Das Schlüsselwort bei der Vorstellung von Berlins neuer Kultursenatorin im Roten Rathaus zu Beginn dieser Woche lautete „Vertrauen“. „Es geht jetzt darum“, betonte der Regierende Bürgermeister Kai Wegner, „jemanden zu haben, der die Probleme und Herausforderungen kennt und, ich betone noch mal, der das Vertrauen genießt.“ Da sei Sarah Wedl-Wilson genau die richtige.

Die 1969 in Watford geborene bisherige Staatssekretärin wird Nachfolgerin von Joe Chialo. Der CDU-Politiker war als Kandidat für das Amt des Kulturstaatsministers unter Friedrich Merz gehandelt worden. Der entschied sich stattdessen für den Publizisten und Verleger Wolfram Weimer, kurz darauf nahm Chialo seinen Senatorenhut.

Sprunghaftigkeit und Geldzwänge

Die Betonung des Vertrauens durch Wegner deutet darauf hin, dass es genau um dieses zwischen ihm und dem abgedankten Chialo einerseits sowie zwischen diesem und der Kulturszene der Hauptstadt andererseits zuletzt nicht zum Besten gestanden hat. Das hatte mit Chialos sprunghafter Art, aber vor allem mit Geldzwängen zu tun – die Kürzungen im Kulturetat von 130 Millionen Euro seien von ihm nicht früh und energisch genug bekämpft worden, so die verbreitete Kritik. Sarah Wedl-Wilson war als Staatssekretärin für Kultur aber schon seit 2023 mit in der Verantwortung – ihre Berufung wurde Chialo damals als Coup angerechnet. Zuletzt verhandelte sie direkt mit Wegner, sie kennt sich aus.

2026/2027, so die Senatorin, werde alles noch schwieriger, weil dann die Rücklagen der Institutionen fehlen, um Einsparungen abzufedern. Joe Chialo hatte seinen plötzlichen Amtsverzicht damit erklärt, dass er noch mehr Sparerei nicht mittragen könne, weil dann Kultureinrichtungen von bundesweiter Bedeutung schließen müssten – also Theater oder Opern, von denen jeder schon mal gehört hat. Das wäre eine PR-Katastrophe für die Hauptstadt und letztlich auch für Deutschland als Kulturnation. Diese Blamage wollen Wedel-Wilson und Wegner unbedingt verhindern. Es sei das ganz klare Ziel, so Wegner, dass keine Einrichtung schließen müsse.

Kommendes Jahr sind Abgeordnetenhauswahlen in Berlin, und als Insolvenzverwalter der Hauptstadtkultur möchte Kai Wegner offensichtlich auf keinen Fall in die Geschichte der Stadt eingehen. Seine neue Kultursenatorin muss Berlins demoralisierter Kulturszene wieder Vertrauen einflößen und sie über Unvermeidliches hinwegtrösten.

Die gebürtige Britin mit österreichischem Pass ist in keiner Partei verwurzelt, hat dafür seit 1991 Erfahrung mit dem Management von Kulturinstitutionen. Die studierte Violinistin und Sprachwissenschaftlerin war unter anderem Vizerektorin der Universität Mozarteum Salzburg und Rektorin der Berliner Musikhochschule Hanns Eisler.

„Wie kann ich, was ich jetzt mache, weiterhin machen, aber mit begrenzteren Mitteln?“ So beschrieb die neue Kultursenatorin im Interview mit „Deutschlandfunk Kultur“, was sich die Berliner Institutionen nun selbst fragen sollten. Sie möchte eine „Kulturagenda“ für Berlin entwickeln, die langfristiger, über eine Legislaturperiode hinaus plane. Statt nur zu sparen, sollen auch die Einnahmen erhöht werden, etwa durch Kooperation. Fest steht: Es werden herausfordernde Jahre für Sarah Wedl-Wilson. Und existenzielle für die Hauptstadtkultur.

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