Auch im Weltall seien Russland und China eine große Bedrohung, warnt Verteidigungsminister Pistorius, und fordert ein milliardenschweres Sicherheitspaket. Die deutsche Industrie beklagt indes einen massiven Aufholbedarf.

Verteidigungsminister Boris Pistorius hat vor Bedrohungen im All durch Russland und China gewarnt. Er kündigte ein milliardenschweres Sicherheitspaket für Weltraumprojekte und eine Sicherheitsarchitektur im All an.

Als Ziel des Programms mit einem Volumen von 35 Milliarden Euro bis zum Jahr 2030 nannte der SPD-Politiker eine belastbare Struktur aus Satellitenkonstellationen, Bodenstationen und gesicherten Startfähigkeiten ins All. "Wir härten unsere Systeme gegen Störungen und Angriffe. Das schließt ganz ausdrücklich die Cybersicherheit für alle Weltraumsysteme ein", sagte Pistorius

Warnung vor Russland und China

Der Verteidigungsminister mahnte, Russland und China hätten ihre Fähigkeiten zur Kriegsführung im Weltraum in den vergangenen Jahren "rasant ausgebaut".

Aktuell würden zwei auch von der Bundeswehr genutzte IntelSat-Satelliten durch zwei russische Aufklärungssatelliten verfolgt, sagte Pistorius beim Weltraumkongress des Bundesverbandes der Deutschen Industrie. Allein während seiner Rede hätten 39 chinesische und russische Aufklärungssatelliten Berlin überflogen.

Pistorius: Satellitennetzwerke sind Achillesferse

Zudem führe China mit seinen Weltraumsystemen hochagile Annäherungsmanöver durch, die man auf die Luftwaffe übertragen als Luftkampfübungen bezeichnen könne: "Sie können Satelliten stören, blenden, manipulieren oder kinetisch zerstören."

Pistorius warnte, Satellitennetzwerke seien die Achillesferse moderner Gesellschaften. "Wer sie angreift, legt ganze Staaten lahm", sagte Pistorius. Bereits heute seien Bundeswehr-Systeme Störangriffen ausgesetzt. Die Attacken richteten sich aber auch gegen Wirtschaft und Gesellschaft insgesamt.

"Auch im Weltraum müssen wir abschrecken können"

Pistorius sprach sich auch dafür aus, über Offensivfähigkeiten zu sprechen - also darüber, im Weltall notfalls angreifen zu können: "Auch im Weltraum müssen wir abschrecken können, um verteidigungsfähig zu sein." 

Deutschland benötige außerdem gesicherte Kapazitäten für Transporte ins All: "Hier setzen wir auf einen Mix: kleine Trägerraketen für flexible Starts, mittelfristig aber auch europäische Schwerlastträger, die im Wettbewerb entstehen - und vor allem bestehen müssen."  Im Weltraumkommando der Bundeswehr werde ein eigenes militärisches Satelliten-Betriebszentrum nötig sein. Pistorius sagte: "Nur so behalten wir die Kontrolle über unsere Systeme und können im Ernstfall schnell reagieren."

Industrie sieht massiven Aufholbedarf

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hält für eine Aufholjagd zu führenden Raumfahrtnationen erheblich höhere Investitionen für nötig. "Raumfahrt ist in einer geopolitisch unsicheren Welt weit mehr als Technologie - sie ist notwendige sicherheitsrelevante Infrastruktur. Wer keine eigenen Weltraumfähigkeiten besitzt, ist abhängig und verwundbar", betonte BDI-Präsident Peter Leibinger vor dem Weltraumkongress.

Der deutsche und europäische Abstand zu den USA und China in der Raumfahrt sei in den vergangenen Jahren größer geworden - mit weitreichenden Folgen für die gesamte Industrie, warnten der Verband und die Unternehmensberatung Roland Berger in einer Studie. Der globale Markt für weltraumgestützte Infrastruktur und Dienste werde sich bis 2040 vervierfachen - von heute knapp 500 Milliarden auf zwei Billionen Euro, heißt es in der Studie. Für die deutsche Wirtschaft bestehe erhebliches Potenzial "dank ihres spezialisierten Ingenieurs-Know-how, das die Raumfahrt dringend benötigt". Die Studie bemängelt eine jahrzehntelange Unterfinanzierung, die Folgen habe.

Hohe Abhängigkeit von ausländischen Anbietern

Deutschland betreibe derzeit nur etwas mehr als 80 eigene Satelliten, die USA dagegen mehr als 10.000 und China gut 900 - "Tendenz stark steigend". Dadurch entstünden problematische Abhängigkeiten, etwa bei der Satellitenkommunikation. Dabei seien Satelliten heute für die Volkswirtschaften, Logistik, Mobilität und die Verteidigungsfähigkeit entscheidend.

Der BDI fordert deshalb nicht nur, dass das Bewusstsein für die Bedeutung von Raumfahrt in Deutschland deutlich wachsen müsse. Die Industrie brauche zudem Staatsaufträge und Investitionen. Weiterhin seien Bürokratieabbau sowie eine engere Kooperation nationaler und europäischer Raumfahrtbehörden notwendig, um die Kräfte zu bündeln.

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