Es ging alles ganz schnell, wie bei allem im Internet. Nur Stunden, nachdem Donald Trump unmittelbar nach seiner erneuten Amtseinführung im Januar mit einem dicken schwarzen Filzstift seine Unterschrift unter eine ganze Stange Dekrete kratzte, tauchten in den sozialen Netzwerken die ersten Memes von der bizarren Show im Weißen Haus auf. Einer der meistverbreiteten Clips nahm sich die Szene von Trumps Unterzeichnung der „Order 14176“ über die Freigabe von Dokumenten zum Attentat auf John F. Kennedy vor.

Die Erschaffer des Memes veränderten die Stimme des neben Trump stehenden Helfers mittels KI, sodass dieser in dem Clip auf Englisch die fiktive Ankündigung macht: „Und zu guter Letzt, Sir, haben wir eine Verfügung, die Rockstar Games dazu verpflichtet, GTA VI im Jahr 2025 zu veröffentlichen und bis Ende nächste Woche einen zweiten Trailer zu veröffentlichen.“ Die echte und originale Reaktion Trumps auf die fiktive Order ist ein in das Rund des Oval Office gerauntes „It’s a big one, huh?!“, ehe er unter dem Kratzen seines Filzstifts hinzufügt: „Jede Menge Leute warten darauf seit Jahren. Seit Jahrzehnten!“

Die ironische Überschneidung eines anstehenden Spiele-Release mit den Generalverfügungen eines extrem polarisierenden Politikers mag albern sein – einen wahren Kern hat sie dennoch. Mit mittlerweile 210 Millionen verkauften Exemplaren ist „Grand Theft Auto“ (GTA) nach Minecraft das meistverkaufte Videospiel aller Zeiten. Der aktuelle Teil GTA V erschien vor mittlerweile 12 Jahren, zunächst nur auf der damals aktuellen Playstation 3 und Xbox 360, knapp eineinhalb Jahre später schließlich auch für den PC.

Vor allem das in den letzten zehn Jahren aufkommende Geschäftsmodell des „Game as a service“ (GaaS) sorgte für anhaltende Absatzzahlen bei GTA V. Entwickler Rockstar Games versorgte die Spieler kontinuierlich mit neuen Inhalten und Funktionen, fing irgendwann an, den Multiplayer-Modus von „GTA V“ als separaten Titel namens „GTA Online“ zu verkaufen und brachte mit „GTA+“ gar ein eigenes Abo-Modell heraus.

Zurück in Vice City

Dementsprechend groß war der Aufruhr in den einschlägigen Foren und YouTube-Kanälen letzte Woche, als Rockstar Games die Verschiebung von GTA VI um sechs Monate auf Mai 2026 bekannt gab – und damit in der Meme-Logik gegen die Trump’sche Executive Order verstieß.

Auf seiner Website drückte der Entwickler sein Bedauern für den verspäteten Release aus. „Das Interesse und die Aufregung um ein neues Grand Theft Auto hat unser gesamtes Team sehr beeindruckt“, so Rockstar Games. Die Ankündigung ließ am Folgetag kurzerhand den Aktienkurs von Publisher TakeTwo Interactive zeitweise nach unten rauschen, hat das neue Release-Datum im Mai doch nun zur Folge, dass sich die Verkaufserlöse nicht mehr im Geschäftsjahr 2026 realisieren lassen.

Möglicherweise war die Beruhigung der Community und der Anleger auch ein Grund, weshalb Rockstar nun aus heiterem Himmel einen weiteren Trailer zu GTA VI. veröffentlichte. Bis dato gründeten die Erwartungen von Millionen von Spielern auf einem einzigen Trailer, der bei Erscheinen im Dezember 2023 innerhalb eines Tages 90 Millionen Mal geklickt wurde.

Die Handlung von GTA VI kehrt in das fiktive Vice City zurück, das bereits im gleichnamigen „GTA Vice City“ von 2002 als Kulisse diente und eine Blaupause von Miami darstellt. Die Eingangsszene des neuen Trailers erinnert stark an den Beginn von Quentin Tarantinos Blockbuster „Once upon a time in Hollywood“. Der Protagonist Jason Duval gleicht in seiner Wortkargheit und Unverführbarkeit durch allerlei weibliche Reize, mit seinem durchtrainierten Körper und seinen DIY-Fähigkeiten dem von Brad Pitt verkörperten, abgehalfterten Stuntman Cliff Booth.

Im neuen Trailer folgt der Zuschauer dem Helden Jason auf dem Beifahrersitz seines Wagens in den Frauenknast, wo er seine frisch entlassene Freundin und ebenfalls spielbare Lucia abholt. Was folgt, ist eine schnell zusammengeschnittene Neuinterpretation der Bonnie-und-Clyde-Saga mit Einbrüchen, Überfällen, Verfolgungsjagden und jeder Menge angedeutetem Sex. Stilistisch wagt der Trailer einen Spagat zwischen Gegenwart und einer nostalgischen Mischung aus Neonlichtern, schimmerndem Silber und dem 80er-Jahre Disco-Klängen von den Pointer Sisters.

Charakteristisch für GTA ist die Schulterperspektive, in der man seinen Charakter durch die Spielwelt steuert, nach Belieben entweder frei und ohne konkretes Ziel oder in Missionen, in denen es meist um den titelstiftenden Diebstahl von Autos geht, aber auch um Einbrüche, Überfälle, Raub, Mord und Totschlag. Ähnlich wie die Tarantino-Filme wirken die Gewalt-Exzesse in den GTA-Spielen oft überzeichnet, haben etwas comichaftes, was durch die ikonografischen, knallig-dicken Sans-Serif-Schriften noch deutlicher wird.

Das Trump-Problem

Dazu ist die Serie von zahlreichen Hip-Hop-Bezügen geprägt. So nahm etwa der US-Rapper „The Game“ in seinen Songs gleich mehrfach direkten Bezug auf das 2005 erschienene „GTA: San Andreas“, bei Kendrick Lamar klingt das Leben auf der Straße sehr nach einer typischen GTA-Mission und der deutsche Capital Bra rappt in seinem Hit „Benzema“ von einem „Drive-by wie bei GTA“. Umgekehrt haben die Entwickler von Rockstar Games in der Vergangenheit bereits berühmte Rapper wie Dr. Dre als Sprecher eines fiktiven Radio-Senders ins Spiel integriert.

Ein Problem für Rockstar könnte indes ein weiteres Merkmal der Reihe werden, nämlich ihr beißender Zynismus in Bezug auf die US-amerikanische Gegenwart. Diesbezüglich drückte Dan Houser, Mitbegründer von Rockstar Games, 2018 in einem Interview seine Erleichterung darüber aus, dass GTA VI nicht während der Präsidentschaft von Donald Trump erscheinen würde. Damals betonte er die Schwierigkeit, in einem politischen Klima, das von extremen Positionen auf beiden Seiten geprägt ist, satirische Inhalte zu erstellen.

Dass GTA VI sieben Jahre später noch immer nicht veröffentlicht und Trump wieder Präsident ist, konnte Houser da nicht vorhersehen. Insofern birgt das Trump-Meme mit seiner ironisch gemeinten Verknüpfung zwischen dem GTA-Release und dem alten-neuen US-Präsidenten eine tiefere Wahrheit, die wohl nicht mal dem Schöpfer bewusst war.

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt beim ursprünglichen Autor. Die erneute Veröffentlichung dieses Artikels dient ausschließlich der Informationsverbreitung und stellt keine Anlageberatung dar. Bei Verstößen kontaktieren Sie uns bitte umgehend. Wir werden bei Bedarf Korrekturen oder Löschungen vornehmen. Vielen Dank.