Zurzeit häufen sich Berichte zum Stellenabbau in großen Unternehmen. Doch laut einem Report des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) Köln gibt es derzeit keinen auffälligen Anstieg bei Kündigungen durch Arbeitgeber. Denn Stellenabbau bedeutet nicht automatisch Entlassungswelle.

Zwar kündigen einige Firmen etwas mehr Mitarbeiter als früher, die meisten bauen Personal jedoch eher über natürliche Fluktuation ab – also dadurch, dass Angestellte von sich aus gehen und offene Stellen dann nicht nachbesetzt werden. Tatsächlich ist die Zahl der ausgeschriebenen Jobs aktuell so niedrig wie seit dem Jahr 2000 nicht mehr.

Auch eine Auswertung des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP), einer großen jährlichen Befragung, zeigt: Immer weniger Menschen verlieren ihren Job durch eine Kündigung des Arbeitgebers. 2009 waren es noch sechs Prozent, 2022 nur noch knapp drei Prozent. Gleichzeitig kündigen immer mehr Beschäftigte selbst – ihr Anteil stieg von 34 Prozent im Jahr 2009 auf 52 Prozent im Jahr 2022. Kurz gesagt: Heute beenden deutlich mehr Menschen ihr Arbeitsverhältnis freiwillig, als dass sie gekündigt werden.

Diese Angestellten werden besonders häufig gekündigt

Doch wenn es schließlich doch zu einer Kündigung durch den Arbeitgeber kommt – wen trifft sie besonders häufig? Das Verbraucherportal Allright hat für seinen „Kündigungsatlas“ rund 2500 Fälle analysiert, bei denen das Unternehmen Arbeitnehmer in Kündigungsfällen beraten hat.

Auch wenn es sich nur um eine Stichprobe handelt, die nicht repräsentativ für den gesamten deutschen Arbeitsmarkt ist, liefert die Analyse dahin gehend Einsichten, welche Personengruppen häufiger gekündigt werden als andere – und sich deshalb Hilfe suchen.

Der Bericht des Verbraucherportals zeigt, dass vor allem ledige Männer häufig gekündigt werden. Demnach wurden in 61 Prozent der untersuchten Fälle Männer entlassen, nur 39 Prozent waren Frauen. Bezogen auf den Familienstand zeigt sich: 46,7 Prozent der Betroffenen waren ledig, 45,4 Prozent verheiratet und 7,5 Prozent geschieden. 0,4 Prozent der Betroffenen waren verwitwet.

Auch zu den beliebtesten Tagen für eine Kündigung seitens des Arbeitgebers liefert der „Kündigungsatlas“ Auskunft. Demnach erhielten die meisten Arbeitnehmer ihre Kündigung an einem Montag (23,2 Prozent). Der zweitbeliebteste Tag ist der Mittwoch mit 20,6 Prozent. Am Dienstag wurden 19,8 Prozent, am Donnerstag 18,4 Prozent und am Freitag 15,8 Prozent der Kündigungen ausgesprochen. Auch am Wochenende werden Kündigungen ausgesprochen, wenn auch wenig. 1,4 Prozent erhielten ihre Kündigung an einem Samstag und 0,8 Prozent an einem Sonntag.

Interessant ist auch der Zeitpunkt der Kündigung innerhalb des Monats. Hier zeigt sich: Über die Hälfte aller Kündigungen (51,6 Prozent) werden zum Monatsende ausgesprochen. 29,5 Prozent erfolgen in der Monatsmitte und nur 18,9 Prozent der Kündigungen werden in den ersten zehn Tagen eines Monats ausgesprochen.

Dass Kündigungen vor allem zu diesen Zeiten ausgesprochen werden, verwundert die Fachanwältin für Arbeitsrecht sowie geschäftsführende Partnerin bei Merla Ganschow & Partner, Livia Merla, wenig. Sie sagt: „Arbeitgeber nutzen damit den letzten möglichen Zeitpunkt, um die Fristen zu wahren – gerade, wenn die gesetzlichen Kündigungsfristen greifen, also meist vier Wochen zum 15. oder zum Monatsende.“

Den perfekten Zeitpunkt für eine Kündigung gebe es dabei nicht –„sie trifft die Betroffenen eigentlich immer unpassend“, so Merla. Allerdings gebe es Zeitpunkte, die unglücklicher gewählt seien als andere. Die Arbeitsrechtlerin rät etwa davon ab, Kündigungen an einem Freitag auszusprechen. Sie sagt: „Wer dann gekündigt wird, startet mit der Belastung ins Wochenende und hat keine Möglichkeit, zeitnah anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.“ Montage seien vor diesem Hintergrund besser geeignet, da Arbeitnehmer direkt aktiv werden können.

Was aber meint „aktiv werden“? Was sollten Arbeitnehmer zwingend beachten, werden sie gekündigt? Livia Merla gibt drei wichtige Hinweise:

1. Nichts unterschreiben und nicht unter Druck handeln

„Unmittelbar nach Erhalt der Kündigung gilt: Ruhe bewahren und nichts unterschreiben, insbesondere keine Aufhebungs- oder Abwicklungsverträge“, rät Merla. Viele würden sich in einer solchen Situation zu Unterschriften drängen lassen – „mit gravierenden Folgen“. Denn ein einmal unterschriebener Vertrag sei in der Praxis nur in absoluten Ausnahmefällen anfechtbar.

2. Die 3-Wochen-Frist für die Kündigungsschutzklage beachten

Sobald eine schriftliche Kündigung eingereicht wird, tickt die Uhr. Ab da läuft eine nicht verlängerbare Frist von drei Wochen, innerhalb derer eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht eingereicht werden muss. „Wird diese Frist versäumt, ist die Kündigung in der Regel wirksam – unabhängig von ihrer Rechtmäßigkeit.“

Ein Widerspruch gegen die Kündigung hat hingegen keinerlei rechtliche Wirkung. Heißt: Wer Bedenken hat, ob die Kündigung rechtmäßig ist, sollte die Klage rechtzeitig einreichen.

3. Vorsicht vor Krankmeldungen nach der Kündigung

Livia Merla weiß: „Viele Arbeitnehmer lassen sich nach einer Kündigung unmittelbar krankschreiben – oft bis zum Ende der Kündigungsfrist“. Das führe in der Praxis häufig dazu, dass Arbeitgeber die Gehaltszahlung einstellen – und damit vor Gericht häufig Recht bekommen.

„Arbeitsgerichte haben sich dieser Entwicklung angepasst und in mehreren Entscheidungen zugunsten der Arbeitgeber geurteilt, wenn berechtigte Zweifel an der Krankschreibung bestanden“, so die Arbeitsrechtlerin. Sie rät Arbeitnehmern daher, sich davor zu hüten, sich nach einer Kündigung unrechtmäßig krankschreiben zu lassen.

Lisa Dittrich ist Karriere-Redakteurin bei WELT und schreibt über die Themen Karriere, Arbeitsleben und Arbeitsrecht.

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt beim ursprünglichen Autor. Die erneute Veröffentlichung dieses Artikels dient ausschließlich der Informationsverbreitung und stellt keine Anlageberatung dar. Bei Verstößen kontaktieren Sie uns bitte umgehend. Wir werden bei Bedarf Korrekturen oder Löschungen vornehmen. Vielen Dank.