Verteidigungsminister Pistorius hat seine Pläne für einen neuen Wehrdienst konkretisiert. Berichten zufolge enthält der Gesetzentwurf auch Kriterien für eine verpflichtende Einberufung.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat seine Pläne für den freiwilligen Wehrdienst und einen Übergang zur Wehrpflicht konkretisiert. Laut dem Spiegel, der aus einem Gesetzentwurf zitiert, soll der Dienst Pflicht werden, wenn es einen "kurzfristigen Aufwuchs der Streitkräfte zwingend erfordert, der auf freiwilliger Grundlage nicht erreichbar ist". Demnach sollen das Kabinett und der Bundestag eine Zwangsrekrutierung etwa bei einer Verschärfung der Bedrohungslage beschließen.

Damit wäre dem Spiegel-Bericht zufolge die verpflichtende Einziehung nicht länger davon abhängig, dass der Spannungs- oder Konfliktfall ausgerufen wird. Der freiwillige Dienst werde aber so attraktiv sein, dass in den nächsten Jahren keine Pflicht erforderlich sein müsse, argumentierte Pistorius Parlamentskreisen zufolge in einer SPD-Fraktionssitzung. Dennoch wolle man sich darauf vorbereiten.

Zunächst ab Jahrgang 2008

Zunächst basiere der Wehrdienst weiter auf Freiwilligkeit, heißt es in dem Spiegel-Bericht. Allerdings sollen auch immer mehr Menschen über den Freiwilligendienst hinaus gemustert werden, damit fähige Männer im Notfall verpflichtet werden können.

Pistorius' Pläne sehen demnach vor, dass zunächst an alle jungen Männer und Frauen ein Fragebogen versandt wird. Männer müssen ihn ausfüllen, für Frauen ist das freiwillig. Dabei soll das Interesse am Dienst in der Bundeswehr abgefragt werden. Geeignete Kandidaten werden dann zur Musterung eingeladen.

Der Gesetzentwurf enthalte mit der für Männer verpflichtenden Bereitschaftserklärung und der Wiedereinführung der Musterung von vorneherein also auch verpflichtende Elemente, so der Spiegel-Bericht. Junge Menschen sollen zunächst ab Jahrgang 2008 angeschrieben werden. Die Musterung soll bis zu einem Alter von 25 Jahren gelten.

Der Gesetzentwurf soll, wie bereits zuvor bekannt wurde, möglichst Ende August ins Kabinett kommen, damit der neue Wehrdienst nach der Parlamentsbefassung 2026 starten kann.

Höherer Sold für Wehrdienstleistende

Pistorius plant, Wehrdienstleistende künftig als Zeitsoldaten einzustufen und somit deutlich besser zu bezahlen, wie der Spiegel berichtet. Die sechs Monate Basisdienst könne man als Zeitsoldat mit einem Gehalt von mehr als 2.000 Euro monatlich absolvieren.

Zur Länge des Grundwehrdienstes heiße es im Entwurf nur, diese sei einheitlich festzusetzen. Dem Vernehmen nach soll sie aber zunächst mindestens sechs Monate betragen.

30.000 Freiwillige im Jahr bis 2029

Laut Spiegel heißt es im Entwurf weiter, die militärischen Anforderungen machten "einsatzbereite, kaltstartfähige und durchhaltefähige Einheiten" erforderlich. Derzeit ist die Bundeswehr nicht in der Lage, mehr als 15.000 Freiwillige auszubilden und unterzubringen.

Diese Zahl will Pistorius laut seiner Präsentation in der SPD-Fraktion auf mehr als 30.000 im Jahr 2029 steigern, sodass es dann insgesamt 100.000 Wehrdienstleistende gegeben hat - und nach derzeitigem Stand keine Pflicht nötig ist.

460.000 Soldaten ab 2030

Von 2030 an will Pistorius eine Truppe von insgesamt 460.000 Soldaten aufbieten können. Laut Parlamentskreisen hofft Pistorius, dass nach dem Basisdienst einige länger bei der Bundeswehr bleiben wollen. Zum anderen soll die Zahl der Reservisten zunächst auf 200.000 erhöht werden.

Dazu wird eine aktive Truppe von 260.000 angestrebt, also etwa 80.000 mehr als der Bundeswehr derzeit zur Verfügung stehen.

Pistorius in der SPD unter Druck

Pistorius steht in der Pflichtfrage unter großem Druck seiner eigenen Partei und Fraktion. Vor allem die SPD dringt darauf, den sechsmonatigen Dienst so attraktiv zu gestalten, dass sich ausreichend Freiwillige finden, ohne dass eine Pflicht greifen muss.

Auf dem SPD-Parteitag am vergangenen Wochenende konnte Pistorius nach zähen Verhandlungen einen Antrag der Jusos abwenden, der einen völligen Verzicht auf jede Form der Pflicht vorgesehen hätte. Die Debatte zeigte, wie umstritten eine Wehrpflicht bei den Sozialdemokraten ist.

Die Union will die Pflichtkomponente möglichst verbindlich im Gesetz verankern. Sie fürchtet, dass für ein späteres, eigenes Pflicht-Gesetz der SPD dann die Kraft fehlen könnte. Die jetzt im Gesetzentwurf geplante, mögliche kurzfristige Befassung von Kabinett und Bundestag ist damit schon ein Kompromiss.

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