15 Jahre nach dem Start der gefeierten Serie hat "Downton Abbey" Fans auf der ganzen Welt begeistert - mit Emmy-prämierten Staffeln, zwei erfolgreichen Kinofilmen und einer Mischung aus aristokratischem Glanz, Humor und bewegendem Drama. Mit dem "große Finale" verabschiedet sich das Franchise nun endgültig: Jede Figur, die die Zuschauer über die Jahre liebgewonnen hat, bekommt dank Serienschöpfer und Drehbuchautor Julian Fellowes ihr eigenes Happy End - von späten Liebesgeschichten über persönliche Neuanfänge bis zu lang ersehnten Momenten des Glücks.
Im Interview mit ntv.de sprechen Lesley Nicol, Penelope Wilton, Robert James-Collier, Dominic West und Arty Froushan darüber, wie besonders es war, diese letzten Momente ihrer Figuren zu spielen, welche Erinnerungen an das Set sie teilen - und welche Rolle Maggie Smith alias Lady Violet Crawley dabei spielte.
ntv.de: Es war ein würdiges Ende. Robert, vor allem für Ihre Figur - der ehemalige Diener Thomas Barrow, der ja zunächst als Antagonist auftrat - manipulativ, verschlagen, arrogant ...
Robert James-Collier: ... Missverstanden!
Ja, später erfahren wir, dass vieles davon aus Einsamkeit und Selbsthass stammt. War es Ihnen wichtig, dass er nun an der Seite von Guy Dexter sein Happy End bekommt?
James-Collier: Nun, er hat im Laufe der Serie und auch im Film eine Menge Traumata durchgemacht. Deshalb war es schön, ihn endlich ein Stück Glück finden zu sehen. Ein wunderbares Ende. Ich glaube, das war auch das, was die Fans wollten: Thomas endlich glücklich zu sehen. Und das in den Armen des Hulks, Guy Dexter.
Dominic, wie würden Sie den Einfluss beschreiben, den Guy Dexter auf Thomas Barrow hatte?
Dominic West: Nun, ich denke, er hat ihm das Happy End geschenkt. (alle Männer lachen und kichern)
Der Schauspieler Guy Dexter und der Schriftsteller Noël Coward repräsentieren zwei sehr unterschiedliche Lebensstile für schwule Männer in dieser Zeit. Der eine - Guy - glamourös und von Hollywood geschützt, der andere - Noël - ein Künstler, der mit Ironie und Diskretion spielte. Arty, wie haben Sie diesen historischen Hintergrund in Ihr Spiel einfließen lassen, zumal Sie ja eine echte Person spielen?
Arty Froushan: Ich glaube, der gesellschaftliche Kontext dieser Zeit ist entscheidend, um Noël zu verstehen - wie er Grenzen verschoben hat, aber nur subtil. Oder besser gesagt: in seiner Kleidung, in seiner Ästhetik, in seiner Kreativität - da war er unglaublich radikal. Aber als schwuler Mann musste er sehr vorsichtig sein. Und ich denke, das hat ihn natürlich belastet, es war eine enorme Bürde. Freunde von ihm, wie John Gielgud, hatten damals juristische Probleme, nur weil sie schwul waren. Da herrschte also eine große Spannung. Für mich war es faszinierend, mehr über diese Epoche zu lernen und kleine Facetten davon wieder lebendig zu machen.
Deutsche Zuschauer kennen Noël Coward kaum. Können Sie vielleicht beschreiben, welche Bedeutung es hat, dass er Downton besucht und Lady Mary aktiv hilft, ihren Ruf nach der Scheidung wiederherzustellen?
Froushan: Noël war - um einen zeitgenössischen Vergleich zu ziehen - eine Mischung aus Andrew Lloyd Webber und Harry Styles. Ein absoluter Megastar. Kreativ hoch angesehen, aber zugleich unglaublich berühmt, eigentlich einer der ersten echten Prominenten. Dass er nach Downton kommt, ist also ein großes Ding. Und dass er Mary hilft, ist in meinen Augen eher eine persönliche Sache: Er hat Mitgefühl für sie. Gleichzeitig nutzt er es aber auch als Inspiration für sein Stück "Private Lives". Natürlich ist das ein fiktives Element des Films - in Wirklichkeit kam diese Inspiration nicht von Lady Mary. Aber in der Geschichte spielt eben beides hinein.
Die Köchin Mrs. Patmore hat ihr Leben lang für andere gesorgt. Nun erlaubt sie sich, nach ihrem Ruhestand persönliches Glück zu finden. Lesley, war es Ihnen wichtig, dass der Film zeigt, dass Liebe und Neuanfänge auch später im Leben möglich sind?
Lesley Nicol: Sehr! Ich finde, das ist eine wunderbare Botschaft. Und ich habe das selbst erlebt: Ich habe die Rolle in "Downton" später im Leben bekommen, auch geheiratet habe ich erst spät. Ich glaube, es ist wichtig, Menschen daran zu erinnern, dass solche Dinge passieren können - und dass sie große Freude bringen, gerade wenn man die Hoffnung schon fast aufgegeben hat. Viele Frauen denken irgendwann: "Na gut, für mich ist das wohl vorbei." Aber nein - man muss geduldig sein. Dinge passieren zu unterschiedlichen Zeiten. Für Mrs. Patmore war dieses Ende ein sehr glücklicher Abschluss.
Mrs. Patmore ist sichtlich nervös, weil sie kurz davor ist, zum ersten Mal mit ihrem Ehemann intim zu werden. Viele Zuschauer hätten sich vielleicht eine etwas offenere Szene gewünscht, gerade weil solche Themen oft nur jüngeren Figuren zugestanden werden. Wie sehen Sie das?
Nicol: Julian (Fellowes, Anm.d.Red.) musste sehr viele Figuren unterbringen und jeder Geschichte etwas Raum geben - das ist schwierig. In einer idealen Welt bräuchte es keine explizite Szene, aber interessant wäre schon gewesen: Wie fangen die beiden überhaupt an, das zu meistern? Mrs. Patmore ist ja völlig unerfahren. Aber ich finde die Szene (ein Dialog zwischen Mrs. Patmore und Mrs. Hughes über Sex, Anm.d.Red.), wie sie ist, sehr schön, weil es ein ehrliches Gespräch zeigt. Für Frauen dieser Zeit war so etwas tabu, selbst unter Freundinnen. Schließlich endet es mit einem großen Lachen, was wunderbar ist. Ich bin froh, dass das Thema überhaupt angerissen wurde, auch wenn man sicher noch mehr hätte daraus machen können. Aber wie gesagt: Es gibt eben so viele Figuren, deren Geschichten erzählt werden wollen.
Und bei Ihnen, Penelope - Isobel Crawley hat in Lord Merton ihre Liebe gefunden, allerdings eher still und reif. Wie empfinden Sie dieses Gleichgewicht zwischen sozialem Engagement und persönlicher Zuneigung, gerade nach all den persönlichen Verlusten Ihrer Figur?
Penelope Wilton: Es kam ziemlich unerwartet, wie wir sagen. Aber auch Lord Merton brauchte Rettung - und er fand sie. Er akzeptierte Isobel so, wie sie war: keine Aristokratin, mit klaren eigenen Ansichten, engagiert in der Gemeinschaft. All das hat er geschätzt. Und sie wiederum seine Ruhe und sein Mitgefühl. Und die Begleitung. Je älter man wird, desto wichtiger ist ein Gefährte - nicht nur ein romantisches Band, sondern jemand, der an deiner Seite steht. Isobel hatte nach dem Tod ihres Sohnes niemanden mehr für sich allein. Natürlich gibt es ihren Enkel George, den sie liebt, aber er ist noch ein Kind. Deshalb war Lord Merton für sie so bedeutsam.
Die Zuschauer haben besonders das Hin und Her zwischen Lady Isobel und Lady Violet geliebt, mit all ihren kleinen Sticheleien. Wie haben Sie und Maggie Smith diese Freundschaft entwickelt?
Wilton: Nun, wir begannen als Mrs. Crawley und Lady Violet Grantham. Zuerst waren wir quasi Feindinnen. Sie wollte mich nicht akzeptieren, weil ich nicht akzeptabel war. Ich gehörte nicht zum Adel. Ich war ein Parvenu, ein Emporkömmling in dieser Welt. Und außerdem war ich bürgerlich. Doch dann wuchs gegenseitiger Respekt, weil ich mich von ihr nicht einschüchtern ließ. Ich glaube, das wusste sie zu schätzen, denn die meisten gaben Lady Grantham nach. Aber da war jemand, der ihr Paroli bot. So fing es an. Und als mein Sohn starb, veränderte sich natürlich alles, weil sich daraus eine viel verständnisvollere Beziehung entwickelte. Wir wurden einander sehr zugetan. Gleichzeitig blieb aber die scharfe Kante: Wenn wir nicht einer Meinung waren, dann eben nicht. Wir haben uns auf Unterschiede eingelassen.
Aber als Menschen - ich als Penelope, Violet als Maggie - verstanden wir uns sehr gut. Wir hatten schon vor "Downton" zusammengearbeitet, wir mochten die Gesellschaft der jeweils anderen, und da wir beide aus dem Theater kamen, hatten wir viel gemeinsam. Wir verstanden uns also großartig, und ich habe ihre Gesellschaft sehr genossen.
Gibt es eine bestimmte Szene oder Erinnerung vom "Downton Abbey"-Set, die Ihnen besonders am Herzen liegt?
James-Collier: Für mich stammt sie aus der Serie: Der Tanz mit Maggie Smith. Eine dieser Szenen war ein absoluter Höhepunkt für mich, wirklich ein riesiges Highlight.
Froushan: Für mich war es der Auftritt mit meinem Lied im Film. Ein völlig verrückter Tag. Da zu stehen und all die großen Namen des britischen Schauspiels vor sich zu haben - das war unglaublich. Und dann noch Dom, der am Ende auf die Bühne springt und mitsingt. Das war sehr besonders.
James-Collier: Arty hat sogar extra Klavierspielen für die Rolle gelernt. Das muss man erwähnen. Wirklich etwas Besonderes.
West: Hast du? Nein, hast du nicht.
James-Collier: (lacht) Dom ist außer sich: "Wie kannst du es wagen, so talentiert und so jung zu sein?" (alle lachen) Ja, er hat es wirklich gelernt. Und wenn man ihn dann spielen sieht, denkt man: wow, alle Achtung.
West: Ich liebe diese Szene! Ich habe es auch geliebt, in einer Szene selbst auf der Bühne zu stehen. Und mein lustiger Satz: "Mein Gott, was für eine Melodie! Mein Gott!" Den werde ich hoffentlich noch oft wiederholen. Und ich hatte schon beim letzten Film ein ähnliches Erlebnis mit Maggie Smith: Ich saß drei Tage lang neben ihr am berühmten Tisch. Unvergesslich. Ich hatte großes Glück, diese Zeit mit ihr zu haben.
Nicol: Immer wenn wir alle zusammen waren, das war wunderbar. Vor allem aber die Opernsängerin Kiri Te Kanawa! Sie kam und spielte Dame Nellie Melba und sang für uns - morgens um 10 Uhr! Sie hatte sich noch nicht einmal einsingen können.
Nicol: Sie sang in der großen Halle des Schlosses, die Akustik war außergewöhnlich. Alle waren einfach sprachlos. Und eigentlich war sie schon im Ruhestand, aber sie sang für uns. Es war wundervoll. Und sie hatte selbst großen Spaß daran. Danach legte sie sich einen Hund zu und nannte ihn Abbey.
"Downton Abbey: Das große Finale" ist der letzte Film der Reihe. Hoffen Sie auf ein Comeback oder Spin-off in der Zukunft?
(Froushan verzieht das Gesicht und schüttelt lachend den Kopf)
James-Collier: Ja. Ich habe vier Kinder - für mich also unbedingt, ja. (lacht)
Froushan: "Guy und Thomas gehen steil"!
James-Collier: (lacht) Guy und Thomas in L.A., am Muscle Beach. Stellt die Szene nach: "Hochreck, Barren - "Das ist alles deins, Guy, los, drück es weg!" (alle lachen)
Mit dem "Downton Abbey"-Cast sprach Linn Penkert
"Downton Abbey: Das große Finale" läuft derzeit in den deutschen Kinos.
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