Ob nach Unglücken, einer Flut oder in Krisenregionen fern der Heimat - seit 75 Jahren packen die Ehrenamtlichen des Technischen Hilfswerks an. Und die "blaue Familie" wächst, auch wenn Einsätze Spuren hinterlassen können.
Ein Zug ist entgleist und eine Person wird vermisst - Helferin Stephanie Jansen vom Technischen Hilfswerk schickt ihre Hündin Hope los. Die macht sich sofort auf die Suche und wird fündig. Zum Glück ist es in diesem Fall nur eine Übung - eine, die Hope mit Bravour meistert. Jansen und Hope verstehen sich beinahe blind. "Bei uns läuft viel über Mimik", erzählt die THW-Helferin. "Ich kann sie lenken, indem ich nur nach rechts oder links schaue. Oder ich gebe Handzeichen, wenn sie weiterlaufen soll. Wir sind eben ein eingespieltes Team."
Seit 75 Jahren engagiert sich das THW für den Bevölkerungsschutz - nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Die Helferinnen und Helfer sind überall dort zur Stelle, wo Menschen Hilfe brauchen.
Jansen ist seit zwölf Jahren beim THW. Immer dann, wenn ein Unfall oder eine Katastrophe geschieht, steht sie bereit. Ihr prägendster Einsatz war das schwere Erdbeben im Osten der Türkei im Februar 2023. Dort suchte sie nach zwei verschütteten Kindern - eine Erfahrung, die sie nie vergessen wird: "Es hat mich tief getroffen, dass wir die beiden Kinder nicht lebend finden konnten. Solche Eindrücke bleiben."

Hündin Hope sucht bei einer Übung nach einer vermissten Person
Nachsorge nach schweren Einsätzen
Nach den Einsätzen steht den Helferinnen und Helfern ein sogenanntes Einsatznachsorgeteam zur Seite. Und auch innerhalb des Teams hilft man sich gegenseitig. Kolleginnen und Kollegen werden zu Freunden - wie bei Jansen und Stephan Mondry. Sie sehe ihn manchmal öfter als ihren Ehemann, scherzt Jansen.
Mondry ist seit 20 Jahren für das THW im Einsatz und war zum Beispiel nach der Explosion im Hafen von Beirut 2020 dabei. Für ihn haben diese Erlebnisse den Blick auf das eigene Leben verändert.
"Ich sage immer: Wir haben zu Hause ein Luxusproblem", so Mondry. "Wenn man das Elend in solchen Katastrophengebieten sieht und dann nach Deutschland zurückkommt, wo es an nichts fehlt, fragt man sich, worüber wir uns eigentlich beklagen."
So viele Helferinnen und Helfer wie nie zuvor
Seinen Ursprung hat das THW am 22. August 1950 in Bonn: Der damalige Bundesinnenminister Gustav Heinemann beauftragte den Ingenieur Otto Lummitzsch mit dem Aufbau eines zivilen Ordnungsdienstes. Lummitzsch wurde Mitbegründer und erster Direktor des THW. Anfangs lag der Schwerpunkt auf dem Wiederaufbau der nach dem Zweiten Weltkrieg zerstörten Infrastruktur. Später rückte der Zivilschutz in den Mittelpunkt - unter anderem durch den Bau von Bunkern und Schutzräumen.
"Seit seiner Gründung hat sich das THW immer wieder an gesellschaftliche und politische Entwicklungen angepasst, überstand das Ende des Wehrersatzdienstes und schuf Plätze für den Bundesfreiwilligendienst“, erzählt Präsidentin Sabine Lackner. Heute habe das THW mit rund 88.000 Ehrenamtlichen so viele Helferinnen und Helfer wie nie zuvor. Das Aufgabenspektrum habe sich über die Jahrzehnte stetig gewandelt.
"Ausbildungsinhalte, Führungskonzepte und technische Einheiten wurden immer wieder neu ausgerichtet - an die Anforderungen von Zivilschutz, Katastrophenhilfe oder internationaler Hilfe", so Lackner. "Regelmäßige Übungen bereiten die Helfenden auf unterschiedlichste Szenarien vor."
Aufgrund des Klimawandels hätten die Einsätze zugenommen, vor allem 2024 sei das deutlich geworden: "Drei große, lang andauernde Einsätze durch Starkregen und Hochwasser". Und das, obwohl die verheerenden Folgen von Sturmtief Bernd - nicht nur im Ahrtal - erst drei Jahre zurückliegen würden, so die THW-Präsidentin.

Helferin Stephanie Jansen sagt, sie verstehe sich beinahe blind mit Hündin Hope
"Man muss sich aufeinander verlassen können"
Die Arbeit im THW ist größtenteils ehrenamtlich. Helferin Jansen erhält dafür kein Geld. Warum sie es dennoch macht? Eine Frage des Herzens. "Das THW ist für mich eine Familie - die blaue Familie. Das sind keine Floskeln, das ist wirklich so. Man hat Rückhalt, man hat Freunde, man kommt zusammen, man baut eine tiefe Verbindung auf", erzählt sie. "Man muss sich schließlich blind aufeinander verlassen können."
Ein Leben ohne das THW kann sich Jansen nicht mehr vorstellen. Schon gar nicht ohne ihre treueste Begleiterin Hope - die Hündin ist ihre Partnerin im Einsatz und im Alltag.
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