Gerade noch eröffnete er eine Ausstellung mit Daniel Richter und lud zu einem Mittagessen in die Villa Emslieb zu Ehren von Erwin Wurm, schon sitzt Thaddaeus Ropac in seinem Salzburger Büro unter einem Werk von Georg Baselitz. Der Galerist verrät, dass er – wie Baselitz übrigens auch – ein Pseudonym verwendet, zumindest manchmal. Um auf Instagram die Welt zu inspizieren. Unerkannt.

WELT: Sie eröffnen am 20. September Ihre siebte Dependance – dieses Mal in Mailand. Die Stadt ist Luxusmetropole, aber ein weißer Fleck für internationale Galerien. Was treibt Sie dorthin?

Thaddaeus Ropac: Deutschland und Österreich sind unsere kreative Heimat – sowohl in Bezug auf die Künstler, die wir vertreten, als auch auf die Sammler, die wir betreuen. Später kamen unsere Standorte in Paris und London hinzu – Italien hat in diesem Gefüge bislang gefehlt. Kein Land hat die Kunstgeschichte so stark geprägt. Über zwei Jahrtausende hinweg ist hier eine Dichte an Meisterwerken gewachsen, die einzigartig ist; selbst kleine Orte bergen Kunstschätze in Kirchen, Klöstern und Palästen. Nach Besuchen in Neapel, Rom, Florenz, Venedig und der lombardischen Metropole war mir klar: Es kann nur Mailand für uns sein.

WELT: Venedig ist der überbuchteste Ort, was Kunst angeht. Dort präsentieren sich Pinault, Berggruen, Prada mit monumentalen Museen. Treibt Sie der Instinkt eines Pioniers oder der Ehrgeiz, allein zu stehen?

Ropac: Kunst ist kein Wettkampf. Ich hatte in meinen 43 Berufsjahren das Glück, immer wieder neue Orte zu entdecken, an denen es sich bewährt hat, Galerien zu eröffnen. Nicht, um der Erste oder Einzige zu sein, sondern um Raum für Künstler und Sammler schaffen, den es vorher nicht gab. Mailand ist seit Jahrzehnten Zentrum der Kunstdebatte. Dort hat sich das lebendigste künstlerische Leben des 20. Jahrhunderts und der Nachkriegszeit entwickelt – von Fontana über die Arte Povera bis hin zu einer der radikalsten Akademien jener Zeit. Und wo der Puls der Stadt so kräftig schlägt, sorgen heute die dort lebenden Künstler – etwa Maurizio Cattelan, einer der radikalsten Köpfe Italiens – dafür, dass die Debatte niemals zur Ruhe kommt.

WELT: Ihre neue Adresse ist der Palazzo Belgioioso, ein neoklassizistisches Juwel zwischen Dom und Scala. Wie gelangt man an eine solche Immobilie?

Ropac: Es war einfacher als Sie glauben: über einen Makler. Die zentrale Lage war mir wichtig. Fürst Alberico XII. von Belgioioso d’Este, der den Palast im 18. Jahrhundert von Giuseppe Piermarini erbauen ließ, genoss als Buch- und Kunstsammler großes Ansehen. Seine Residenz wurde zum Treffpunkt für Künstler und Schriftsteller. Heute kreisen dort Aktenordner, überwiegend aus Kanzleien. Trotzdem hängt noch so ein alter Zauber in den Räumen. Von unseren bald sieben Galerien wird die in Mailand die kleinste sein – zwei Räume auf 280 Quadratmetern, plus die Piazza vor dem Haus für Skulpturen.

WELT: Italien hat gerade nach dem jüngst aufgehobenen Londoner Non-Dom-Programm eine Regelung eingeführt, die vermögenden Ausländern Steuervorteile bietet. Viele ziehen darum nach Mailand. Gutes Timing!

Ropac: Die diesjährige Abschaffung des langjährigen Privilegs in England hat alle überrascht. Dass Italien das Modell übernahm, war natürlich ein wunderbarer Nebeneffekt, aber unsere Entscheidung stand lange fest, bevor viele „Non-Doms“ nach Italien zogen. Wir waren schon auch kritisch zum Beispiel aufgrund der strengen Kulturgutsschutzrichtlinien. Es ist nicht leicht, die italienische Moderne außer Landes zu bringen, die dort produziert wurde.

Jahrelang war Italien zudem durch eine hohe Mehrwertsteuer von 22 Prozent belastet, die viele Galerien zum Wegzug bewog. Nun hat der Kulturminister beschlossen, den Satz ab September auf fünf Prozent zu senken. Damit sinkt der bisher höchste Mehrwertsteuersatz der EU auf ein Rekordtief. Das ist natürlich ein Glücksfall, direkt zum Start unserer Galerie, und ein Anstoß für den gesamten Kunsthandel im Land.

WELT: Und auch eine Gelegenheit, Preise anzuheben, ohne dass es der Käufer gleich merkt.

Ropac: Vielmehr dürfte es den Markt ankurbeln. Unter Kulturministerin Monika Grütters wurde die steuerliche Bevorzugung von Kunst abgeschafft, sodass ein deutscher Galerist auf einer Messe im Ausland 19 Prozent Mehrwertsteuer zahlte – sein französischer Kollege hingegen nur 5,5 Prozent. Später änderte Deutschland die Regelung für Kunst wieder, und andere Länder zogen nach. Dass Italien jetzt noch einen Schritt weitergeht, ist kein Trick, um Preise zu kaschieren, sondern ein echter Vorteil für Sammler – und ein enormer Schub für italienische Galerien auf internationalem Parkett.

WELT: Sie starten mit einem Monumentalauftakt: Lucio Fontana und Georg Baselitz. Zieht das auch das junge, avantgardistische Mailand an?

Ropac: Die Idee ist: Ein Künstler, der die DNA der Galerie prägt, und einer aus Italien. Zum Auftakt gibt es zwei Männer; die zweite Ausstellung rückt zwei Frauen ins Zentrum: Valie Export und Ketty La Rocca. Unsere Galerie ruht auf vier Säulen: junge Künstler wie Eva Helene Pade, Mid-Career-Talente wie Adrian Ghenie, die großen Namen und die Nachlässe. Alle vier sind gleichwertig, wenn auch Künstler wie Baselitz und Kiefer mehr Aufmerksamkeit von außen bekommen, aber es ist interessant, und das überrascht mich immer wieder: Wir bauen Jahr für Jahr neue Talente auf, trotzdem werde ich auf ein paar bekannte Namen reduziert – zumindest in Deutschland. In Frankreich ist man deutlich neugieriger, da werden wir sehr für die jungen Künstler wahrgenommen. 

WELT: In Ihrer Künstlerliste tauchen 58 Männer und 18 Frauen auf. Ist das Ihre Entscheidung?

Ropac: Ich komme mit meinem Programm aus den 80er- und 90er-Jahren, damals war der Kunstmarkt stark von Männern dominiert. Das war ein Fehler, und ich muss zugeben, auch ich habe nicht viel dafür getan, das zu ändern. Der Blick war noch sehr einseitig. Erst in den 2000er-Jahren begann ein Umdenken, nicht nur in Bezug auf Frauen, auch geografisch: Asien, Australien, Südamerika oder der arabische Raum wurden lange ignoriert. Es herrschte eine Arroganz, die erst aufgebrochen werden musste. Ein Beispiel ist die Ausstellung „Magiciens de la Terre“ – „Die Zauberer der Erde“ 1989 im Centre Pompidou, die westliche und nichtwestliche Kunst gleichwertig zeigen wollte. Sie wurde damals nicht verstanden, der Direktor musste gehen. Postkolonialismus, kulturelle Aneignung und Dekolonisierung in der Kunst – darüber wurde überhaupt nicht nachgedacht. Später ist die Ausstellung gefeiert worden. Inzwischen hat sich viel verändert. Wir wollen nicht mit Quoten arbeiten – Vielfalt muss organisch wachsen, aber ich erlebe, wie Jahr für Jahr alte Muster aufbrechen und ein neues Bewusstsein wächst.

WELT: Georg Baselitz war mal der umstrittenste deutsche Künstler mit seinen nackten, umgedrehten Menschen, Anselm Kiefer verrufen für seine Hitler Gruß-Performance 1969; Joseph Beuys wurde anfangs gar nicht erst ernst genommen. Wer sind die jungen Enfants terribles in der Kunstwelt? Alle malen vor sich hin, aber gibt es eine neue Kunstbewegung?

Ropac: Anfang der 80er-Jahre proklamierte eine radikale Strömung in Deutschland das Ende der Malerei – alles sei bereits gemalt und gedacht. Eine Fehleinschätzung. Jede Generation erschafft etwas, das für die vorherige undenkbar war, manchmal indem sie das Alte zerstört. Momentan gilt die Verschmelzung von digitalen Medien, KI, Partizipation und globaler Perspektive als die prägende Strömung: Kunst, die nicht nur Räume füllt, sondern Debatten, Netzwerke und ganz neue Wahrnehmungen erzeugt. Die Malerei wird nie verschwinden, sondern sich in jeder Zeit neu definieren.

WELT: Larry Gagosian und David Zwirner sind mit je einer Milliarde Dollar Jahresumsatz Marktführer. Haben Sie den Ehrgeiz, zu den beiden aufzuschließen? 

Ropac: Wir sind kleiner als die vier großen internationalen Galerien – und genau darin liegt unser Vorteil. Direkte Kommunikation, kein Risiko, zu corporate zu werden, enger Zugang zu den Künstlern. Mit 76 Künstlern, inklusive 17 Nachlässen, 35 bis 40 Ausstellungen pro Jahr und 150 Mitarbeitern – davon 16 Direktoren – sind wir wunderbar aufgestellt – und das so, dass wir uns auch noch ohne Namensschild erkennen. 

WELT: Die Kunstmesse Art Basel expandiert nach Katar. Wie sehen Sie den Take-over der arabischen Staaten innerhalb der Kunstwelt?

Ropac: Sie bauen Museen wie Kathedralen – beeindruckend und seriös. Das ist gar nicht so leicht. Manche westlichen Museen sind so skulptural, dass selbst ein dünner Giacometti kam mehr Luft zum Atmen hat.

WELT: Wann eröffnen Sie Ihre erste Galerie in der Wüste?

Ropac: Ich sage zu keinem Standort kategorisch nein – solange die künstlerische Freiheit und die Menschenrechte gewahrt bleiben. China war einmal im Gespräch, bevor wir nach Seoul gingen. Wir hatten sogar schon ein traumhaftes Gebäude in Shanghai gefunden. Es war nicht vereinbar mit unserem Verständnis von Demokratie und dem unserer Künstler. Ähnlich in Istanbul. 

WELT: Sie sind der unbestrittene Platzhirsch in Österreich, Ihre Galerie-Gründung hat dort stattgefunden. Kann man sagen, dass Sie in Salzburg ein Monopol für den Kunsthandel innehaben?

Ropac: Herrlich, Salzburg, das Ropac-Revier. Sie überschätzen mich. Dass ich in Salzburg gelandet bin, beruht auf reiner Naivität. Ich hatte rein gar nichts mit Salzburg im Sinn, und dann hat Oskar Kokoschka hier seine „Schule des Sehens“ gegründet. Seine Sichtweise, dass künstlerisches Schaffen weniger ein Privileg, sondern ein Potenzial jedes Einzelnen ist, erinnerte mich sehr an Joseph Beuys, der mir immer ein Wegweiser war. Und so kam ich im Sommer vor 42 Jahren als 23-Jähriger hierher, ohne eine Menschenseele zu kennen.

WELT: Heute fallen Ihnen die gebratenen Tauben in den Schoß. Salzburg ist Ihr USP als Galerist – nicht zuletzt dank der Festspiele.

Ropac: Salzburg ist jetzt nicht die klassische Kunstmetropole. Und als ich hierherzog, hatte ich nicht im Ansatz eine Ahnung davon, welche Möglichkeiten die Festspiele bieten würden. Einmal im Jahr strömen große amerikanische Sammler nach Europa, mindestens, viele sind Musik-affin. Die Lage ist toll, keine Frage. Was denn Umsatz betrifft, ist der Standort dennoch eher nebensächlich.

WELT: Warum haben Sie nie eine Dependance in New York oder Los Angeles eröffnet? Passen Sie von Ihrem Habitus, von Ihrem Thaddaeus-Ropac-Sein nicht zu dem Typus amerikanischer Sammler?

Ropac: Es bestand nie die Notwendigkeit. Mit unseren Standorten in Paris und London erreichen wir das amerikanische Publikum genauso. Es hätte sicherlich eine Auswirkung, wir hätten mehr Strahlkraft mit einem Standort in New York – eine andere Stadt würde mich nicht interessieren – aber nur geringfügig. Eine dortige Dependance hätte meine volle Präsenz vor Ort verlangt und eine Energie und Lebensweise, die ich nicht aufbringen wollte. Ich bin zu sehr Europäer. Ich habe eine Wohnung in New York, aber ich lebe in Frankreich. Selbst London war nie eine Alternative für mich. Ich komme aus Paris nicht mehr raus. 

WELT: Larry Gagosian wurde 2019 von einem Interviewer gefragt, ob der Gigantismus in der Kunstbranche immer so weitergehen werde. Er antwortete: „Bei Basketballspielern sagt man, alles über 2,10 Meter ist nicht mehr gut.“ Bei welcher Marke ist der Kunstmarkt heute angelangt?

Ropac: Die Hochzeit der Kunst ist jetzt.

WELT: Es wirkt eher wie ein Perpetuum mobile: Immer mehr Ausstellungen an immer neuen Orten, getrieben vom Konkurrenzdruck. Wie lange kann dieses aufgeheizte System noch weiterexistieren, bevor es an seine Grenzen stößt?

Ropac: Grenzen? Nein, ganz im Gegenteil: Früher endete Kunst bei Schiele und Klimt, Gegenwartskunst spielte praktisch keine Rolle. Die Nostalgie auf die „gute alte Zeit“ kann ich nicht nachvollziehen. Die Kunstwelt war ein Elfenbeinturm. Heute werden Künstler aus allen Ecken der Welt ernst genommen. Klar gibt es Schnellschüsse und viel Kommerzielles, und die Kunstwelt ist immer noch zu elitär, viele fühlen sich ausgeschlossen. Aber global, divers, lebendig: So gut wie heute war die Kunst seit 40 Jahren nicht. Haben Sie mal die Biografie von König Charles I. von England gelesen?

WELT: Noch nicht, warum? 

Ropac: Ich habe Sie verschlungen. Auf Reisen nach Madrid und Wien erlebte er, wie Künstler am dortigen Königshof hofiert wurden, wie man ihnen Respekt und Privilegien entgegenbrachte – manche durften sogar dort leben. Zurück in England sammelte Charles I. 1.600 Werke – Rubens, Van Dyck, Tizian – er gab wirklich Unsummen aus und setzte zusammen mit seiner Frau Henriette eine neue Ära der Kunstförderung in Gang, bis das Schicksal ihn einholte: die Enthauptung.

Für mich ist Charles I. eine Galionsfigur, weil er begriffen hat, wie wichtig Kunst ist. Genauso Felipe IV. von Spanien – beide verehrten Künstler wie Könige. Dann drohte Krieg zwischen ihren Ländern, die Schlachtschiffe standen bereit – und plötzlich: Wer sollte geschickt werden, um den Frieden zu retten? Rubens, der Maler! Das muss man sich mal vorstellen: ein Künstler als Friedensbotschafter. Vielleicht bräuchten wir heute auch mal wieder jemanden wie ihn, der in der Politik vermittelt.

WELT: Könnten Sie jemanden empfehlen aus Ihrem Repertoire? 

Ropac: Nicht jeder Künstler eignet sich vielleicht als Diplomat, dennoch wäre jeder unerschütterlich in seiner Unabhängigkeit. Tatsache ist: Die Bedeutung der Kunst für die Gegenwart ist heute größer denn je. Nie war die Kunst so einflussreich wie heute. Darum plädiere ich auch für noch mehr Ausstellungen an noch mehr Orten. Ja, einiges wird gewöhnlich, manche Messe überflüssig. Letztlich doch bringen sie Menschen zur Kunst. Ohne Glanzveranstaltungen wie etwa die Art Basel Miami Beach oder die Kunst-Biennale in Venedig gäbe es bedeutend weniger Sammler. 

WELT: Die Verkaufsdoktrin eines berühmten Galeristen lautet: „Kleines Bild nichts los, großes Bild viel Moos“: Ist es immer noch so, dass der Preis eines Bildes von der Größe abhängt?

Ropac: Nicht unbedingt, ein 800-Seiten-Roman ist ja auch nicht wertvoller als ein 400-Seiten-Roman.

WELT: Stimmt es, dass in New York Bilder, die größer als 2,40 Meter sind, schwerer zu verkaufen sind, weil sie nicht in die Aufzüge hineinpassen?

Ropac: Wieso, es gibt doch Kräne?

WELT: Ist es tatsächlich so, dass in diesem wirklich nicht ganz günstigen Kunsthandel immer noch so eine Lübecker Kaufmannshaltung herrscht: Handschlag reicht?

Ropac: Ja, das ist schon so, wobei es sich langsam ändert. Man einigt sich per Handschlag, EU-Vorschriften diktieren die weiteren Schritte: Verträge, Prüfungen – gerade im Kunsthandel, wo viel Betrug vermutet wird. Der Handschlag bleibt symbolisch, dahinter arbeitet eine Maschinerie aus Anwälten und Compliance-Prozessen, die Vertrauen schafft – und oft leider auch ein Geschäft verkompliziert.

WELT: Wie schützen Sie sich vor Kunstbetrug?

Ropac: Ich bin sehr vorsichtig, was den Sekundärmarkt betrifft, um ja nicht in Authentizitätsfallen zu tappen. Uns wurden schon vermeintlich echte Werke angeboten – etwa eine Schiefertafel von Beuys, zum Sterben schön, aber leider eine Fälschung. Unser Zugang ist meist über Nachlässe gesichert. Bei Künstlern wie etwa Rauschenberg, Judd oder Lichtenstein haben wir das Privileg, direkt an der Quelle zu sitzen. Aber natürlich suchen wir auch darüber hinaus. Darum prüfen wir alles im Sekundärmarkt mit einer eigenen Abteilung sehr genau. Werke ohne Provenienz rühren wir gar nicht erst an. Gott sei Dank sind wir bisher nie über den Tisch gezogen worden.

WELT: Sie bauen parallel zur Galerie eine Sammlung auf. Simon de Pury, lange weltweiter Chefauktionator von Sotheby’s und heute Kunstberater, meint, man solle verfolgen, was Künstler sammeln. Sie hätten den geschultesten Blick von allen, ihre Augen würden in die Zukunft schauen. Stimmen Sie zu?

Ropac: Meine Sammlung entstand als Sammelsurium – aus Geschenken, Spontankäufen, Künstlerbegegnungen, Werken, die ich auf Raten abbezahlt habe. Mit der Entscheidung, dass man sie einmal öffentlich machen will, beginnt der Gedanke an ein Konzept. Heute soll sie meine vier Jahrzehnte im Kunstbetrieb widerspiegeln, historisch verankert zwischen Beuys und Duchamp. 

WELT: Sie haben keine Nachkommen. Was wird einmal aus ihr? 

Ropac: Die Sammlung ist so organisiert, dass Teile an verschiedene Museen gehen würden, wenn ich morgen tot umfiele. Beides wäre unerfreulich. Lieber würde ich die Sammlung zusammenhalten, dazu brauche ich allerdings noch etwas Zeit. Es gibt natürlich Vorbilder, wie etwa die Fondation Beyeler.

WELT: Haben Sie eine Idee, wo das Museum sein könnte? Ist Österreich schon an Sie herangetreten mit einer Idee?

Ropac: Nein, da habe ich noch keine genaue Vorstellung, und es wäre jetzt auch noch etwas zu früh, darüber zu sprechen.

WELT: Sie wollen noch zehn Jahre arbeiten, haben Sie angekündigt, dann soll Schluss sein. 

Ropac: Ach was, nein, wir sind noch viel zu aktiv – und wachsen. Sagen wir so: Ich habe mich ein wenig von den Messen zurückgezogen, bin aber inhaltlich sehr stark in das wachsende Ausstellungsprogramm aller Galerien involviert.

WELT: Haben Sie bereits einen Nachfolger aufgebaut – oder schließen Sie dann Ihre Galerie?

Ropac: Ich denke natürlich über die Zukunft nach und stelle fest, dass es inzwischen Bereiche gibt, zu denen mir der Zugang fehlt. Als wir Hito Steyerl in London ausgestellt haben, wählte sie junge Künstler für ein Gespräch – ich saß im Publikum und verstand oft nur die Hälfte. Es gibt heute eine völlig neue Verwendung von Sprache, Material und Techniken in Verbindung mit der KI – Themen, die ich gern jüngeren Mitarbeitern überlasse.

Man kann nicht sein Leben lang immer wieder ein neues Verständnis für Gegenwartskunst aufbringen. Darum glaube ich auch nicht, dass ich meine Galerie ewig weiterführen sollte. Ich werde die Galerie nicht schließen, aber irgendwann werden andere entscheiden – unter einem neuen Namen. Galerienamen verblassen, Gründer werden vergessen, Künstler hingegen leben ewig. Ihre Kunst bleibt.

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