Allmählich wird es ernst für Abor & Tynna. Wenige Tage, bevor das Duo Deutschland mit "Baller" beim Eurovision Song Contest (ESC) vertritt, spricht Abor mit ntv.de über die Eurovisions-Erfahrung, die Zusammenarbeit mit Stefan Raab und die Chancen auf den Sieg.

ntv.de: Ihr seid ja nun schon eine ganze Weile in Basel. Wie ist denn eure bisherige Eurovisions-Erfahrung?

Abor: Super. Basel ist eine sehr schöne Stadt. Die Venue und die Organisation sind toll. Und wir sind echt erstaunt, wie durchgetaktet hier alles funktioniert.

Auftritte in Amsterdam, Zürich oder sogar mit einem Orchester bei "Pop meets Classic" in Braunschweig - nach eurem Sieg im ESC-Vorentscheid war bei euch ja bereits jede Menge los. Ist das schon in Stress ausgeartet oder konntet ihr es genießen?

Wir hatten die letzten zwei Monate definitiv einen vollen Kalender. Ja, es war auch sehr stressig, aber wir hatten ab und zu schon immer noch Zeit, auch wieder runterzukommen und es zu genießen. Jetzt in dieser Woche, direkt vor dem ESC-Finale, wird allerdings wahrscheinlich echt nur noch durchgeballert.

Jetzt seid ihr nicht nur Geschwister, sondern verbringt wegen der Musik erst recht besonders viel Zeit miteinander. Ist das immer harmonisch oder streitet ihr euch auch mal?

Es ist bei uns nicht anders als bei anderen Geschwistern wahrscheinlich auch. Ab und zu zankt man sich natürlich, allerdings nicht bei oder wegen der Musik. Dabei sind wir uns meistens einig, wir haben auch einen ähnlichen Musikgeschmack. Und außerhalb der Musik? Wir haben uns zum Beispiel eine Zeit lang ein Hotelzimmer geteilt. Ich gehe aber meist früher schlafen als meine Schwester, und wenn sie dann etwa das Licht andreht, weil sie noch wach ist, ist das halt ein bisschen umständlich. Solche Kleinigkeiten eben, "Geschwistersachen". (lacht)

Drei Wochen vor dem ESC-Finale habt ihr in einem Interview erklärt, ihr wäret nicht nervös, sondern würdet euch vor allem auf den Auftritt freuen. Wie ist das jetzt, da es nur noch ein paar Tage sind - überwiegt die Freude immer noch die Aufregung?

Ganz eindeutig ja! Auch, weil unsere bisherigen Proben super gelaufen sind. Das hat uns ein richtig gutes Gefühl für diese ESC-Woche gegeben. Unsere Freude ist immer noch größer als unsere Nervosität - und ich hoffe, das hält sich auch bis zum Auftritt.

Zuletzt gab es Sorge um Tynnas Stimme wegen einer Kehlkopfentzündung. Wie ist da der Stand - ist sie wieder fit?

Ja, Tynna ist komplett fit und gesund. Sie hat wegen der Kehlkopfentzündung ein, zwei Wochen lang nicht geredet. Sie hat ihrer Stimme komplette Ruhe gegönnt, nur Pantomime gemacht und ein Antibiotikum genommen.

Für den ESC gesucht und gefunden hat euch Stefan Raab. Er hätte gern, dass ihr in Lena Meyer-Landruts Fußstapfen tretet, mit der er 2010 den ESC gewonnen hat. Da wart ihr neun beziehungsweise elf Jahre alt. Habt ihr das damals schon mitbekommen oder ist euer ESC-Interesse erst später erwacht?

Wir haben das damals nicht direkt mitbekommen. Wir haben "Satellite" im Radio gehört und eigentlich habe ich immer gedacht, es sei irgendein internationaler Song aus Amerika oder England. Ich wusste nicht, dass das die deutsche ESC-Gewinnerin war. So richtig haben wir beide den ESC das erste Mal bei Loreen mit "Euphoria" mitbekommen (2012, Anm.d.Red.).

Wie läuft seit dem Vorentscheid eure Zusammenarbeit mit Raab?

Die Zusammenarbeit ist sehr lässig, wir brainstormen und treffen zusammen kreative Entscheidungen. Wir tauschen uns aus über die neuesten Ereignisse, er steht uns mit seiner ESC-Erfahrung zur Seite und glaubt fest daran, dass wir dieses Jahr den Sieg holen können. Sehr motivierend!

In einem Instagram-Post hat Tynna mit ernster Miene deutsche Fans imitiert, wenn sie "Baller" hören würden, während Menschen aus anderen Ländern wesentlich stärker dazu abgingen. Fühlt ihr euch von dem Land, das ihr repräsentiert, zu wenig unterstützt?

Nein, absolut nicht! Das war einfach nur eine humorvolle Reaktion auf manche Kommentare auf Instagram. Wir fühlen uns sehr wohl unterstützt. Dass die Menschen im eigenen Land, in dem sie uns als Repräsentanten für sich sehen, auch eine starke Meinung zu uns haben, ist selbstverständlich. Ich glaube, das ist in anderen Ländern ähnlich. Mit dem eigenen Act ist man immer kritischer als mit den Acts aus den anderen Ländern. Das ist beim ESC einfach so.

Ihr stammt aus Österreich, habt aber Wurzeln in Rumänien und Ungarn. Beide Länder nehmen seit einiger Zeit nicht am ESC teil. Eigentlich schade, oder?

Ja, das ist schade. Ich finde, jedes europäische Land sollte verpflichtend teilnehmen müssen. (lacht)

Dafür sind neben Deutschland noch 36 andere Länder in Basel mit von der Partie. Wie beurteilt ihr die anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer, habt ihr persönliche Favoriten?

Es sind alle sehr, sehr stark. Unsere Favoriten sind JJ aus Österreich und Klavdia aus Griechenland. Ich mag auch noch Großbritannien mit "What The Hell Just Happened?" von Remember Monday sehr.

Du hast JJ, der für Österreich mit "Wasted Love" ins Rennen geht, erwähnt. Er wird tatsächlich weit vorne gehandelt. Empfindet ihr da keine besondere Konkurrenz?

Konkurrenz ist so ein starkes Wort. Hier vor Ort spürt man diese Konkurrenz eigentlich gar nicht. Hier geht es wirklich darum, dass jeder sein Maximum bei der Performance gibt. Am Ende liegt es in der Hand der Leute und der Jurys zu entscheiden, wer mehr Punkte kriegt und wer weniger. Vielleicht haben wir dieses Konkurrenzgefühl auch nicht, da wir uns bereits so gut kennen. JJ hat für uns echt Topchancen, vielleicht sogar auf den ersten Platz.

Es heißt, euer Auftritt werde um einiges anders ausfallen als die Performance im Finale des Vorentscheids. Könnt ihr dazu etwas verraten?

Ich glaube, nach den Proben kann man mittlerweile schon einiges in gewissen Blogs nachlesen. Mehr möchten wir dazu selbst jetzt auch nicht verraten.

Wird wie im Vorentscheid-Finale wieder ein Cello zu Bruch gehen?

Lasst euch überraschen.

Es sei ein "sehr billiges Cello" gewesen, habt ihr alle Trauernden um das Instrument beschwichtigt. Was heißt denn "sehr billig"?

Das heißt, dass es nur ein Bühnenprop war, also eigentlich gar kein echtes Cello, auf dem man auch spielen könnte - oder zumindest nur sehr schlecht. Wahrscheinlich war das 100 oder 200 Euro wert.

Also war auch euer Vater versöhnt? Er ist ja Cellist bei den Wiener Philharmonikern …

Ja, für unseren Papa war alles okay. Er wurde auch vorgewarnt. Gar kein Problem also - er versteht auch, dass das eine Show ist.

Der ESC vergangenes Jahr war sehr politisch aufgeladen und hat etwa mit der Disqualifikation der Niederlande zu einem Eklat geführt. Befürchtet ihr, dass dieses Jahr etwas Ähnliches passieren könnte?

Nein. Wir haben bisher jedenfalls nichts in dieser Art mitbekommen. Es gibt keine Regelverstöße. Ich glaube, alle Teilnehmer sind sehr, sehr liebe und nette Menschen. Und wir denken oder hoffen zumindest, dass so etwas in diesem Jahr nicht wieder passiert. Beim ESC geht es um Zusammenhalt, Liebe und Harmonie. Wir hoffen und setzen darauf, dass es dieses Jahr auch so bleibt.

"83 Prozent" habt ihr vor einigen Wochen auf die Frage geantwortet, wie ihr eure Gewinnchancen einschätzen würdet. Sind es inzwischen vielleicht sogar schon 84 Prozent oder mehr?

Nein, es bleibt bei 83 Prozent.

Mal im Ernst: Raab hat zwar den ESC-Gewinn zu seinem Maßstab erklärt. Aber wie sieht es mit euch aus - wo müsstet ihr landen, um persönlich nicht enttäuscht zu sein?

Puh ... Um persönlich nicht enttäuscht zu sein: Top fünf. Aber wir bemühen uns trotzdem um den ersten Platz.

Ganz egal, wie es für euch am Ende ausgeht: Ihr habt mit "Bittersüß" nicht nur vor kurzem euer Debütalbum veröffentlicht, auch die Tour durch Deutschland, Österreich und die Schweiz im Herbst steht bereits. Der ESC entscheidet also nicht über eure musikalische Zukunft …

Ich würde sagen, er entscheidet in gewissem Maße über die Größe unserer musikalischen Zukunft, da es ja schon noch mal etwas ganz anderes ist, wenn man den ersten Platz holt. Aber wir denken, dass wir so oder so Musik machen werden, egal ob es der erste oder letzte Platz wird. Am Freitag kommt jetzt erstmal eine Deluxe-Version von "Bittersüß" mit ein paar zusätzlichen Songs raus. Und natürlich freuen wir uns auch schon mega auf die Tour.

Mit Abor von Abor & Tynna sprach Volker Probst

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt beim ursprünglichen Autor. Die erneute Veröffentlichung dieses Artikels dient ausschließlich der Informationsverbreitung und stellt keine Anlageberatung dar. Bei Verstößen kontaktieren Sie uns bitte umgehend. Wir werden bei Bedarf Korrekturen oder Löschungen vornehmen. Vielen Dank.