Ein gutes Betriebsklima und eine Duz-Kultur ziehen nicht mehr auf dem Arbeitsmarkt. Vor allem höher qualifizierte Jobsuchende erwarten mehr. Laut einer Studie bieten Unternehmen heute dreimal so viele Zusatzleistungen wie vor fünf Jahren.
Die Jagd nach Beschäftigten wird immer härter - und kreativer. In Zeiten des Fachkräftemangels setzen Arbeitgeber dabei zunehmend auf Zusatzleistungen, um sich im Wettbewerb abzuheben, wie eine aktuelle Analyse der Bertelsmann Stiftung zeigt. Laut einer Auswertung von rund 34 Millionen Online-Stellenanzeigen im Zeitraum von Anfang 2019 bis Ende 2024 bieten Unternehmen mittlerweile 9,6 Benefits pro ausgeschriebener Stelle an, um Bewerber anzulocken – ein deutlicher Anstieg gegenüber den 3,6 Extras vor fünf Jahren.
"Die Zahlen zeigen, wie intensiv der Wettbewerb um Fachkräfte geworden ist", erklärt Roman Wink, Arbeitsmarktexperte der Bertelsmann Stiftung. "Zusatzleistungen sind kein nettes Extra mehr, sondern ein entscheidender Hebel, um Talente zu gewinnen. Wer heute nur mit einem 'guten Betriebsklima' oder 'flachen Hierarchien' wirbt, hat im Rennen um die besten Köpfe kaum noch Chancen."
Nicht alle, die einen neuen Arbeitgeber suchen, profitieren jedoch gleichermaßen. Während hoch qualifizierte Experten mit bis zu elf Extras umworben werden, müssen sich Bewerber um Helferjobs mit durchschnittlich acht Zusatzleistungen begnügen. Die Kluft wächst: 2019 lag der Unterschied noch bei 1,7 Benefits, heute sind es drei.
Harte Fakten statt weicher Worte
Besonders gefragt sind laut Studie "harte" Benefits, die direkt im Geldbeutel oder im Alltag der Beschäftigten spürbar sind. Spitzenreiter sind entgeltähnliche Leistungen wie Sonderzahlungen, betriebliche Altersvorsorge und Mitarbeiterrabatte – sie finden sich in 67 Prozent der Stellenanzeigen. Flexible Arbeitszeitmodelle wie Homeoffice oder Gleitzeit, rücken zwar ebenfalls stärker in den Fokus, stehen allerdings nicht so hoch im Kurs wie "harte" Benefits, wie die Studie zeigt. Mit ihnen wird in lediglich 37 Prozent der Anzeigen geworben.
Fast jede zweite Stellenanzeige lockt außerdem mit Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Das gilt jedoch deutlich häufiger bei Jobangeboten, die sich an Höherqualifizierte richten. Nicht mehr so oft werden Gesundheitsangebote und Familienfreundlichkeit in Aussicht gestellt - und wenn, dann richten sich diese ebenfalls vor allem an Jobsuchende aus der Spitzengruppe.
Paradox: Gerade in körperlich anstrengenden Berufen fehlen oft gesundheitsfördernde Zusatzleistungen wie Vorsorgeuntersuchungen oder Sportangebote. "Das ist nicht nur ein Zeichen ungleicher Wertschätzung, sondern zeigt auch die strukturelle Benachteiligung bestimmter Berufsgruppen", kritisiert Daniel Bensel, Daten-Analyst der Bertelsmann Stiftung.
Fazit der Studie: Mit weichen Faktoren wie einem "Teamspirit" können Unternehmen heute nicht mehr punkten. "Die Zeiten, in denen warme Worte ausgereicht haben, sind vorbei", so Wink. "Heute zählen konkrete Vorteile, die den Arbeitsalltag erleichtern oder das Einkommen steigern."
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