Mit einer hybriden Strategie aus Hightech und persönlichem Kontakt setzt die DEVK auch weiterhin auf die Karte Vertrauen im Rahmen der Schadenregulierung.

Nach einem eher unterdurchschnittlichen Elementarschadenjahr steht die Versicherungswirtschaft noch immer vor einer ganzen Reihe von Herausforderungen – vom Fachkräftemangel über die Ersatzteilpreise und Stundenverrechnungssätze bis hin zum Umgang mit der Gebrauchtteilreparatur. Im Rahmen unserer Wintergespräche fragten wir Marco Becker, Leiter HA Sach/HUK-Schaden DEVK, nach seinem Fazit zum abgelaufenen Geschäftsjahr.

AH: Herr Becker, Sie sind seit zwei Jahren bei der DEVK „Herr aller Schäden“. Was kam 2025 bei der Kraftfahrt und den anderen Sparten in Summe zusammen?

M. Becker: In diesem Jahr haben wir eine insgesamt stabile Schadenentwick­lung erlebt. Die Gesamtzahl der gemeldeten Schäden wird auf Vorjahresniveau liegen – bei etwa 700.000. Im Bereich Kraftfahrt sehen wir deutlich mehr Schäden, was unter anderem auf die gestiegene Mobilität und unsere Bestandsentwicklung zurückzuführen ist. In den Sachsparten hingegen war die Schadenentwicklung erfreulicherweise günstiger, da wir besonders von großflächigen Elementarschäden verschont geblieben sind.

Schadenprognose schwierig

Entsprechend laut sind aktuell die Klagen der Assekuranz-Dienstleister über die ausbleibenden Hagelreparaturen. Nach der Ahrtal-Flut dürften Sie doch eher froh sein über ein Jahr ohne hohe Kosten?

M. Becker: Natürlich ist es aus betriebswirtschaftlicher Sicht positiv, wenn ein Jahr ohne große Naturkatastrophen verläuft. Die Ahrtal-Flut hat uns allen vor Augen geführt, wie massiv solche Ereignisse unsere Branche fordern können – sowohl finanziell als auch organisatorisch. Ganz zu schweigen von den vielen schrecklichen persönlichen Schicksalen, die mit Unwettern einhergehen. Wir sehen unsere Aufgabe nicht nur in der Risikobewertung, sondern auch in der aktiven Unterstützung unserer Kundinnen und Kunden in Krisenzeiten. Ein ruhigeres Jahr nutzen wir, um unseren Service weiterzuentwickeln und uns auf zukünftige Herausforderungen vorzubereiten.

Was erwarten Sie vom kommenden Jahr in puncto Schadenintensität?

M. Becker: Die Prognose bleibt schwierig. Wir beobachten eine zunehmende Volatilität bei Wetterereignissen, was eine verlässliche Planung erschwert. Gleichzeitig nehmen die Reparaturkosten kontinuierlich zu – wir rechnen daher mit einer tendenziell steigenden Schadenintensität, auch wenn das absolute Schadenvolumen stark von externen Faktoren abhängt. Die Wirkung der Fahrerassistenzsysteme tritt zögerlich ein und wird im Schadenfall von höheren Reparaturkosten kompensiert.

SV-Organisation bleibt zentral

Während andere namhafte Gesellschaften ihre SV-Abteilungen reduzieren oder fast gänzlich auflösen, halten Sie an den DEVK-eigenen Sachverständigen fest und haben mit Nino Bey seit 2024 auch einen neuen Chef-SV für die "Truppe". Warum gehen Sie weiterhin ihren ganz eigenen Weg bei der Schadenbegutachtung?

M. Becker: Unsere eigene Sachverständigenorganisation ist zentraler Bestandteil unserer Kundenorientierung. Sie ermöglicht uns eine unabhängige, schnelle und kundenorientierte Schadenbewertung. Mit Nino Bey haben wir seit 2024 einen erfahrenen Leiter, der die Organisation modernisiert und zukunftsfähig aufstellt. Dieses Jahr haben wir 11 neue Sachverständige eingestellt – denn viele unserer Kollegen gehen in den nächsten Jahren in Ruhestand. Gerade in Zeiten zunehmender Digitalisierung ist es uns wichtig, die persönliche Kompetenz und das Vertrauen in unsere Schadenregulierung zu bewahren.

Nun gehen viele Ihrer Marktbegleiter dazu über, Scanner einzusetzen oder Tele-Gutachten von Unfallschäden zu nutzen. Wie steht die DEVK zu diesem Trend?

M. Becker: Wir sind bei einem Dienstleister in der Entwicklung der Hagelscanner Partner der ersten Stunde und unterstützen dies seit mehr als einem Jahrzehnt. Auch die Schadenbewertung aus der Ferne – per Foto oder Videotelefonie – ist ein klasse Service und erhöht die Effizienz. Wir setzen weiterhin auf eine differenzierte Betrachtung: Nicht jeder Schaden lässt sich digital erfassen. Unsere Strategie ist daher hybrid: mit dem Ziel, Effizienz und Qualität in Einklang zu bringen.

Gebrauchtteile mit Potenzial

Lange Zeit Thema waren SVS bei Reparaturen an E-Fahrzeugen in einer Größenordnung von 400 bis 500 Euro und manchmal sogar noch darüber. Hat sich das Thema inzwischen beruhigt – sprich: Sind die Kosten heute "im Rahmen"?

M. Becker: Die Kosten sind nach wie vor hoch, und sie werden auf dem erreichten Niveau bleiben. Damit sind die Kosten also nicht mehr "im Rahmen". Wir alle haben die Entwicklung in der Kfz-Versicherung zu spüren bekommen. Mobilität muss bezahlbar bleiben!

Kommen wir Ihrer Ansicht nach heute schneller zu einem wirtschaftlichen Totalschaden als früher?

M. Becker: Ja, das ist tatsächlich der Fall. Die Kombination aus hohen Ersatzteilpreisen, komplexer Fahrzeugtechnik und gestiegenen Reparaturkosten führt dazu, dass die Schwelle zum wirtschaftlichen Totalschaden schneller erreicht wird.

In unserem Gespräch vor einem Jahr standen Sie, Frau Koop und Herr Bey der Gebrauchtteil-Reparatur noch zurückhaltend gegenüber. Hat sich daran inzwischen etwas geändert? Was müsste bei dem Thema noch passieren?

M. Becker: Wir beobachten das Thema weiterhin mit großem Interesse. In ­bestimmten Fällen – etwa bei älteren Fahrzeugen oder bei nicht sicherheitsrelevanten Bauteilen – kann der Einsatz von geprüften Gebrauchtteilen sinnvoll sein. Voraussetzung ist jedoch eine hohe Qualitätssicherung und Transparenz gegenüber der Kundschaft. Hier sehen wir noch Entwicklungspotenzial, ebenso bei der Logistik und der ­Verfügbarkeit geprüfter Teile. Die ­Reparatur muss ökologisch und ­ökonomisch für alle Beteiligten sinnvoll sein.

Automatisierung nimmt zu

Wo sehen Sie die großen Herausforderungen auch für Versicherungen in den kommenden Jahren, gerade mit Blick auf den Fachkräftemangel?

M. Becker: Die größten Herausforderungen liegen in der Digitalisierung und Automatisierung, der Fachkräftesicherung und der Anpassung an den Klimawandel. Aber auch die Auswirkungen geopolitischer Konflikte werden uns beschäftigen. Die zunehmende Komplexität von Fahrzeugen, neue Mobilitätskonzepte und regulatorische Anforderungen erfordern flexible und innovative Lösungen. Gleichzeitig müssen wir als Branche Wege finden, um junge Talente zu gewinnen und das Wissen der "Boomer"-Generation zu sichern.

Auch bei der DEVK spüren wir die demografischen Veränderungen – im Schaden-Innendienst ebenso wie in der Sachverständigenorganisation. Hier setzen wir auf gezielte Nachwuchsförderung, persönliche Einarbeitung, aber auch auf neue Einarbeitungsangebote – in unserem Campus oder virtuell.

Mit KI und KI-Agenten lassen sich viele wiederkehrende Tätigkeiten automatisieren. Voice-Bots sind inzwischen eine sehr gute Unterstützung in der Telefonie. Hier werden wir in den nächsten Monaten viele neue Dinge auf den Weg bringen. KI übernimmt zunehmend Arbeiten, doch unsere Kolleginnen und Kollegen machen den Unterschied in Richtung unserer Kundschaft.

Gemeinsam mit Chef-SV Nino Bey (links) und K-Schadenleiterin Daniela Koop kümmert sich Marco Becker um die Schadensteuerung im Kfz-Bereich. © Foto: Walter K.Pfauntsch
Eigene Sachverständige sind ein zentraler Faktor bei der Kundenorientierung. Sie bewahren persönliche Kompetenz und Vertrauen. © Foto: DEVK/Robertino Nicolic
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