In mehr als einem Dutzend Städten protestieren Taxifahrer mit Autokorsos am 2. Juli gegen die ihrer Ansicht nach unfairen Wettbewerbsbedingungen. Organisiert vom Bundesverband Taxi und Mietwagen e. V., richtet sich der Protest gegen Plattformanbieter wie Uber und Bolt – und gegen die Politik, die aus Sicht des Verbands tatenlos zusieht.

„Im Taxi gibt es behördlich festgesetzte Preise und revisionssichere Aufzeichnungen aller Vorgänge – bei Uber & Co herrschen Wildwest und Willkür. So kann Wettbewerb nicht funktionieren“, kritisiert Michael Oppermann, Geschäftsführer des Verbands. Er macht deutlich: „Wir fordern Waffengleichheit: Mindestpreise für alle, statt nur für uns.“

Der Hintergrund: Während Taxitarife von kommunalen Gremien festgelegt und streng überwacht werden, können Mietwagenfirmen bislang ihre Preise selbst bestimmen. Das ermögliche es Plattformen, mit teils sehr niedrigen Preisen auf den Markt zu drängen – hauptsächlich in Großstädten. Dort gerät das klassische Taxigewerbe zunehmend unter Druck, so die Argumentation des Verbands.

Uber sieht sich nicht als Problem

Der Protesttag ist Ausdruck eines tiefer liegenden Konflikts: klassische Regulierung gegen digitale Plattformökonomie. Für die Taxi-Unternehmen steht viel auf dem Spiel – nicht nur wirtschaftlich, sondern auch strukturell. „Wenn Uber-Dumping noch oben drauf kommt, wird es zum Taxi-Killer“, warnt der Branchenverband.

Der US-Konzern Uber sieht sich hingegen zu Unrecht im Visier. In einer schriftlichen Stellungnahme verweist das Unternehmen auf „strukturelle Probleme“ des Taxigewerbes, die nicht durch Plattformen verursacht würden. „Taxis sind fast überall in einer tiefen Krise – auch in Städten, in denen Uber gar nicht aktiv ist“, heißt es dort.

Der Vorschlag des Taxi-Verbands, für Mietwagenanbieter gesetzlich geregelte Mindestpreise einzuführen, stößt bei Uber auf deutliche Ablehnung. Man zweifelt an der Wirksamkeit: „Mindestpreise würden nicht zu mehr Fahrgästen für das Taxi führen, sondern diese wieder vermehrt in den eigenen Pkw treiben“, argumentiert das Unternehmen – unter Verweis auf eine Studie, die im Auftrag von Uber vom Beratungsunternehmen IW Consult erstellt wurde.

Wettbewerber Bolt lehnt pauschale Mindestfahrpreise ebenfalls ab. „Unsere Analysen zeigen: Ein Preisanstieg von zehn Prozent kann einen Nachfrageeinbruch von bis zu 15 Prozent verursachen – was unmittelbar zu weniger Fahrten und geringerem Einkommen für Fahrer führt“, heißt es auf Anfrage beim Unternehmen.

Dem Vorwurf, das eigene Geschäftsmodell begünstige Sozialdumping oder Schwarzarbeit, entgegnet Bolt: Illegales Handeln entstehe nicht durch Tarifgestaltung, sondern durch das Ausnutzen von Rechtslücken. Mindestpreise träfen deshalb die Falschen. Notwendig seien stattdessen gezielte Maßnahmen – etwa ein bundesweites, digitales Echtzeit-Register für Taxi- und Mietwagenlizenzen.

Tatsächlich nutzen Firmen und Fahrer die Plattformen immer wieder aus. Einer Recherche des RBB zufolge war mindestens jedes fünfte in Berlin buchbare Auto ohne Genehmigung unterwegs. Der Berliner Senat ist seitdem nach eigenen Angaben erfolgreich gegen illegale Fahrzeuge vorgegangen.

Uber geht auf die Taxifahrer zu und positioniert sich öffentlich als Partner der Taxi-Betriebe. Man wolle dem Gewerbe helfen, durch Technologie „neue Zielgruppen anzusprechen und höhere Erlöse zu erzielen“. Das Unternehmen verweist auf die eigene Kooperation mit Taxizentralen – etwa mit der Taxi Auto Zentrale Stuttgart (TAZ).

Diese Argumentation weist der Taxi-Verband zurück. Uber sei „definitiv kein verlässlicher Partner des Taxigewerbes“, heißt es in einer Gegenstellungnahme von Geschäftsführer Oppermann. Dass Uber Taxis in seine App aufnehme, sei vor allem ein Image-Schachzug: „In Deutschland vermittelt Uber nur deshalb unter anderem auch Taxis, weil die Kunden große Vorbehalte gegenüber den Dumping-Fahrdiensten haben.“

Auch das Argument, Mindestpreise würden Fahrgäste vertreiben, hält der Verband für vorgeschoben. „Der kleinste Teil verzichtet für die Fahrt im Uber auf das private Auto. Das Argument ist eine Nebelkerze von Uber, die nicht zündet.“

Doch was würde die Einführung eines Mindestpreises bei Uber und Co. für die Kunden bedeuten? Im Fall München ermittelte Uber, dass die durchschnittliche Fahrt von rund elf Kilometern um etwa zwölf Euro teurer werden würde. Bolt geht auf Anfrage in einer Einschätzung von Preissteigerungen zwischen zehn und 30 Prozent aus. „Die von der Politik geplante künstliche Verteuerung der Preise für Mietwagenfahrten trifft besonders die Konsumenten, die unter den enormen Preissteigerungen der letzten Jahre leiden“, so Uber-Deutschlandchef Christoph Weigler.

Der Taxi-Verband sieht den Gesetzgeber bei der Einführung der Mindestpreise jedoch auf seiner Seite: „Seit rund vier Jahren haben Städte und Gemeinden die Möglichkeit, für einen fairen Wettbewerb bei der Personenbeförderung zu sorgen.“ Der Verband bezieht sich auf Änderungen im Personenbeförderungsgesetz, die seit 2021 gelten. Demnach dürfen Genehmigungsbehörden für den Verkehr mit Mietwagen – zu denen etwa Bolt und Uber gehören – Mindestbeförderungsentgelte festlegen.

Leipzig war eine der ersten Kommunen, die Mindestpreise für Mietwagen einführten. Zwar musste die Stadt ihre entsprechende Vorschrift vorerst zurücknehmen – der darin festgesetzte Preis sei zu hoch gewesen, so das Gericht. Der Taxi-Verband feierte das Urteil des Verwaltungsgerichts trotzdem als Erfolg. Denn das Gericht stellte fest, dass Mindestpreise zum Schutz des Taxigewerbes grundsätzlich erlaubt sind.

Uber sieht in dem Urteil stattdessen einen Beweis für die hohen rechtlichen Hürden bei der Einführung von Mindestpreisen. Zudem verweist man auf eine Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Dieser urteilte, dass die bloße Sicherung der wirtschaftlichen Existenz des Taxigewerbes nicht als hinreichender Grund ausreicht, um die Rechte von Mietwagenunternehmen einzuschränken.

Klar ist: Die Debatte über die Zukunft der Personenbeförderung wird mit dem Protesttag neu entfacht. Städte wie München und Berlin prüfen aktuell, ob Mindestpreise bei den Anbietern eingeführt werden können.

Klemens Handke ist Redakteur im Wirtschaftskompetenzzentrum. Er berichtet über Verkehrspolitik und die Deutsche Bahn.

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