des Kreml aber niedrig bleiben. Nun will die EU eine Absenkung des Preisdeckels auf 50 Dollar vorschlagen.

Nord Stream

Einig sind sich die Beteiligten in der EU Berichten zufolge auch, dass das Nord-Stream-Betreiberkonsortium sanktioniert werden soll. Demnach sollen eine Wiederaufnahme des Betriebs der Pipelines Nord Stream 1 und 2 oder Investitionen in das Unternehmen verhindert werden. Konkrete Auswirkungen hätte diese Maßnahme im Moment allerdings nicht, da die Röhren schwer beschädigt und nicht in Betrieb sind. Es handelt sich eher um ein politisches Signal, dass sich Europa dauerhaft bei der Energieversorgung von Russland unabhängig machen will.

Öl- und Gasimporte der EU

Auch EU-Staaten kaufen immer noch Öl und Gas für fast zwei Milliarden Euro im Monat aus Russland. Ein schnelles Ende dieses Milliardengeschäfts ist auch in den neuesten Plänen nicht vorgesehen. Nach aktueller Beschlusslage strebt die EU an, die Einfuhr von Energierohstoffen aus Russland Ende 2027 einzustellen. Nicht nur aus der Ukraine kommen Forderungen, die Öl- und Gasgeschäft mit Russland schneller zu beenden: Im US-Senat liegt ein Gesetzentwurf des Republikaners und Trump-Verbündeten Lindsey Graham vor, demzufolge exorbitante Strafzölle für alle Länder erhoben werden sollen, die Öl oder Gas in Russland kaufen. Mit dem Gesetz könnten die USA Russlands Hauptkunden Indien und China abschrecken, auch den Abschied der EU von der russischen Energie beschleunigen. Ein derartiges Vorgehen der USA unter Präsident Donald Trump dürfte helfen, bekennende Trump-Fans innerhalb der EU wie Ungarns Staatschef Viktor Orbán von einem Kurswechsel zu überzeugen, dessen Land Hauptabnehmer russischen Öls unter den EU-Staaten ist.

Sekundärsanktionen

Bislang setzten sowohl die EU als auch die USA und die anderen westlichen Staaten ihre Russlandsanktionen nur sehr eingeschränkt in Drittstaaten durch. Daher kann Russland einen Großteil seines Handels weitgehend ungestört einfach über Drittstaaten wie Kasachstan, die Türkei oder China und Indien umlenken. Sekundärsanktionen würden dies ändern. Sie würden automatisch gegen Unternehmen auch aus anderen Ländern greifen, wenn sie die Russlandsanktionen beispielsweise der EU verletzten. Das Graham-Gesetz wäre ein Schritt in diese Richtung. Umfassende Sekundärsanktionen wären "eine wirklich harte Möglichkeit", Russland zu treffen, sagte Militärexperte Carlo Masala von der Universität der Bundeswehr im Interview mit ntv. Das Graham-Gesetz wäre ein Schritt der USA in diese Richtung. In der EU sind umfassende Sekundärsanktionen bislang nicht geplant.

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