Eigentlich sind 22 Jahre keine Zahl für ein Jubiläum. Trotzdem hat Disney sie zum Anlass genommen, um die Fortsetzung eines Kultklassikers herauszubringen. Nach dem Erfolg von „Freaky Friday“ im Jahr 2003, schon das zweite Disney-Remake des Films von 1976 mit einer bezaubernd burschikosen, 14-jährigen Jodie Forster, folgt nun: „Freakier Friday“ mit den Stars von 2003. Lindsay Lohan und Jamie Lee Curtis kommen erneut als Mutter-Tochter-Duo auf die Leinwand – und tauschen wieder die Körper. Diesmal nur nicht miteinander, sondern – schließlich ist es noch freakier – in einer Vierer-Kombination, mit den Töchtern bzw. Enkelinnen des Hauses.
Jetzt ist es Anna, gespielt von Lindsay Lohan, die heiraten möchte und ihre Tochter Harper sowie die Stieftochter in spe Lily haben etwas dagegen. Der Plot ist also nahezu identisch mit dem Film von damals, nur plus zwei. Dass es dafür kein Jubiläum brauchte, zeigt, wie gut Franchises und das Altbekannte beim Publikum funktionieren. Pessimistischer formuliert könnte man auch sagen, dass der Filmindustrie die Ideen ausgehen. Zuletzt bewiesen das Filme wie der neue „Jurassic Park“ und „Die nackte Kanone“. Auch für „Der Teufel trägt Prada“ und „Die Hochzeit meines besten Freundes“ wurden Dreharbeiten für einen zweiten Teil angekündigt. Und in Deutschland warten Fans gerade auf „Das Kanu des Manitu“ von Michael Bully Herbig.
Interessanter wird diese Neuverfilmung allerdings durch ein Interview, das Jamie Lee Curtis im Vorfeld dem „Guardian“ gegeben hat. Darin warf sie der Schönheitsindustrie vor, einen „Genozid“ an Frauen zu begehen und eine Generation von Gesichtern ausgelöscht zu haben. Tatsächlich haben es Schönheitseingriffe längst aus Hollywood auf die Straßen des Alltags geschafft. Mit Botox-To-Go-Angeboten und einem Paar aufgespritzter Lippen, das einem alle paar Meter in jeder Einkaufsstraße begegnet. Weniger alltäglich, aber dafür zukunftsweisender war zuletzt auch die Verwandlung von der fast 70-jährigen Kris Jenner in eine scheinbar 40-Jährige, mit der eine neue Ära angebrochen scheint: Schönheit-OPs werden nicht nur immer geläufiger, sondern, mit viel Geld, immer besser – und mit Stolz zugegeben. Ein Thema, das deutlich leichtfüßiger auch in „Freakier Friday“ aufgegriffen wird.
Falsche Versprechen
Für ihre Filmpartnerin Lindsay Lohan, die selbst einige Eingriffe hinter sich hat, fand Curtis in ihrem Interview jedoch keine wohlmeinend mahnenden Worte. Sie bemerkte schlicht, dass Lohan eine kluge und kreative Frau sei, die ihre eigenen Entscheidungen trifft. So kann man nicht anders, als in dieser Komödie vor allem auf die makellose Stirn der gerade mal 39-jährigen Lohan zu starren und ihre Mimik in jeder emotionalen Szene auf stillgelegte Muskeln abzusuchen. Dass eine gebotoxte Stirn kein Hindernis für eine gute Schauspiel-Performance ist, beweist keine andere so gut wie Nicole Kidman, die mit kühlem Blick und straffgezogener Haut in nahezu jeder Rolle brilliert. In dieser Liga spielt Lohan jedoch leider nicht.
Altern ist neben Mutter-Tochter-Beziehungen das Thema, das im Hintergrund von „Freakier Friday“ immer mitläuft. So haben es die beiden Älteren zwischendurch auch gar nicht so eilig, aus den jungen Körpern wieder herauszukommen, die kein Fett ansetzen und einen Rollerunfall mit lediglich ein paar Kratzern wegstecken. Die anderen halten es hingegen keine 24 Stunden in einem verfallenden Körper aus, ohne ihn zu optimieren. In einer Szene lässt sich die Figur von Jamie Lee Curtis, deren Körper gerade von einer 16-Jährigen bewohnt wird, für ein Fotoshooting dermaßen die Lippen aufblasen, dass jeder Satz von ihr klingt, als würde man ihn mit einer Plüschdecke zu Boden ringen.
Regie führte die Kanadierin Nisha Ganatra, die für Serien wie „Girls“ und die Komödie „Late Night“ mit Emma Thompson schrieb – also Erfahrung in der Darstellung lustig-eigenartiger Frauenrollen hat. In „Freakier Friday“ liefert sie genau das, was man von einem Disney/Kinderfilm erwarten darf: Eine Komödie mit soliden Gags, in der in jeder Minute klar ist, dass am Ende alles gut wird. Der Film ist zwar mehr Coverversion als Fortsetzung, doch schafft er genau damit die beruhigende Kontinuität des Gewohnten, um die uns Botox, trotz des gleichen Versprechens, betrügt.
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