Es sollte sein letzter Fall werden: Zwei Monate nach Drehschluss starb Schauspieler und Hip-Hop-Artist Pablo Grant, seit 2020 beim Magdeburger "Polizeiruf 110". So wird "Widerfahrnis" ein in allen Belangen stiller, tieftrauriger Abschied.

Was passiert?

So kann man sich irren: Doreen Brasch (Claudia Michelsen) wird zu einem vermeintlich tödlichen Verkehrsunfall mit Fahrerflucht gerufen. Doch die Frau, die dort blutüberströmt im Grünstreifen liegt, ist noch gar nicht tot. Damit nimmt das Rätsel seinen Lauf. Sarah (Mareike Sedl), so heißt das Unfallopfer, viel mehr weiß ihre Mitbewohnerin Berna (Rona Özkan) nicht über sie zu erzählen. Berna hatte die weinende Frau auf der Straße angesprochen, ihr ein Zimmer in ihrer Wohnung angeboten, in der sie mit ihrer kleinen Tochter Aylin (Soraya Maria Efe) lebt.

Doch für Brasch fängt der Fall damit erst an. Wer ist die Unbekannte? Was hat sie nachts an der Straße gewollt? Und vor allem: War das Ganze wirklich ein Unfall oder steckt mehr dahinter? Während ihr Chef, der etwas kurzluntige Uwe Lemp (Felix Vörtler), fehlendes Personal und Budgetprobleme plagen, vertieft sich Doreen Brasch immer weiter in die Suche nach der wahren Identität jener Frau, die auf der Intensivstation um ihr Leben kämpft. Eine Schlüsselrolle fällt Sexworkerin Dorota (Iza Kala) zu.

Worum geht's wirklich?

"Für die nötige Krimi-Spannung war es uns wichtig, dass das Publikum die letzten Tage in Sarahs Leben gemeinsam mit Kommissarin Brasch ergründen kann, die sich Sarahs Vergangenheit nach und nach über Zeug*innen, Videoaufnahmen und Handydaten erschließen muss", so Lucas Thiem ("Ein Fall für Conti"), der zusammen mit Zora Holtfreter ("Unter anderen Umständen") das Drehbuch verfasst hat. Schnell wird klar, dass Sarah wohl einen schweren Schicksalsschlag erlitten hat, die Aufklärung jedoch erweist sich als kompliziert.

Wegzapp-Moment?

Da gilt es wohl, sich zügig zu entscheiden. Wer Action und Tempo erwartet, wird enttäuscht. Das von Empathie, Tragik und Trauer geprägte Geschehen entwickelt sich langsam, gaaaanz langsam. Was die Besetzung angeht, ist "Widerfahrnis" zudem ein ganz besonderer Fall, ist es doch die letzte Filmarbeit von Schauspieler Pablo Grant, der am 6. Februar 2024 im Alter von 26 Jahren an den Folgen einer Thrombose verstorben war. In der Rolle des Kriminalobermeisters Günther Márquez gehörte Grant, als Dead Dawg auch stilprägendes Mitglied der Berliner Hip-Hop-Crew BHZ, seit 2020 zum Magdeburger Team, das sich mit einem leisen "Danke, Pablo!" im Abspann von ihm verabschiedet.

Wow-Faktor?

Wer Braschs Empathie mitfühlt - und sich von Pablo Grant verabschieden möchte - für den wird "Widerfahrnis" womöglich überdurchschnittliche Anziehungskraft ausüben. Beeindruckend ist unbestritten das Spiel Mareike Sedls, die die Rolle der Sarah mit großer Hingabe und Emotion spielt.

Wie war's?

6 von 10 Punkten - ein sehr atmosphärischer Fall, der mit seinem tiefenentspannten Erzähltempo zuweilen die Geduld strapaziert.

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