Die Linke fordert Spahns Rücktritt, die Grünen mehr Aufklärung: Im Bundestag ging es heute um die teuren Corona-Maskenkäufe des damaligen Ministers und heutigen Unionsfraktionschefs. Spahns Nachfolgerin würde heute anders handeln.
Jens Spahn steht wegen Beschaffungsmethoden für Masken in der Corona-Krise unter Druck. Der CDU-Politiker war damals Gesundheitsminister, heute ist er Unionsfraktionschef. Im Bundestag werden Rufe nach mehr Aufklärung lauter. Die Linke hatte dazu eigens eine Aktuelle Stunde beantragt. Zudem befassten sich gleich zwei Ausschüsse mit den Vorgängen.
Sonderbericht kritisiert Ex-Gesundheitsminister Spahns Maskenbeschaffung
Nadine Bader, ARD Berlin, tagesschau, 25.06.2025 20:00 UhrIm Haushaltsauschuss standen Spahns Nachfolgerin als Gesundheitsministerin, Nina Warken, und Spahn selbst (beide CDU) Rede und Antwort. Warken nahm zusätzlich im Gesundheitsausschuss Stellung. Sie verteidigte ihren Parteikollegen, stellte aber gleichzeitig klar, dass es in Zukunft - anders als damals - Beschaffungen direkt durch ihr Ministerium nicht mehr geben solle.
Ministerium ist kein Logistikunternehmen
Warken warf der Sonderermittlerin Margaretha Sudhof erneut methodische Mängel und einige nicht nachvollziehbare Herleitungen vor. Gleichzeitig räumte sie ein, dass die "Veraktung der Dokumente" aus der fraglichen Zeit im Ministerium erst später nachgeholt werden musste. "Dass das Bundesgesundheitsministerium eigentlich ein Gesetzgebungshaus ist und kein Logistikunternehmen ist, ist klar. Und für die Zukunft sollten wir diese Verfahren auch anders aufstellen", sagte Warken zudem. Die Lage in der damaligen Zeit sei aber besonders gewesen.
Erneut begründete Warken Schwärzungen in dem vorgelegten Bericht mit persönlichen Daten und Geschäftsgeheimnissen Dritter. Doch die Stellen müssten nicht geschwärzt bleiben. Sie habe aber zum Stand jetzt größtmögliche Transparenz geschaffen.
Ein Bericht der Sonderermittlerin Sudhof hatte festgestellt, dass Spahn "gegen den Rat seiner Fachabteilungen" in großem Umfang in die Schutzmasken-Beschaffung eingestiegen war. Milliardenrisiken für den Staat entstanden demnach, obwohl mit Beschaffung erfahrene Behörden bereitgestanden und mehrfach gewarnt hätten. Sudhof war von Spahn-Nachfolger Karl Lauterbach (SPD) beauftragt worden.
Spahn sieht sich entlastet - die Grünen sehen "Machtmissbrauch"
Spahn selbst hält nach der Befragung durch Parlamentarier hinter verschlossenen Türen die meisten Vorwürfe gegen sich wegen der Corona-Maskenbeschaffung für entkräftet. "Es war der gesundheitliche Kriegsfall und wir hatten, um im Bild zu bleiben, keine Gewehre, keine Munition, keinen Schutz", sagte er rückblickend. "Wir haben getan, was notwendig war, um Masken zu beschaffen."
Die Opposition sieht das grundlegend anders. Aus Sicht der Grünen steht Spahn im Verdacht des "Machtmissbrauchs im Amt", wie ihr Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen sagte. Vor allem stehe der Vorwurf im Raum, dass ein Unternehmen aus der Heimatregion von Spahn "ohne Ausschreibung in einem Hoppla-Hopp-Verfahren mit teilweise WhatsApp und privater E-Mail-Kommunikation" beauftragt wurde, nach wenigen Tagen völlig überfordert gewesen sei und anschließend auf Schadensersatzforderungen verzichtet worden sei.
Die Grünen-Haushälterin Paula Piechotta teilte nach Warkens Befragung mit, dass Sudhofs Bericht durchaus bereits in Teilen zu Änderungen bei der Strategie des Gesundheitsressorts bei fraglichen Prozessen geführt habe. "Frau Sudhofs Arbeit war also sehr erfolgreich." Im Bundeshaushalt seien noch 1,2 Milliarden Euro für die ausstehenden Verfahren zu Masken vorgesehen. "Das ist nach unserem Wissen wahrscheinlich nicht ausreichend", so Piechotta.
"Es geht um viel", sagte auch Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch. Bis zu elf Milliarden Euro seien dem Steuerzahler als Schaden entstanden. Die Union "drangsaliere" Menschen beim Bürgergeld wegen zwei oder drei Euro, sei im Fall der Maskenbeschaffung aber nur wenig an Aufklärung interessiert. Audretsch nannte das "bigott".
Linke fordert Spahns Rücktritt
Nach Ansicht der Linken im Bundestag kann die nötige Aufklärung nicht dem nun wieder CDU-geführten Gesundheitsressort oder einer Enquete-Kommission überlassen werden, wie ihr Abgeordneter Ates Gürpinar sagte. Eine solche Kommission soll nach dem Willen der Koalition die Corona-Pandemie und das Krisenmanagement in Deutschland aufarbeiten. Linken-Chefin Ines Schwerdtner verlangte Spahns Rücktritt. "Wer so leichtfertig unsere Steuergelder aus dem Fenster wirft, darf kein wichtiges politisches Amt mehr ausüben."
Scharfe Kritik an der Maskenbeschaffung unter Spahn kam auch von der AfD. Deren Abgeordnete Claudia Weiss sprach von einem "politischen Totalversagen" und "Lehrstück in Missmanagement und Verschwendung". Es habe eine "erschütternde Gleichgültigkeit" im Umgang mit dem Geld der Bürger vorgeherrscht.
Kritik an der Kritik
Die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Simone Borchardt, erklärte, das Sudhof-Dokument sei kein Bericht, sondern "ein politisches Manöver" das keine wirkliche Grundlage für die Beurteilung der damaligen Entscheidungen bilde. Die Vorwürfe im Bericht entbehrten zudem einer fairen Bewertung der damaligen Situation.
Der SPD-Gesundheitspolitiker Christos Pantazis kritisierte die Union dafür, wiederum, den Sudhof-Bericht zu diskreditieren. Dieser Bericht sei parteiunabhängig erstellt worden, betonte Pantazis. Es habe gravierende Fehler bei der Maskenbeschaffung gegeben, die den Bundeshaushalt bis heute belasten. Die Bürger erwarteten deshalb zu Recht vollständige Transparenz.
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