Gewerkschaften schlagen Alarm: DGB-Chefin Fahimi und andere Gewerkschaftsvertreter werfen der Bundesregierung vor, mit den geplanten Sozialkürzungen die falschen Prioritäten zu setzen - und warnen vor einer Spaltung der Gesellschaft.
DGB-Chefin Yasmin Fahimi wirft der Bundesregierung wegen der Debatte über das Sozialsystem einen "völlig falschen Fokus" vor und warnt vor einer Spaltung der Gesellschaft. "Diese Debatten über sozialen Kahlschlag müssen aufhören", sagte die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Wir sind mitten in einer der größten wirtschaftlichen Stagnationsphasen seit Dekaden, aber wir diskutieren vor allem über Bürgergeld und Kürzungen im Sozialsystem."
Es werde so getan, als könnten von Kürzungen im Sozialstaat Wachstumsimpulse ausgehen. "Das ist nicht der Fall", sagte Fahimi. "Wir kommen nicht dazu, über die wirklich wichtigen Fragen zu reden, weil sich alle ständig abarbeiten an sogenannten Sozialreformen, die angeblich nur dann gut sind, wenn sie möglichst schmerzhaft sind", sagte sie dem RND.
Die Gewerkschafterin sprach auch von einer "neoliberalen Marktpolitik". Diese attackiere die hart erarbeiteten Sozialleistungen der Beschäftigten, während gleichzeitig erwartet werde, dass die Menschen mehr arbeiten. "Wenn wir so weitermachen, dann bekommen wir gesellschaftliche Zerwürfnisse, auf die wir als Gewerkschaften auch entsprechend antworten werden", so Fahimi.
"Rückfall auf Hartz IV"
Auch der Vorsitzende der Gewerkschaft Verdi, Frank Werneke, übte scharfe Kritik an dem Vorhaben. "Die Regierung nimmt sich das Schonvermögen vor und macht Druck, dass Menschen aus ihren für die Grundsicherung zu teuren Wohnungen ausziehen." Das betreffe unmittelbar die Kernklientel der SPD - "zum Beispiel Facharbeiter, die wegen der Krise der Industrie ihre Jobs verlieren", warnte er.
Hans-Jürgen Urban, Sozialvorstand der IG Metall, schlug ähnliche Töne an: "Die geplanten Verschärfungen richten sich an einer verschwindend kleinen Gruppe von Personen ohne Willen zur Arbeitsaufnahme aus - mit großem Schaden für die große Mehrheit, die Arbeit suchen." Er forderte die SPD auf, zu ihren Ankündigungen in der Arbeits- und Sozialpolitik einzustehen.
Von einem "Rückfall auf Hartz IV" sprach die Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland, Michaela Engelmaier. Sie kritisierte vor allem, dass die SPD diese Entscheidungen mittrage. "Da liegen wir mit der Entscheidung der SPD nicht überein. Und das haben wir auch gesagt", sagte Engelmaier dem Tagesspiegel.
Reform des Bürgergelds
Der Koalitionsausschuss mit den Spitzen von Union und SPD hatte sich in der Nacht zum Donnerstag auf eine große Reform des Bürgergelds geeinigt, das künftig nur Grundsicherung heißen soll. Die rund 5,5 Millionen Bezieher müssen sich auf verschärfte Mitwirkungspflichten und bei Missachtung auf schärfere Sanktionen einstellen. Wer Termine im Jobcenter wiederholt versäumt, dem sollen alle Leistungen gestrichen werden können.
Das Bürgergeld hatte nach einer Reform der SPD-geführten Vorgängerregierung erst 2023 das Hartz-IV-System abgelöst.
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