Mit dem Explorer-Modellwechsel hat Ford die traditionelle Baureihe auf links gedreht. Denn mit der Explorer-Neuerscheinung sind etliche Veränderungen verbunden. ntv.de hat das nun kompakte SUV ausgiebig getestet.
Langsam beginnt man den neuen Ford Explorer im Straßenbild zu entdecken. Und zwar nicht bloß solche Exemplare mit Kölner Kennzeichen - das sind nämlich zumeist Dienst- oder Werkswagen des Herstellers. Das heißt: Er wird tatsächlich verkauft. So sollte es bei einem Autokonzern auch sein, darüber sollte man keine Worte verlieren müssen. Doch Ford in Deutschland kämpft mit diversen Problemen, die in Kaufzurückhaltung münden. Die Umstellung auf die Elektromobilität macht etwas mit dem Unternehmen. Und zwar nicht deshalb, weil die Produkte schlecht wären, sondern eher, weil der Kunde hierzulande Elektromobilität nur schleppend annimmt.
Und mit dem Explorer hat sich Ford vorgenommen, eine kritische Menge an Kunden zu beliefern. Das Kompaktsegment sollte dafür ja ganz gut geeignet sein - eigentlich. Doch elektrischen Antrieben trauen potenzielle Neuwagenkäufer noch nicht so recht. Wie weit kommt man? Kann man unterwegs problemlos laden? Und wie lange dauert das überhaupt? Wie lange hält eine Batterie? Sind Elektroautos nicht viel zu teuer? Das sind Fragen, mit denen sich häufig beschäftigt wird.
Diese Fragen werden sich im Laufe dieses Praxistests freilich auch klären. Aber zunächst sei ein Blick auf den Explorer geworfen. Und der ist ja ganz streng genommen kein reines Ford-Produkt. Denn er basiert auf dem modularen Elektrobaukasten des Volkswagen-Konzerns. Hier hat Ford wohl den vermutlich wirtschaftlicheren Weg gewählt (Plattformen zu entwickeln kostet viel Geld). Nur der geübte Blick erkennt jedoch die Gene aus Wolfsburg, beispielsweise an der Schaltergruppe für die elektrischen Fensterheber.
Doch Ford hat schon viel gemacht für die Eigenständigkeit. Quasi die gesamte Konsole sowie die Sitze sind spezifisch. Erstere hält witzige Gimmicks bereit, zu denen ein "geheimes" Ablagefach gehört, das sich hinter dem großen Touchscreen verbirgt. Außerdem haben die Techniker eine obendrein noch fesch aussehende Soundbar hoch oben auf der Armaturentafel installiert. Sie soll für lupenreinen Musikgenuss bürgen.
Ford Explorer mit eigenständigem Design
Von außen ist das kompakte SUV vollends Ford. Das markenspezifische Design beginnt mit den markanten Tagfahrleuchten, reicht über die Seitenansicht mit der eigenständig gezeichneten, originellen C-Säule und endet mit dem Heck sowie seinen LED-Rückleuchten mit einem Hauch von Original-Explorer-Design. Gemeint ist das allerdings in einer völlig anderen Liga spielende Vorgängermodell. Reichlich Auswahl an Batterien und Leistungsstufen von 170 bis 340 PS bereitet dem Interessenten ein bisschen die Qual bei der Wahl.
Und auch wenn Ford es beim Explorer-Testwagen (Topmodell mit Allrad und 340 PS) gerade nicht kleiner hatte, dürfte sich die Frage klären lassen, wie viel Leistung man wirklich braucht. Jedenfalls nicht über 300 PS, zumal sich bei der Kompaktklasse ja auch die Preisfrage stellt. Und die Diskrepanz zwischen der 39.900 Euro teuren Basis und dem mindestens 52.900 Euro kostenden Spitzenmodell ist in der Tat beträchtlich. Für den gleichen Einstiegspreis gibt es übrigens auch einen Kuga mit Verbrenner, um diesen Vergleich einmal vor Augen zu führen.
Doch ganz so einfach ist es nicht - beim Kuga handelt es sich schließlich um einen deutlich längeren Mittelklässler, allerdings mit kürzerem Radstand. Andererseits sollte man sich genau überlegen, ob man zum Basis-Explorer greift. Denn mit bloß 52 kWh nutzbarer Batteriekapazität ist der Aktionsradius doch eingeschränkt. Und Ladeperformer sind die Vertreter dieser Plattform nicht gerade, doch dazu später mehr.
Jetzt wird erst einmal gefahren und der Innenraum auf sein Raumangebot abgeklopft. Dass es im Explorer luftig zugeht, wäre schnell ausgemacht. Vor allem in der zweiten Reihe erweist sich das Maß an Beinfreiheit als reisetauglich; zwei USB-Anschlüsse hinten tun ihren Dienst, damit Digital Natives auf längeren Fahrten nicht nervös werden.
An die Sitze muss man sich allerdings gewöhnen. Zwar ist über vielfältige Verstellmöglichkeiten kaum zu meckern (es gibt sogar eine herausziehbare Schenkelauflage vorn), allerdings fallen die Polster einen Hauch zu straff aus. Doch hier sollte sich der Interessent selbst ein Bild machen, denn ob man einen Sitz als komfortabel empfindet oder nicht, ist auch ein wenig subjektiv.
Nicht subjektiv ist hingegen, dass rund 500 Liter Kofferraumvolumen für reichlich Gepäck langen, während der Maximalwert von 1460 Litern bei umgeklappten wiederum okay, aber nicht herausragend ist.
Topmodell mit bärigem Antrieb
Und ebenfalls nicht subjektiv ist, dass 340 PS jede Menge Holz sind. Kein Wunder, dass der 2,2 Tonnen schwere Stromer in sportwagenmäßigen 5,3 Sekunden auf 100 km/h wuchtet. Und auch im Alltag macht der doppelmotorige Explorer einen sehr souveränen Eindruck. Der geizt denn auch nicht mit Drehmoment - 134 Newtonmeter an der Vorder- und deren 545 an der Hinterachse sorgen für nachdrücklichen Vortrieb. Allerdings ist bei 180 km/h Schluss. Energie aus dem Akku ziehen lässt sich also problemlos und durchaus freudvoll - aber wie kommt sie wieder in den Akku? Erfreulich ist schon mal, dass man den 79 kWh großen Stromspeicher auf Knopfdruck konditionieren kann.
Bei milder Außentemperatur gelingt es, ihn binnen 25 Minuten von 10 auf 70 Prozent zu laden - das ist nicht ganz die Werksangabe (26 Minuten von 10 auf 80 Prozent bei 185 kW Peakladeleistung), allerdings ist das Ladegeschehen kaum reproduzierbar, da auch eine Ladesäule nicht immer ihre versprochene Leistung bringt. Mit etwas über 400 Kilometern Realreichweite kann man zwar leben, allerdings bleibt der Wert hinter der Werksangabe (bis zu 566 Kilometer) zurück.
Das Dilemma der Elektromobilität sind nach wie vor fehlende verlässliche Angaben zu Ladegeschwindigkeit und Reichweite. Zu viele Parameter wie Außentemperatur, Fahrweise und lokales Stromnetz beeinflussen hier. Dennoch ist der überdies komfortabel abgestimmte Explorer ein guter Allrounder, mit dem lange Strecken machbar sind - allerdings nicht ganz ohne Einschränkungen angesichts der Ladeaktivität. Die reichweitenverlängernde Wärmepumpe kostet übrigens für sämtliche Ausstattungs- und Motorenvarianten 1050 Euro Aufpreis.
Datenblatt Ford Explorer Extended Range AWD
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe) |
4,47 / 2,06 (ohne Außenspiegel 1,87) / 1,64 m |
Radstand |
3,24 m |
Leergewicht (DIN) |
2167 kg |
Sitzplätze |
5 |
Ladevolumen |
470 bis 1460 l |
Motorart |
Zwei Elektromaschinen |
Getriebe |
Eine Übersetzung, fest |
Systemleistung |
340 PS (250 kW) |
Antrieb |
Allradantrieb |
max. Drehmoment |
134 Nm (vorn) plus 460 Nm (hinten) |
Beschleunigung 0-100 km/h |
5,3 s |
Höchstgeschwindigkeit |
180 km/h |
Akkukapazität |
79 kWh (netto) |
Maximale Ladeleistung (Gleichstrom) |
185 kW |
Ladeleistung (Wechselstrom) |
11 kW |
Verbrauch (kombiniert) |
16,1 bis 17,4 kWh |
kombinierte WLTP-Reichweite |
523 bis 566 km |
CO₂-Emission kombiniert |
0 g/km |
Grundpreis |
Ab 52.900 Euro |
Fazit: Ford hat mit der Verwendung des modularen Querbaukastens aus Wolfsburg einen klugen Weg gewählt, die Elektromobilität auf wirtschaftliche Weise in die Breite zu bringen. Im Kölner Entwicklungscenter verpassen die Ingenieure dem Explorer markenspezifische Tugenden. Darunter fällt nämlich nicht nur das Design, sondern auch die Abstimmung des Fahrwerks, das unter Ford einen dynamisch-komfortablen Touch erhält. Es gibt allerdings auch Kritik an der Elektroautostrategie von Ford, denn es fehlen praxistaugliche Modelle zu günstigen Kursen. Denn sobald der Explorer einen großen Akku mit alltagstauglicher Reichweite bekommt, schnellt sein Preis hoch in Richtung 50.000-Euro-Schallmauer. Damit bleibt der Explorer so manchem Interessenten verwehrt.
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