Journalistin und Moderatorin Linda Zervakis wirft Kulturstaatsminister Wolfram Weimer (parteilos) vor, in der Debatte um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk provozieren zu wollen. Zervakis bezog sich konkret auf das Wort „Zwangsgebühr“.
Wer dieses Wort wähle, wolle provozieren, sagte sie der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Wörtlich sagte Zervakis, die für ProSieben arbeitet und einen Podcast im ARD-Hauptstadtstudio macht: „Wer das Wort ,Zwangsgebühr‘ wählt, will provozieren. Das ist legitim, ich weiß nur nicht, ob es zur Rolle eines Kulturstaatsministers passt.“
Grundsätzlich könne und solle man über die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks diskutieren. „Aber bitte auf der Grundlage von Fakten, nicht mit Reizvokabeln“, sagte Zervakis.
Mehr „Joko und Klaas“ wagen bei den Öffentlich-Rechtlichen?
In Sachen Publikumsansprache empfahl die von der „Tagesschau“ zu ProSieben gewechselte Journalistin ARD und ZDF mehr Mut: „Joko, Klaas und Heidi Klum wissen, wie man Menschen unterhält – und das ist nichts, wofür sich die Öffentlich-Rechtlichen zu schade sein sollten. Das duale Rundfunksystem ist eine große Errungenschaft. Im besten Fall ergänzen sich der private und der öffentlich-rechtliche Rundfunk“, so Zervakis.
„Was wir gerade bei Joko und Klaas immer wieder sehen ist, dass Haltung und Leichtigkeit sich nicht unbedingt ausschließen müssen. Wenn es Joko und Klaas gelingt, Menschen zum Nachdenken zu bringen, die eigentlich nur kurz abschalten wollten, dann machen die beiden etwas richtig. Davon darf man sich gern inspirieren lassen“, sagte sie im Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ weiter.
Befragt wurde die zweifache Mutter auch zur Wehrpflicht-Debatte. Daraufhin gestand sie ambivalente Gefühle: „Der Gedanke, dass mein Sohn eines Tages mit der Waffe in der Hand unser Land verteidigen müsste, ist für mich schwer zu ertragen. Aber ich denke auch: Was passiert, wenn bei uns Krieg ausbricht? Wer schützt uns, wenn niemand mehr bereit ist, Verantwortung zu übernehmen? Die Diskussion über eine Wehrpflicht, ob sie nun freiwillig heißt oder nicht, ist in der aktuellen Lage unausweichlich.“
Zervakis: In den Schulen werden die Schwächsten aktuell noch mehr benachteiligt
Thema des Interviews war auch der Zustand der deutschen Schulen. Hier sieht Zervakis, Tochter griechischer Einwanderer, eine Entwicklung zum Schlechten, die allerdings nur die Schwächsten betreffe: „Meine Einschätzung ist, dass die Schulbildung in Deutschland in den letzten Jahrzehnten nicht grundsätzlich einen Qualitätsverlust erlitten hat, sondern leider, dass die sozial ohnehin schwächeren Gegenden leiden“, sagte Zervakis.
Und weiter: „Nicht zuletzt, weil sie mit der Integration noch nicht oder schlecht Deutsch sprechender Schülerinnen und Schüler schwer hinterherkommen: An sogenannten Brennpunktschulen unterrichtete Kinder sind es, die heute nach meiner Einschätzung tatsächlich eine deutlich schlechtere Schulbildung genießen, als Kinder meiner Generation sie in der Regel genossen haben.“
Am Montag greift Zervakis das Thema Schule auch in der aktuellen Ausgabe ihrer Sendung auf ProSieben auf. Für „Linda Zervakis. Dumm, dümmer Deutschland? Raus aus der Bildungskrise!“ reiste die Journalistin unter anderem zum Pisa-Studien-Primus nach Singapur, wo es laut Programmwerbung „nicht ungewöhnlich ist, 4000 Euro im Monat für Nachhilfe der Kinder auszugeben“. In Estland traf Zervakis einen aus Deutschland ausgewanderten Lehrer, in Deutschland besuchte sie zwei sogenannte „Brennpunktschulen“: einmal die neu konzeptionierte Rütli-Schule in Berlin sowie die Alemannenschule in Baden-Württemberg.
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