Zwei Tage lang berät das Bundeskabinett auf seiner Klausurtagung in der Villa Borsig in Berlin. Das Ziel: Reformen für eine starke Wirtschaft und ein möglichst harmonisches Miteinander von Schwarz-Rot.

In Berlin kommt heute in der auf der Halbinsel Reiherwerder gelegenen Villa Borsig das schwarz-rote Bundeskabinett zu seiner ersten Klausurtagung zusammen. Zwei Tage lang soll beraten werden. Im Fokus steht dabei erneut die deutsche Wirtschaft.

Vor allem die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen und einen zügigen Bürokratieabbau haben sich Union und SPD auf die Agenda geschrieben. "Die Unternehmen stehen zum Teil mit dem Rücken zur Wand oder mit dem Fuß am Abgrund. Und deswegen müssen wir hier auch schnell zu Ergebnissen kommen", hatte Bundeskanzler Friedrich Merz vor der Klausurtagung gemahnt.

Und auch der Parlamentsgeschäftsführer der CDU, Steffen Bilger, sieht die Leitlinien für die Beratungen klar gesetzt. "Es geht darum, die Grundlagen dafür zu legen, dass Deutschland auch morgen noch zu den weltweit führenden Nationen zähle, sagte er der Rheinischen Post.

Erst beraten, dann beschließen

Am ersten Tag sollen zunächst umfassende Beratungen stattfinden. Neben Kanzler Merz und seinen 17 Ministerinnen und Ministern sollen dabei auch Vertreter aus Wirtschaft und Forschung mit am Tisch sitzen. Am zweiten Tag sollen dann konkrete Beschlüsse in Form einer sogenannten Modernisierungsagenda folgen.

Laut Karsten Wildberger, Ressortchef im eigens geschaffenen Ministerium für Digitales und Staatsmodernisierung, soll diese Agenda um die 80 Maßnahmen umfassen. Darunter etwa ein einheitliches Portal für die Online-Zulassung von Autos und ein Bürokratiemeldeportal, auf dem Bürgerinnen und Bürger konkrete Verbesserungsvorschläge machen können. Mit weniger Bürokratie sollen auch deutlich weniger Ausgaben einhergehen: um etwa 25 Prozent sollen die durch Bürokratie verursachten Kosten sinken - beispielsweise durch den geplanten Abbau von Bundespersonal um acht Prozent.

Allerdings ist dem Minister durchaus bewusst, dass der Bürokratieabbau nicht auf einen Schlag klappen kann. "Wenn ein Land sich so verknotet hat, ein Stück weit auch über so viele, sagen wir mal 20 Jahre, 25 Jahre", betonte Wildberger, dann seien Veränderungen ein Prozess.

Kanzler Merz drängt auf rasche Veränderungen - einen "Herbst der Reformen" hat er in Aussicht gestellt. Doch auch ihm ist bewusst, dass es Schritt für Schritt gehen muss. Auf den "Herbst der Reformen" werde "sich ein Winter, ein Frühling, ein Sommer, ein nächster Herbst anschließen mit Reformen".

Nur nicht noch mehr Streit

Neben den Reformen an sich hat sich Schwarz-Rot noch ein weiteres Ziel gesetzt: Dass Entscheidungen möglichst reibungslos zustande kommen, ohne Streitereien zwischen den Koalitionspartnern. Zu oft hatte es in den vergangenen Wochen und Monaten geknirscht zwischen Union und SPD. Sei es wegen der gestrichenen Stromsteuersenkung für alle oder der im ersten Anlauf verpatzten Wahl von neuen Richterinnen und Richtern für das Bundesverfassungsgericht.

Schon von der Klausurtagung der Fraktionen von Union und SPD in Würzburg Ende August sollte darum ein klares Signal ausgehen: Schwarz-Rot als Team, Vertrauen und Kommunikation statt Querelen zwischen den Regierungspartnern. Und solche Signale haben Union und SPD auch dringend nötig. Immerhin stellen laut aktuellem ARD-DeutschlandTrend gut 77 Prozent der Bürgerinnen und Bürger den Koalitionspartnern für deren Umgang miteinander ein schlechtes Zeugnis aus.

Vielleicht gibt es auch deshalb einen neuen Tagungsort für die Kabinettsklausur. Die Ampel-Regierung unter Kanzler Olaf Scholz hatte sich für ihre Kabinettsklausuren ins Schloss Meseberg, gut 70 Kilometer nördlich von Berlin, zurückgezogen.

Gut möglich, dass Schwarz-Rot mit Blick auf das Aus der Vorgängerkoalition diesen unguten "Geist von Meseberg" abschütteln will. Eine ehemalige Industriellen-Villa aus dem frühen 20. Jahrhundert scheint zudem besser zu der "schnörkellosen Arbeitskoalition", die Merz einmal ausgerufen hat, zu passen als ein Barock-Schloss auf dem Land.

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