Kurz vor der Wahl von drei neuen Richtern für das Bundesverfassungsgericht ist die Anspannung groß. Union und SPD brauchen die Hilfe der Opposition. Die Grünen wollen zwar zustimmen, doch das reicht nicht. Die Linke sät Zweifel.
Der Bundestag stimmt heute über drei neue Richter für das Bundesverfassungsgericht ab. Lange Jahre war das eine Formalie, doch nach der gescheiterten Wahl vor der Sommerpause wird der erneute Anlauf nun mit Spannung verfolgt. Bekommen die Kandidatinnen und Kandidaten eine Mehrheit? Nötig ist eine Zweidrittelmehrheit, für die die schwarz-rote Koalition auf Stimmen von Grünen und Linken angewiesen ist. Doch ob auch Abgeordnete der Linken zustimmen, ist unklar. "Also ich kann mir heute Nachmittag alles vorstellen", sagte Linken-Parteichefin Ines Schwerdtner im Deutschlandfunk.
Die Union setze scheinbar auf das "Prinzip Hoffnung". Es liege aber in deren Verantwortung, die nötigen Stimmen für die Richterwahl zu holen. "Wir können nicht garantieren - ich kann auch niemanden zwingen in meiner Fraktion - dann mitzustimmen, wenn sie dieses Verhalten für grundfalsch halten. Und deswegen finde ich es richtig, hier zu sagen, die Abgeordneten können selbst entscheiden."
Einen Anruf der Union bei den Linken habe es nicht gegeben. Darum gehe es ihr auch nicht, sagte Schwerdtner. "Sondern es geht wirklich darum, dass man nicht bis kurz vor Schluss nicht sicher sein kann, die Stimmen zu haben." Es sei lang genug bekannt, dass die Zweidrittelmehrheit benötigt werde. "Ich finde, es ist ein normales, verantwortungsvolles und demokratisches Verhalten, sich dieser Mehrheiten sicher zu sein und dann mit anderen demokratischen Parteien zu sprechen. Wer das nicht kann, der kann nicht regieren."
Reichinnek lässt Wahl von Unionskandidaten offen
Die Linken-Fraktionsvorsitzende Heidi Reichinnek hatte zuvor in den tagesthemen angekündigt, ihre Fraktion werde die beiden von der SPD aufgestellten Kandidatinnen geschlossen wählen. Bei dem Unionskandidaten Günter Spinner habe die Fraktionsspitze das Wahlverhalten aber freigegeben. Auch Reichinnek kritisierte, dass die Union Gespräche zu der Richterwahl verweigere. CDU und CSU riskierten damit "zum zweiten Mal, dass diese Wahl in den Sand gesetzt wird".

Heidi Reichinnek, Fraktionsvorsitzende Die Linke, zu der Kritik am Haushaltsentwurf 2026
tagesthemen, 24.09.2025 22:15 UhrUnion verteidigt Gesprächsverweigerung
Die Union hat ihre Weigerung, mit der Linkspartei über eine Unterstützung der Kandidaten zu sprechen, noch einmal verteidigt. Er finde es "unangemessen, wenn wir zu einer Richterwahl in Verhandlungen eintreten würden, Deals machen würden", sagte der erste parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Steffen Bilger (CDU), im ARD-Morgenmagazin. Er verwies gleichzeitig auf den Unvereinbarkeitsbeschluss in der Union, der eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei ausschließe.
Er sei aber "zuversichtlich, dass es heute klappt", sagte Bilger. "Wir haben wirklich alles dafür getan als Koalition, dass diese Wahl heute gut durchgeführt werden kann und dann auch alle drei Kandidaten (...) ein gutes Ergebnis bekommen."

"Sind sehr zuversichtlich", Steffen Bilger, Erster Parlament. Geschäftsführer Unions-Fraktion, zur Richterwahl
Morgenmagazin, 25.09.2025 05:30 UhrGrüne wollen zustimmen
Auf die Stimmen der Grünen kann die schwarz-rote Koalition offenbar zählen. Sie wollen geschlossen für alle drei Kandidaten stimmen - und haben auch die Linksfraktion zu diesem Schritt aufgerufen. "Das ist einer der wesentlichen Unterschiede zwischen der Linken und uns", sagte Co-Parteichef Felix Banaszak dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Wir sind in inhaltlichen Fragen zwar glasklar in der Opposition gegenüber dieser Regierung - aber wir wissen, wann Demokraten Verantwortung zu übernehmen haben. Und das ist jetzt so ein Moment."
Aufgabe der Koalition sei es nun, "das unwürdige Schauspiel der letzten Monate zu beenden und demokratische Mehrheiten für alle drei Kandidatinnen sicherzustellen - auch bei den demokratischen Oppositionsfraktionen". Die Grünen wollen nach dem Worten ihres Parteivorsitzenden nicht riskieren, dass durch ein erneutes Scheitern das Bundesverfassungsgericht Schaden nimmt.
Grünen-Stimmen reichen nicht aus
Die schwarz-rote Koalition verfügt nicht über eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag. Selbst wenn die Grünen mit der Koalition für die Kandidaten stimmen, fehlen rechnerisch noch sieben Stimmen. Diese müssten von Linksfraktion oder AfD kommen.
Der erste Anlauf der Richterwahl war im Juli kurz vor der parlamentarischen Sommerpause gescheitert, weil die Union ihre zuvor zugesicherte Zustimmung für die SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf zurückgezogen hatte. Diese zog in der Folge ihre Kandidatur zurück, die SPD nominierte stattdessen die Juristin Emmenegger. Der Vorgang sorgte für erhebliche Verstimmungen in der Koalition.
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