Die Bilder sorgten für Aufsehen: Ein Microlino hat beim Bremsentest der "Auto Zeitung" versagt. Das elektrische Leichtfahrzeug der Kategorie L7e kam gefährlich ins Schleudern, als es aus 90 km/h abgebremst wurde. Beinahe wäre der Kleinstwagen, der an einen BMW Isetta aus den 50er Jahren erinnert, umgekippt. Der Hersteller des Autos ist alarmiert und untersucht den Testwagen. Erste Ergebnisse liegen vor. Die Versicherungswirtschaft warnt zugleich vor Sicherheitsmängeln von Leichtfahrzeugen.

"Wir haben das Fahrzeug erst vor Kurzem erhalten", sagt Oliver Ouboter, Mitgründer des Herstellers Microlino. "Was sich sicherlich schon jetzt sagen lässt, ist, dass das Fahrzeug eine deutlich verstellte Spur hatte." Der Dienstleister, der das Auto als Pressetestwagen der "Auto Zeitung" überlassen hat, habe offenbar Modifikationen durchgeführt. Genaue Untersuchungen laufen noch.

32.000 Fahrzeuge der Klasse L6e unterwegs

Der Vorfall hat eine erneute Diskussion über die Sicherheit solcher Leichtkraftfahrzeuge ausgelöst – denn die werden im Straßenverkehr immer häufiger. Wurden Kleinstwagen früher nur von Nischenanbietern wie Aixam oder Ligier hergestellt, gibt es sie nun auch von etablierten Automarken wie Opel, Fiat, Citroën, Nissan und bald auch Toyota.

Allein 32.000 Fahrzeuge der Klasse L6e sind auf deutschen Straßen unterwegs, sagt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Solche vierrädrigen Kraftfahrzeuge dürfen nur bis zu 45 km/h schnell sein. Bei elektrisch angetriebenen L6e-Fahrzeugen darf der Motor nur 6 kW / 8 PS Dauerleistung haben, bei Verbrennunsgmotoren darf die Spitzenleistung nicht höher sein.


Microlino 2.0 Vorstellung


Das zulässige Gewicht ist in beiden Fällen auf 425 Kilogramm begrenzt. Elektrofahrzeuge werden ohne Batterie gewogen. Mehr als zwei Sitzplätze sind nicht erlaubt. Als Führerschein reicht die Klasse AM. In Deutschland können Jugendliche bereits ab 15 Jahren die Fahrprüfung für die so genannten Mopedautos mit L6e-Zulassung ablegen. Der Microlino war jedoch nach der Klasse L7e zugelassen. Solche Leichtfahrzeuge dürfen mit 15 kW / 20 PS stärker motorisiert sein und fahren bis zu 90 km/h schnell.

Kein "Sicherheitsstandard wie richtige Kleinwagen"

Solche Micro-Autos werden in manchen Bundesländern und Städten mit Kaufprämien gefördert und kosten teils unter 10.000 Euro – eine Preisregion, in der es mittlerweile keine richtigen Kleinwagen mehr gibt. Doch der GDV warnt: "Wir haben vor Jahren ein Leicht-Kfz einem Crashtest unterzogen. Neue Tests bestätigen unser Ergebnis von damals: Diese Fahrzeuge haben nicht den gleichen Sicherheitsstandard wie richtige Kleinwagen", sagt Kirstin Zeidler, Leiterin Unfallforschung der Versicherer im GDV.


Opel Rocks (2025)


"Schon bei innerstädtischem Tempo kann es zu schweren Unfällen kommen. Es gibt ein Sicherheitsdefizit auch bei niedrigen Geschwindigkeiten", so Zeidler. Das Problem sei das gesetzlich vorgeschriebene, geringe Gewicht: "Damit sind Sicherheitskomponenten wie Airbags, ABS und ESP oder eine steifere Fahrgastzelle nicht möglich, weil das Fahrzeug damit zu schwer würde." ABS und ESP verhindern das Blockieren der Reifen beim Bremsen oder ein Ausbrechen in Kurven. Nur einer der Hersteller von L6e-Fahrzeugen bietet ABS an.

Unfall: "Insassen haben das Nachsehen"

Die Gewichtsgrenze verhindert vor allem einen angemessenem Aufprallschutz. Das kann fatale Folgen haben: "Bei einem Zusammenprall mit einem Kleinwagen haben die Insassen eines Leichtfahrzeugs das Nachsehen", sagt die Leiterin der Unfallforschung der Versicherer (UDV).

Tatsächlich hat es im vergangenen Jahr mehrere tödliche Unfälle mit Leichtfahrzeugen gegeben. Ob diese Kleinstwagen häufiger in schwere Unfälle verwickelt sind als normale Pkw kann der GDV nicht sagen. Denn die L6e gehen gemeinsam mit Kleinkrafträdern wie Mopeds und Roller in die Unfallstatistik ein, weil sie wie diese ein kleines Nummernschild (Versicherungskennzeichen) haben.


Toyota FT-Me


Leichtfahrzeuge: Probleme mit Führerschein

Die Hersteller wissen zwar, dass ihre Leichtfahrzeuge weniger sicher sind als herkömmliche Kfz, verweisen aber auf eine erhöhte Sicherheit gegenüber Krafträdern wie Motorrollern. Ein Argument, das auch der GDV gelten lässt: "Ersetzt solch ein Leichtfahrzeug einen herkömmlichen Kleinwagen, geht Sicherheit verloren. Wird ein Moped oder Motorroller ersetzt, sind zwar vier Räder besser als zwei, aber beim Anprall auf einen Baum oder einen Unfallgegner fehlt nötige Sicherheit."

Der ADAC sieht noch ein weiteres Problem: "Der erforderliche Führerschein für ein Leichtkraftfahrzeug wird auf einem Zweirad absolviert, doch der Führerscheinneuling ist dann mit einem Pkw-ähnlichen Fahrzeug auf vier Rädern mit grundsätzlich anderem Fahrverhalten unterwegs." Deshalb sollten Fahranfänger unbedingt ein Fahrtraining mit ihrem Mopedauto machen. Übung macht auch hier den Meister.


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