BMW-Chef Oliver Zipse hat sich optimistisch gezeigt, dass die Zollgespräche mit den USA rasch zu einem Ergebnis führen. „Ich bin zuversichtlich, dass es ein Ergebnis gibt, mit dem wir umgehen können“, sagte der Manager am Freitag in München. Dabei sehe er noch immer Chancen für das von der deutschen Auto-Industrie favorisierte Modell, Im- und Exporte aus den USA zu verrechnen.
Die USA und die EU verhandeln derzeit über neue Zollregeln. Die Regierung von Donald Trump setzt Europa dabei unter anderem mit einem Zollaufschlag von 25 Prozent auf Autos unter Druck. Die Verhandlungen sollen nach Willen des Weißen Hauses bis zum Monatsende zu einem Ergebnis führen.
Für BMW würde ein Verrechnungsmodell weitgehende Zollfreiheit bedeuten, da BMW auch aus den USA in alle Welt exportiert. Zudem verwies Zipse darauf, dass das US-Werk der Bayern in Spartanburg, South Carolina, 400.000 Autos im Jahr ausspucke und bereits die Hälfte der in den USA verkauften Fahrzeuge abdecke. Daher sei BMW in jedem Fall weniger betroffen als reine Importeure. Auch Volkswagen und Mercedes favorisieren dieses Modell und werben dafür auch bei der US-Administration. Mercedes hat wohl auch zur Unterstützung dieser Position sogar angekündigt, den GLC künftig ebenfalls in den USA zu produzieren.
„Europa bewegt sich – das ist gut“, sagte Zipse über die Verhandlungen mit den USA. Die Idee, eigene Vergeltungszölle gegen die USA zu verhängen, sei erfreulicherweise auf dem Rückzug. „Das würde nur zu einer Zollspirale führen, die beiden Seiten schadet“, sagte er.
Zugleich griff Zipse die Brüsseler Zollpolitik hart an. „Der höchste Zollsatz in unserer Branche kommt aus Brüssel, nicht aus dem Weißen Haus“, sagte der Münchener und verwies auf die Strafzölle von 31 Prozent gegen Importe aus China. Trump hatte lediglich 27,5 Prozent verhängt.
Diese EU-Zölle träfen auch Autos, die BMW in China fertigt und nach Europa exportiere, sagte Zipse. „Manchmal haben wir den Eindruck, dass die Politiker in Europa vergessen, dass europäische Unternehmen weltweit tätig sind“, sagt der 61-Jährige. Die EU müsse bedenken, dass die Wirtschaft in vielen Bereichen von China abhängig sei.
Erneut sprach sich Zipse deutlich gegen das feste Verbrennerverbot für Neuwagen in Europa aus, das ab 2035 gelten soll. „Das aktuelle System ist ein Desaster“, sagte Zipse zu der Regulierung, die dem Klimaschutz dienen soll. Das Verbrenner-Verbot gefährde die europäische Autoindustrie und werde unverändert dazu führen, dass die europäischen Auto-Hersteller nicht mehr investieren könnten, warnte er.
Er sei zuversichtlich, dass diese Regulierung spätestens in drei Jahren gekippt werde, weil sie schlicht zu teuer sei, sagte Zipse. Statt nur die Emissionen am Auspuff zu berücksichtigen, müsse Brüssel künftig den gesamten Lebenszyklus von Rohstoffen über Produktion bis zu Betrieb und Entsorgung betrachten, forderte der Manager. Solch eine neue Regulierung würde BMW nutzen, da der Konzern in die Nachhaltigkeit investiert und sich gegenüber Konkurrenten im Vorsprung sieht.
Zipse forderte erneut, auch CO₂-arme Diesel-Alternativen etwa mit beigemischten E-Fuels zu berücksichtigen. Das sei auch deshalb sinnvoll, weil gebrauchte Verbrenner-Autos noch lange auf den Straßen sein werden. Zudem verteidigte er, dass BMW auch die Wasserstoff-Technologie fortentwickelt. „Wir sind nicht dumm, sondern denken nach“, sagte er zur Kritik, BMW verbrenne damit Geld.
Zipse argumentierte dabei mit der Geopolitik, die den Einsatz von Wasserstoff mittelfristig unumgänglich mache: Wasserstoff sei die einzige Technologie, die Europa autark nutzen könne. Bei Batterien bleibe der Kontinent jedoch auf asiatische Zulieferer angewiesen. Das erhöhe die weltweiten Abhängigkeiten – zusätzlich zu Abhängigkeiten etwa bei Halbleitern und Rohstoffen.
Europa dürfe sich daher keinesfalls auf Handelskriege einlassen, sondern müsse sich kooperativ zeigen – nicht nur Richtung USA, sondern auch in Richtung China. „Wasserstoff aus dem Spiel zu nehmen, wäre ein Fehler“, warnte Zipse. Technologieneutralität bedeute Resilienz. Europa dürfe sich von keiner Technologie zu 100 Prozent abhängig machen, sagte er mit Blick auf die bislang von der Politik und weiten Teilen der Branche favorisierten Batterie-Technologie. Auch das spreche für „Technologie-Neutralität“ bei der Regulierung.
Es sei zudem unrealistisch, zu erwarten, die Verbraucher würden der aktuellen Regulierung folgen. „Man kann kein regulatorisches Ziel setzen und glauben, dann passiert es“, sagte Zipse. Die Verbraucher achteten stark auf Preise – auch im Unterhalt. Das verzögere den Umstieg auf E-Autos. Derzeit schwächelt der Absatz von E-Autos weltweit. In Deutschland stellen vor allem Unternehmen bei Dienstwagen um. Im Privatmarkt tun sich die Fahrzeuge schwer – auch weil erst wenige Mittelklasse-Modelle und Kleinwagen zu günstigen Preisen verfügbar sind.
Zudem warnte Zipse, es sei im derzeitigen deutschen Energienetz auf absehbare Zeit allenfalls möglich, die Hälfte der Autos elektrisch zu betreiben. Der Ausbau werde drei bis vier Jahrzehnte dauern.
BMW rüstet derzeit die Fabrik in München als reine E-Auto-Fabrik um. Zudem startet ein neues Werk ebenfalls nur für E-Autos. Die restlichen rund 30 Werke des Konzerns weltweit stellen weiter auch Verbrenner her – auch in den USA. Zur IAA will BMW einen neuen Mittelklasse-SUV iX3 vorstellen, der die elektrische Zukunft des Konzerns zeigen soll.
Christoph Kapalschinski ist Wirtschaftsredakteur. Er berichtet über die Auto-Branche.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt beim ursprünglichen Autor. Die erneute Veröffentlichung dieses Artikels dient ausschließlich der Informationsverbreitung und stellt keine Anlageberatung dar. Bei Verstößen kontaktieren Sie uns bitte umgehend. Wir werden bei Bedarf Korrekturen oder Löschungen vornehmen. Vielen Dank.