Israel greift in der Nacht auf Freitag den Iran an, am Abend folgt der Gegenschlag. Nun fragen sich die Analysten, wie weit wird das noch gehen? Die Reaktion an den globalen Finanzmärkten: Aktien runter, Öl und Gold rauf. Auch die Wall Street folgt den internationalen Börsentrends.

Die kriegerische Eskalation in Nahost hat am Freitag die US-Börsen belastet. Die Stimmung an den Börsen weltweit sei zwar von Sorgen geprägt, aber nicht panisch, fasste Sören Hettler, Leiter Anlagestrategie und Privatkunden der DZ Bank. Beunruhigend sei die Situation im Nahen Osten dennoch, da ein Krieg in Nahost auch für die Weltwirtschaft belastende Folgen hat, wie Chefvolkswirt Ulrich Kater von der Dekabank in Frankfurt sagte. Entsprechend sensibel reagieren nicht nur die Ölpreise, sondern auch die globalen Risikomärkte.

Portfolio-Manager Thomas Altmann von QC Partners sprach von einer "weltweit neuen Unsicherheit - politisch und an den Börsen". Das rufe die typischen Reaktionen hervor: Aktien würden verkauft. Die Flucht in sichere Häfen wie Staatsanleihen und Gold setze ein. Gleichzeitig stiegen zudem die Ölpreise deutlich.

Der Dow-Jones-Index der Standardwerte notierte am Freitag 1,8 Prozent tiefer bei 42.198 Punkten. Der technologielastige Nasdaq gab 1,3 Prozent auf 19.407 Zähler nach und der breiter gefasste S&P 500 büßte 1,1 Prozent auf 5977 Stellen ein. "Ich denke, die Marktteilnehmer verstehen, dass dies eine Fortsetzung des Krieges zwischen Iran und Israel ist", sagte Jed Ellerbroek, Portfoliomanager beim Investitionsverwalter Argent, mit Blick auf die vergleichsweise moderaten Kursverluste. "Ich glaube nicht, dass sie mit einer dramatischen Eskalation von diesem Punkt an rechnen."

Israel hatte in der Nacht auf Freitag den Iran angegriffen. Der Iran startete am Freitagabend Vergeltungsangriffe. "Die große Frage ist natürlich: Wie weit wird das gehen?", sagte Chris Scicluna, Chefanalyst beim Finanzdienstleister Daiwa Capital Markets. "Der Markt hat bisher richtig reagiert: Aktien runter, Öl und Gold rauf." Die Preise für Rohöl der Sorte Brent und US-Leichtöl WTI schossen indes zeitweise um fast 15 Prozent nach oben. Danach pendelten sie sich bei einem Plus von rund sieben und sechs Prozent ein, doch mit 74,64 und 73,41 Dollar je Fass (159 Liter) lagen sie trotzdem auf dem höchsten Niveau seit Monaten.

Angst treibt Ölpreis

Es könnte nun nicht nur der zuletzt stärkere Ölexport des Iran für eine Weile ausfallen, sagte Jochen Stanzl vom CMC Markets. "Man muss auch befürchten, dass andere Ölförderanlagen der Region unter Beschuss geraten, sollte sich aus dem Angriff ein größerer Konflikt entwickeln." Gefährdet sei zudem der Transport von Öl durch die Straße von Hormus, eine der wichtigsten Schifffahrtsrouten für die weltweite Ölversorgung.

Wegen des steigenden Ölpreises gerieten Airline-Aktien unter Druck. Zusätzlich belastet wurden die Fluggesellschaften laut einem Händler durch die Umleitung oder Streichung vieler Flüge über Israel, Iran und Irak. JetBlue, American Airlines, Alaska Air und United Airlines verloren zwischen vier und sechs Prozent.

Gefragt waren hingegen Aktien aus dem Rüstungssektor. Die Anteilsscheine von Unternehmen wie Lockheed Martin, Northrop Grumman und RTX legten um jeweils rund 3,5 Prozent zu. Nach oben ging es auch für Reederei-Titel. Anleger spekulierten darauf, dass Störungen im Schiffsverkehr im Nahen Osten die Frachtraten nach oben treiben könnten. Die Aktien von Navios Maritime Partners, Teekay Tankers und International Seaways rückten um bis zu sechs Prozent vor.

Gold als sicherer Hafen gefragt

Auf der Suche nach möglichst risikoarmen Anlagen griffen die Investoren vor allem bei Gold zu. Der Preis stieg um bis zu 1,8 Prozent auf rund 3446 Dollar je Feinunze und näherte sich damit wieder seiner Ende April erreichten Rekordmarke von 3500,05 Dollar je Feinunze. Sollte es zu Störungen der Ölversorgung kommen - sei es direkt durch Angriffe oder indirekt durch politisch verordnete Maßnahmen - oder sollte sich der Konflikt in der Region ausweiten, könnte der Aufwärtstrend bei Gold anhalten, sagte Carsten Menke von Julius Bär.

Gefragt war zeitweise auch die US-Währung: Der Dollar-Index kletterte um bis zu 0,7 Prozent auf 98,59 Punkte. Danach baute er jedoch seine Gewinne größtenteils wieder ab. Auf Wochensicht blieb der Greenback, der seit Monaten unter der Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump leidet, angeschlagen.

Unter die Räder gerieten auch die Kryptowährungen. Der Bitcoin verlor 0,7 Prozent auf 105.300 Dollar, während Ether und Ripple knapp vier und gut zwei Prozent einbüßten. "Alles, was mit Risiko zu tun hat, wird in solchen Momenten gemieden", erläuterte Timo Emden vom Analysehaus Emden Research.

Auftrieb für Tesla

Unter den Einzelwerten rückten Tesla in den Fokus. Die Aktie des E-Autobauers sprang nach frühen Verlusten zeitweise mit mehr als vier Prozent an die Spitze des Nasdaq 100. Mit plus 1,9 Prozent beendete sie den Handel. Die Anteile der Google-Mutter Alphabet verringerten ihre Verluste auf minus 0,6 Prozent. Uber gaben um 2,0 Prozent nach. Die US-Regierung will den Einsatz selbstfahrender Autos ohne Fahrersteuerung erleichtern, was Tesla und all jene in ihren Ambitionen unterstützen dürfte, die bald Robotaxis auf die US-Straßen bringen wollen.

Das Papier von Adobe war nach Quartalszahlen und Aussagen zur laufenden Geschäftsentwicklung mit minus 5,3 Prozent einer der schwächsten Nasdaq-Werte. Trotz allgemein positiver Analystenkommentare besänftigte der Umsatzausblick die kritischen Investoren des Softwarekonzerns nicht.

Im Dow sackten unterdessen Visa um 5,0 Prozent ab und die Anteile des Kreditkarten-Konkurrenten Mastercard büßten im S&P-100-Index 4,6 Prozent ein. Wie das "Wall Street Journal" berichtete, prüfen einige große Handelskonzerne, darunter Walmart und Amazon, wie sie digitale Währungen mit stabilem Wert - sogenannte Stablecoins - ausgeben oder verwenden könnten, um die traditionellen Gebühren der kartenbasierten Systeme zu umgehen.

Dow-Schlusslicht war der Anteilsschein von Sherwin-Williams mit minus 5,7 Prozent. Die Citigroup senkte ihr Anlageurteil für den Hersteller von Farben, Lacken und Beschichtungen. RH, die zeitweise um rund 25 Prozent hochgeschnellt waren, legten letztlich um 6,9 Prozent zu. Anleger reagierten erleichtert auf den beibehaltenen Ausblick des Luxusmöbel-Unternehmens.

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