Eigentlich sollen Wälder und Moore Treibhausgase aufnehmen. Doch oft sind sie inzwischen Teil des Problems. Mit einem Maßnahmenpaket will Umweltminister Schneider die Natur wieder zum "Verbündeten beim Klimaschutz" machen.
Als Teil des geplanten Klimaschutzprogramms der Bundesregierung hat Umweltminister Carsten Schneider Maßnahmen zur Stärkung von Mooren, Wäldern und Böden vorgelegt. Derzeit seien diese Ökosysteme durch Schädigung und Trockenlegung eine Quelle für Treibhausgase, anstatt sie zu binden, sagte der SPD-Politiker bei der Vorstellung seines Papiers zur "Weiterentwicklung des Aktionsprogramms Natürlicher Klimaschutz".
Beim sogenannten natürlichen Klimaschutz wird der Zustand von Wäldern, Wiesen, Mooren oder Gewässern verbessert, damit diese besser Treibhausgase oder Wasser speichern oder für Kühlung sorgen können. Insgesamt 77 Millionen Tonnen CO2 will Schneider durch die Stärkung von Ökosystemen bis 2045 einsparen. Die im Klimaschutzgesetz festgehaltenen Ziele für den Bereich Landnutzung würde Deutschland damit erst verspätet erreichen.
Schneiders Vorschläge umfassen 41 Maßnahmen, mit denen die Natur "wieder zu einem Verbündeten beim Klimaschutz" gemacht werden soll. Die Schwerpunkte liegen dabei in drei Bereichen: Wälder, Moore und landwirtschaftlich genutzte Böden.
Generationenaufgabe Waldumbau
Der Wald in Deutschland ist durch Dürrejahre geschädigt, insbesondere reine Nadelholzbestände leiden seit Jahren. Laut Schneider haben Wälder zuletzt jährlich rund 20 Millionen Tonnen mehr CO2 ausgestoßen als aufgenommen. Geplant ist deshalb, den Umbau zu klimastabilen Mischwäldern zu intensivieren. Zudem soll die Wasserhaltefähigkeit der Waldböden durch den Rückbau von Entwässerungsgräben verbessert werden.
Es handle sich um eine Generationenaufgabe, so Schneider. Eine "Zukunftskommission Wald" soll mögliche Konflikte zwischen Waldwirtschaft und Klimaschutz diskutieren. Bei seinen Plänen gehe es nicht nur um den Klimaschutz, betonte der Minister: Es gehe auch darum, dass das Grundwasser noch für die Enkel reiche, "dass es auch künftig noch Ernten gibt und dass es im Sommer erträglich bleibt, weil die Natur die Landschaft kühlt".

Deutschlands Wälder wurden durch Dürrejahre zuletzt stark geschädigt.
Schneider will Anreize für Moorschutz stärken
Besonders große Bedeutung misst Schneider auch dem Moorschutz bei, da trockengelegte Moore für rund 7,5 Prozent der gesamten deutschen Treibhausgasemissionen verantwortlich seien. Das Wiedervernässen dieser Flächen stoppe den Ausstoß sofort.
Da dies nur gemeinsam mit der Landwirtschaft gelinge, setze er auf Anreize statt auf Vorschriften. Landwirten sollen neue Einkommen ermöglicht werden, etwa durch den Anbau von Biomasse auf nassen Böden oder den Bau von Photovoltaik-Anlagen. "Wir schlagen kein Ordnungsrecht vor, sondern Planungssicherheit, gezielte Anreize, faire Angebote und ein gemeinsames Vorgehen mit den Landnutzern", so der Umweltminister.
Landwirtschaft und Klimaschutz
Auch eine schonendere Bodenbearbeitung in der Landwirtschaft und mehr Entsiegelung sieht Schneiders Maßnahmenpaket vor. Denn landwirtschaftlich genutzte Böden sind dem Ministerium zufolge ebenfalls eine große Quelle von Treibhausgasen. Dabei geht es um mineralische Böden, die im Wesentlichen aus Gestein entstanden sind. Wenn sie mehr Humus, also unter anderem Pflanzenbestandteile enthalten, binden sie auch mehr Treibhausgase.
Dazu sollen zum Beispiel sogenannte Agroforstsysteme gefördert werden: Auf einem Teil von Feld oder Acker wachsen dabei Bäume. Das helfe auch gegen Erosion, erklärte Schneider. Generell will er nachhaltigere Bewirtschaftungsformen unterstützen und die Entwicklung entsprechender Produkte fördern.
Milliardenprogramm für "Natürlichen Klimaschutz"
Das "Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz" des Umweltministeriums gibt es seit zweieinhalb Jahren, es geht noch zurück auf Schneiders Vorgängerin Steffi Lemke von den Grünen. Bislang sieht es für die Jahre 2024 bis 2028 mehr als 3,5 Milliarden Euro vor.
Für das kommende Jahr plant Schneider nun mit 821 Millionen Euro, für die Jahre 2028 und 2029 sind demnach insgesamt 400 Millionen Euro mehr vorgesehen als bei der Vorgängerregierung. Damit stünden laut Ministerium ab 2028 mehr als 1,1 Milliarden Euro jährlich zur Verfügung.
Schneider sagte, alle Ministerien hätten bis zum vergangenen Freitag ihre Maßnahmenpläne zum Klimaschutz eingereicht. Diese würden nun von Experten bewertet und berechnet, bevor die Beratung in der Regierung beginne. Ziel sei ein Kabinettsbeschluss vor Weihnachten. Unter Druck stehen vor allem die Bereiche Verkehr und Gebäude, in denen die Klimaziele bisher deutlich verfehlt werden.
Lob und Kritik von Naturschützern
Vom Naturschutzbund Deutschland bekam der Minister Lob. "Wir sehen hier notwendige Schritte auf einem Pfad, der Klima, Biodiversität und der Wirtschaft in den ländlichen Räumen gleichermaßen neue Chancen öffnet", erklärte die Organisation. Die Deutsche Umwelthilfe vermisste hingegen unter anderem mehr rechtliche Vorgaben für die Waldwirtschaft. Der Bund für Umwelt und Naturschutz beklagte, beim Moorschutz sei Schneider nicht ehrgeizig genug.
Deutschland hat sich das Ziel gesetzt, seinen Ausstoß an Treibhausgasen bis 2030 um 65 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 zu senken. Bis 2045 will Deutschland klimaneutral sein, also nicht mehr Treibhausgase ausstoßen, als wieder gespeichert werden können.
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