Hobbyracer und alle, die es werden möchten, haben durchaus Alternativen zu Porsche und Co, um sich auf dem Track austoben zu können. ntv.de hat die Corvette Z06 ausprobiert. Diese ist vielversprechend, aber kein Schnäppchen. Let's go.

Ausgerechnet am Kar(Car-)freitag endet die Testfahrt mit der Corvette Z06 in der Polizeikontrolle. Was war geschehen? Nichts, aber für die Beamten ist der in hellblauer Unilackierung daherkommende US-Supersportler ein mysteriöses Objekt. Dicker Spoiler auf dem Heckdeckel, markante Front-Aero sowie mächtiger Schweller plus viele auffällige Lufteinlässe lassen den breiten Top-Performer verdächtig nach Tuning aussehen. Ist aber freilich ein originales Werksfahrzeug.

Allerdings hat das Chevrolet-Team die Corvette mit Michelin Semi-Slicks auf die Straße gelassen - verboten ist das nicht, aber man muss sich schon auskennen, um das glattflächige Profil nicht als abgefahren abzustempeln. Die Polizei bleibt skeptisch, lässt die Corvette aber vom Haken.

Damit stellt sich gleich die Frage, ob die mit dem starken Saug-V8 ausgerüstete Corvette Cruiser oder Racer ist. Die Antwort darauf gibt es gleich nach ein paar Metern Fahrt mit dem rau anmutenden Achtzylinder-Biest. Und wer sich über das fehlende Achtzylinder-Bollern beschwert, dem sei ein kleiner Technik-Exkurs gegönnt. Chevrolet spendiert der C8 Z06 eine Flatplane-Kurbelwelle. Nichts für Drehzahlmuffel, der hochdrehende Fünfeinhalbliter mit der Bezeichnung "LT6" fühlt sich erst jenseits der 5000-Touren-Marke in seinem Element und kreischt sich hoch bis an 9000 Rotationen. Aber auf der Straße ohne Allrad? Kann das funktionieren?

Die Z06 ist für den Rennkurs gemacht

Ich taste mich heran, versuche die Semis so gut wie möglich warm zu bekommen. Volllast aus dem Stand? Traue ich mich nicht, sollte man auch nicht tun. Auch wenn der Track ihr natürliches Habitat ist, muss die Z06 aber auch auf Autobahn und Landstraße funktionieren. Das klappt zwar, aber bitte mit Vorsicht. Doch nur keine Furcht vor den Geräuschen. Und damit meine ich nicht nur den sägenden Achtender, auch das ungefiltert klackende Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe ist nicht zimperlich und hämmert die Übersetzungen mit Schmackes rein. Hier darf es leben und rucken.

Nachdem Richtgeschwindigkeit erreicht wäre, sollte genügend Traktion vorhanden sein, um den Athleten ohne Schlupf in höhere Temposphären zu katapultieren. So ganz schnell wird er aber selbst mit viel Anlauf nicht. Falls sich feine Beobachter fragen, warum ein 646-PS-Auto "nur" 296 Sachen schafft statt erwartete 335 oder so, sollte genau auf die Optik achten. Der zerklüftete Ami ist brutal auf Abtrieb getrimmt. Das heißt, Luft wird so geleitet, dass sie das Auto auf die Straße drückt, um maximale Stabilität zu erreichen.

Und stabil ist die Z06 in jeder Lebenslage. Dass man mit ihr ziemlich hohe Kurvenspeed erreicht, steht außer Frage. Grenzbereich? Kann ich auf der Straße nicht ausloten. Kann ich generell nicht ausloten, ohne Instruktor sowieso nicht. Die Website wirbt mit 1,22 g Beschleunigung. Das hilft wohl auch nicht weiter - aber mit vollem Magen sollte man sich mit dem Amerikaner nicht austoben, nicht einmal auf der Landstraße und schon gar nicht auf der Rennstrecke. Das optisch schon im Stand schnell wirkende Performance-Gerät ist so wild und roh, dass es lieber mit Vorsicht genossen wird trotz elektronischer Stabilitätsanker.

Schon die 3,1 Sekunden Standardsprint (bis 100 km/h) zu erreichen, wird zur anspruchsvollen Fahraufgabe, weil man sich Traktion hier erst erarbeiten muss. Sei es, weil die Reifen noch nicht die richtige Temperatur haben oder der Asphalt ungeeignet ist. Und zwei angetriebene Achsen sind etwas für Feiglinge, würden das Gewicht bloß nach oben treiben. So stehen 1,8 Tonnen auf der Waage.

Dass die Z06 auf maximale Querperformance aus ist, zeigt auch der Einsatz einer Trockensumpfschmierung. Hier kann der Schmierfilm niemals abreißen in schnell gefahrenen Kurven, weil das Öl mittels Pumpe permanent an die richtige Stelle befördert wird.

Zum Ausklang noch eine kleine unaufgeregte Runde? Dann stellst du plötzlich fest, als Fahrer eingemuckelt in einer kleinen Kanzel zu sitzen, durchaus nobel eingerichtet mit einer Mischung aus Leder und Mikrofaser. Doppelte Ziernähte sollen die Sinne ansprechen, von wegen billiger Plastik-Ami. Diese Zeiten sind vorbei. Du bist außerdem umzingelt von unzähligen Knöpfchen, die du eigentlich gar nicht drücken möchtest. Klima, Sitzheizung oder Sitzlüftung - braucht man eben auch manchmal. Und derlei Funktionen werden über klassische Drucktasten bedient, das hilft bei der intuitiven Handhabe. Was aber nicht heißt, dass das Menü auf dem Touchscreen nicht auch noch genug Spielwiese übrig lassen würde zur Steuerung etlicher Features.

Die Corvette C8 Z06 ist quasi eine einzige Automobil gewordene Spielwiese, wenn man so will. Vor allem für Racer, die sich auf dem Track austoben möchten. Und die ein volles Bankkonto haben, denn als günstige Alternative zum Porsche 911 GT3 RS entpuppt sich die stärkste Corvette keineswegs: Mit ein bisschen Zusatzausstattung überschreitet der Preis die 200.000-Euro-Schwelle.

Und was sie auf keinen Fall verkörpert, ist Kompromissbereitschaft. Auch wenn das Fahrwerk verstellbar ist - es geht bloß straff oder superstraff. Wer ein Tool zum entspannten Dahingleiten mit klassischem V8-Sound sucht, sollte lieber zur Basis greifen. Oder zur elektrifizierten E-Ray V8? Das wird ntv.de zu einem späteren Zeitpunkt herausarbeiten.

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