Alle wollen Wohnraum schaffen - im Prinzip. Wird es konkret, zeigen die Zuständigen vor Ort oft kein Interesse am Wohnungsneubau. Ministerin Verena Hubertz hat keine Handhabe, die Kommunen dazu zu bringen, den "Bau-Turbo" auch zu nutzen.
Mit dem "Bau-Turbo" hat die Bundesregierung ein wirkungsvolles "Werkzeug" geschaffen, wie Bauministerin Verena Hubertz bei der Vorstellung des heute verabschiedeten Gesetzes sagte. Damit können Kommunen die Planungs- und Genehmigungszeiten für Wohnungsbauprojekte extrem verkürzen. Im besten Fall von mehreren Jahren auf einige Monate. Die Betonung liegt hier allerdings auf "können". Ob die Verantwortlichen in den Rathäusern und Behörden der Kommunen diese Möglichkeit auch nutzen, liegt nicht in Hubertz' Macht.
Die Erfahrung gibt keinen Anlass zu der Hoffnung, dass die Kommunen nun mit den Möglichkeiten des "Bau-Turbos" den dringend benötigten Wohnungsbau in Angriff nehmen werden. Auch dann nicht, wenn neben Planungsbürokratie und Baulandmangel die andere große Hürde für den Neubau - die stark gestiegenen Kosten - beseitigt würde.
Der Bau-Turbo ist ein ideales Instrument für Kommunen, die großen Bedarf an neuen Wohnungen haben, den Neubau im großen Stil vorantreiben wollen, über geeignete Flächen verfügen, dabei bislang aber von gesetzlich vorgeschriebenen, extrem aufwendigen Planungsprozessen daran gehindert wurden. Das Problem: Diese Kommunen sind in Deutschland sehr selten. Der Regelfall, auf den Projektentwickler im Wohnungsbau treffen, ist leider der, dass die Kommunen, die über potenziell geeignetes Bauland verfügen, überhaupt kein Interesse zeigen.
Kommunen legen Bauherren Steine in den Weg
Die meisten Kommunen nutzen nicht einmal ihre bisher vorhandenen Spielräume aus, Neubau zu ermöglichen. Immobilienentwickler und Bauherren berichten immer wieder, wie ihnen Steine in den Weg gelegt werden. Gerade bei dringend benötigten Mehrfamilienhäusern. Das ist oft im Umland der Metropolen mit akutem Wohnungsmangel der Fall. Also dort, wo der Neubau möglich und sinnvoll wäre.
Das politische Ziel, neuen Wohnraum zu schaffen, unterstützen in Deutschland fast alle. Im Prinzip. Konkret aber, in der eigenen Gemeinde, auf der Freifläche in der Nachbarschaft, auf den Feldern am Dorfrand, sind die Anwohner fast immer dagegen: Weil wertvolles Grün verschwinden würde, weil die Infrastruktur im Ort überlastet werden könnte, weil Schulen und Kitas in der Nähe bereits überlastet sind und vieles mehr. Bei den von diesen Anwohnern gewählten Kommunalpolitikern liegt die Entscheidung über das Bauland. Vertreter derselben Parteien, die im Bundestagswahlkampf Wohnungsneubau im großen Stil versprechen, verhindern diesen oft auf kommunaler Ebene.
Dieses Dilemma kann Hubertz nicht auflösen. Um dem Bau-Turbo eine Chance zu geben, wäre eine Föderalismusreform nötig, die die Macht der Kommunen beschneidet. Oder ein so breites, so druckvolles politisches und gesellschaftliches Bündnis für den Wohnungsneubau, dass sich dem selbst in den untersten Parteigremien niemand entziehen kann. Das übersteigt sowohl Hubertz' Kompetenz als Ministerin, als auch ihren persönlichen Einfluss als Parteipolitikerin.
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