Suzuki kann sein Erfolgsmodell Swift nicht mehr bauen, der Rüstungsindustrie mangelt es ebenfalls an Vorprodukten. Denn Zulieferer bekommen nicht mehr genug Seltene Erden aus China. So baut die Volksrepublik im Handelsstreit massiv Druck auf.
Der Mangel an Seltenen Erden infolge von Chinas Exportbeschränkungen führt zu ersten Produktionsausfällen in der Autoindustrie. Der japanische Hersteller Suzuki musste Insidern zufolge deshalb den Bau seines Erfolgsmodells Swift stoppen. Der Autobauer setzte die Produktion für mehr als zehn Tage aus und begründete dies mit einem Komponentenmangel.
Der deutsche Zulieferer ZF warnt vor kurzfristigen Bandstillständen. Der Engpass sei in den Lieferketten bereits spürbar. ZF kauft beispielswiese Teile für Elektromotoren, für die Lieferanten Seltene Erden benötigen.
In ganz Europa kämpfen Autozulieferer mit der Knappheit bei Seltenen Erden. Die ersten Fertigungslinien hätten bereits gestoppt werden müssen, teilte der Branchenverband CLEPA mit. Betroffen sei eine Vielzahl von Produkten, die in Elektro- und Verbrennerfahrzeugen zum Einsatz kommen. Seit Anfang April hätten die Unternehmen Hunderte Exportlizenzen beantragt, nur jeder vierte Antrag sei bisher genehmigt worden. In einigen Fällen wurden die Lizenzen verwehrt.
"Es herrscht ein Notstand"
Neben der Autoindustrie trifft der Engpass unter anderem Rüstungsunternehmen, Medizintechnikhersteller und Elektronikkonzerne. Die Lage sei "sehr angespannt", sagte der Präsident der europäischen Handelskammer in Peking, Jens Eskelund, dem "Handelsblatt". Erste Unternehmen hätten bereits die Produktion gedrosselt, weitere würden in den nächsten Tagen folgen.
Ein deutscher Rüstungsmanager berichtete der Zeitung, die Versorgung mit Germanium, das für Nachtsichtgeräte gebraucht wird, stocke. China habe die Lieferungen "praktisch eingestellt". Auch Materialien für die Herstellung von Artilleriegranaten und Gefechtsköpfen sind demnach Mangelware, schon seit zwei Jahren schränkt die Volksrepublik den Export von etwa Vorprodukten für die Sprengstoffproduktion ein.
"Kein Unternehmen hat sich ausreichend auf diese Lage vorbereitet und Lager aufgebaut", sagte der Geschäftsführer des Berliner Rohstoffhändlers Noble Elements, Andreas Kroll, der Zeitung. "Es herrscht eindeutig ein Notstand. Der Markt ist trocken, die Preise explodieren."
China nutzt seine Machtposition
China hatte Anfang April im laufenden Handelskonflikt mit den USA Ausfuhrkontrollen auf sieben Seltene Erden und magnetische Materialien erlassen. Die Maßnahme gilt allgemein und betrifft damit auch deutsche Unternehmen. Laut der EU-Handelskammer in Peking sind Hunderte Unternehmen in Europa betroffen. Viele Export-Anträge hätten sich bei den chinesischen Behörden angestaut und würden nicht schnell genug bearbeitet.
Der Engpass werde strategisch genutzt, sagte die China-Repräsentantin des Bundesverbands der Industrie (BDI), Elisa Hörhager, dem "Handelsblatt". Laut mehreren Industrievertretern in Peking strebt die chinesische Regierung demnach an, in den Verhandlungen über die chinesischen Exportkontrollen auch über die europäischen Exportkontrollen zu sprechen. Die Volksrepublik zielt offenbar darauf ab, dass vor allem die Beschränkungen für Maschinen für Hightech-Chips gelockert werden - die modernsten liefert der niederländische Marktführer ASML.
"Die Welt ist bei Seltenen Erden fast vollständig abhängig von China", sagte der Geschäftsführer des hessischen Händlers für Seltene Erden Tradium, Matthias Rüth, im Interview mit ntv.de. "Peking dominiert mindestens 95 Prozent des Marktes und ist deshalb in der allerbesten Position, Amerika und auch den Rest der Welt in die Schranken zu weisen."
BDI-Rohstoffexperte Stefan Steinicke sagte der "Frankfurter Allgemeinen": "Bei E-Motoren, Robotik oder Drohnen ist die Importabhängigkeit nicht nur hoch, sondern systemkritisch." Ein Manager eines Autozulieferers erklärte der Zeitung: "Den Juni halten wir noch durch. Danach wird es eng, und zwar weltweit."
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