Sachsen-Anhalt ist stolz auf sein Weltkulturerbe. Auch das Bauhaus Dessau gehört dazu. Die AfD sieht in den Ideen der Bauhausmeister einen "Irrweg der Moderne": ein Kulturkampf, der auch Wahlkampf werden könnte.
Provokationen und Versuche, politische Debatten nach rechts zu verschieben, gehören zum festen Repertoire der AfD-Landtagsfraktion in Sachsen-Anhalt. Wohl auch deshalb stuft der Landesverfassungsschutz die AfD als "gesichert rechtsextremistisch" ein.
Wenn es um die Themen Kultur und Bildung geht, dann sorgt vor allem der AfD-Abgeordnete Hans Thomas Tillschneider mit seinen Ausführungen regelmäßig für Aufruhr im Magdeburger Landtag. Der promovierte Islamwissenschaftler, der im rumänischen Timisoara geboren wurde, gehört zum rechten Flügel der AfD und bemüht in seinen Reden immer wieder Begriffe aus dem nationalsozialistischen Vokabular.
Rückgriff auf NS-Diskurs
Als er vor einem Jahr im Magdeburger Landtag das Bauhaus als "Irrweg der Moderne" bezeichnete, griff er ein direktes Zitat des NS-Ideologen Paul Schultze-Naumburg auf. Dessen Buch "Kunst und Rasse" erlangte einen wesentlichen Einfluss auf die Kulturpolitik der Nationalsozialisten.
Hatte Paul Schultze-Naumburg einst das Flachdach als "undeutsch" kritisiert, so folgte Tillschneider der Argumentation zumindest indirekt. Die Ideen des Bauhauses würden "traditionellen und kulturell verankerten Vorstellungen von Wohn- und Lebensräumen" widersprechen. Ein "globaler Einheitsbrei" habe "lokale Identitäten" verdrängt.
In der anschließenden Debatte wies Tillschneider jedoch jegliche Nähe zu nationalsozialistischen Vorstellungen zurück. Dies sei nur der Versuch, einer echten Auseinandersetzung aus dem Weg zu gehen.

Hans-Thomas Tillschneider, stellvertretender AfD-Landesvorsitzender, bei seiner Rede vor den Teilnehmern des Landesparteitages.
Blick auf die nächste Landtagswahl
Die Attacke auf das Weltkulturerbe kam in dieser Form für viele überraschend - auch in Sachsen-Anhalt, wo die AfD seit einiger Zeit versucht, aktiv die kulturpolitischen Schwerpunkte zu verschieben. So kritisierte Tillschneider Theaterprojekte als "linksliberale Vielfaltsideologien" und forderte eine "Renaissance der deutschen Kultur".
Dazu passte dann auch die Ankündigung, dass Intendanten, die ein "zu buntes Agitprop-Repertoire mit Regenbogen-Willkommens-Trallala auf die Bühne bringen", die Subventionen gestrichen werden sollten.
Seit mehr als zehn Jahren hört man von Sachsen-Anhalts AfD immer wieder solche Töne, doch inzwischen haben diese Drohungen mit Blick auf die anstehenden Landtagswahlen im Herbst 2026 eine unerwartete Relevanz erhalten. Die AfD will nicht nur stärkste Partei werden, sondern auch den Ministerpräsidenten stellen. Dann könnte die "kulturpolitische Wende um 180 Grad", die Tillschneider ankündigt, plötzlich sehr real werden.
Widerstand formiert sich
Die Attacke auf das Bauhaus haben die übrigen Weltkulturerbe-Stätten in Sachsen-Anhalt zum Anlass genommen, sich zusammenzuschließen, um in Zukunft gemeinsam die Übergriffe der AfD abzuwehren.
Aber auch politisch gibt es inzwischen Reaktionen. Sachsen-Anhalts Landesregierung, bestehend aus CDU, SPD und FDP, will noch in diesem Monat ein Gesetz zur Kulturförderung in den Landtag einbringen. Bislang sind in Sachsen-Anhalt die Richtlinien zu Kulturförderung nämlich per Erlass geregelt. Es könnte also jeder zuständige Minister diese Regeln einfach ändern.
Das neue Gesetz soll die Hürden anheben, denn in Zukunft muss eine Landtagsmehrheit zustimmen, wenn Änderungen bei der Kulturförderung geplant sind. Mehr Verlässlichkeit für die Kultur in Sachsen-Anhalt sei das Ziel, so Kulturminister Rainer Robra.
Sorgen bleiben
Sachsen-Anhalts Künstlerinnen und Künstler blicken mit einer gewissen Beunruhigung auf die Landtagswahlen im September 2026. Denn dass die die AfD tatsächlich den Ministerpräsidenten stellen könnte, kann nicht ausgeschlossen werden. Die Kulturpolitik spielt nicht zufällig eine große Rolle für den AfD-Landesverband, denn es geht der Partei auch um eine Umdeutung der Geschichte.
Hans-Thomas Tillschneider will Sachsen-Anhalt zum "Sehnsuchtsort aller deutschen Patrioten" machen und schlägt vor, als Art Wandernadel einen sogenannten "Stolz-Pass" einzuführen.
Im November soll in Halle/Saale eine rechte Buchmesse stattfinden - ausgerechnet an jenem Wochenende, an dem in Deutschland an die Reichspogromnacht erinnert wird. Die Künstlerinnen und Künstler der Region planen ein Gegenfestival. Kampflos will man den rechten Strukturen die Kultur nicht überlassen.
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