Eine im altmeisterlichen Stil gemalte amerikanische Flagge, flankiert von drei finster dreinblickenden Adlern. Davor, riesengroß und mittig, Donald Trump, ebenfalls mit Adlerblick. Darunter die Bildunterschrift: „Amerika feiert den Tag der Befreiung!“ Gemeint ist nicht der Mai 1945, sondern der Beginn des beispiellosen Zollkriegs gegen den Rest der Welt Anfang April.

Das Adler-Zoll-Meme findet sich ganz oben angepinnt auf dem offiziellen Instagram-Account des Weißen Hauses. Der ist weniger Informationskanal denn größenwahnsinniges Spektakel – ein visuelles Dauerfeuer aus Pathos, Pose und Photoshop. Wer sich durch die Posts scrollt, erblickt nicht das wohlmeinende Herz der westlichen Demokratie, sondern einen perfiden Hallraum aus religiösem Kitsch und Meme-Kultur wie aus den dunkelsten Ecken des Netzes, von Reddit und 4Chan. Trumps Weißes Haus hat sich die Logik der sozialen Medien nicht nur zu eigen gemacht; es hat sie zur höchsten Form von Staatlichkeit erklärt. Wo Institution war, soll nur noch Feed sein, wo Verfassung, Filtergalerie.

Von der Würde des Amts keine Spur. Jeder Bildausschnitt, jeder Farbton schreit. Dabei wird es im Laufe der Zeit immer extremer: Neuerdings macht es der Präsident nicht mehr unter Ikone, Märtyrer, Imperator. Während die Welt noch um Franziskus trauert, posiert er in päpstlichem Ornat auf goldenem Thron – ein Pontifex populismus. Ein paar Posts weiter erscheint Trump, muskulös, ein Laserschwert in der Faust, als Jedi-Krieger, bereit zum Kampf gegen seine Feinde, wie der Text klarstellt: „Alles Gute zum 4. Mai an alle“, heißt es da, „auch an die linksradikalen Verrückten, die so hart dafür kämpfen, Sith-Lords, Mörder, Drogenbarone, gefährliche Gefangene und bekannte MS-13-Bandenmitglieder zurück in unsere Galaxis zu bringen. Ihr seid nicht die Rebellion – ihr seid das Imperium.“

Dummerweise ist Trumps Laserschwert rot, was ihn gemäß „Star Wars“-Folklore selbst als bösen, imperialen Sith-Lord ausweist. Aber auch das mag von seinen nihilistischen Spin Doctors eingepreist sein. Ein andermal steht er streng vor einer Reihe gesichtsloser Migranten, die in ein Flugzeug steigen. Dazu der Slogan: „142.000+ deportierte Fremde vs. 1 Präsidenten Trump“ – eine geschmacklose Variation eines albernen Memes, das zurzeit kursiert und fragt, wie viele Männer nötig wären, um es mit einem Gorilla aufzunehmen.

Die Bildpolitik mag nach Spielerei aussehen. Dabei ist es kalkulierte Propaganda, auch im klassischen Sinne: Sie schafft nicht bloß Zustimmung, sondern Wirklichkeit. Trump posiert nicht als Präsident, sondern als mythischer Held: unfehlbar, übermenschlich, gottgesandt.

Die Logik dahinter ist auf der dialektischen Höhe der Zeit: je greller die Pose, desto unantastbarer die Figur. Je unernster das Bild, desto wirkungsvoller das Pathos. Erfolgreiche Politik definiert sich nicht mehr über die Umsetzung eines Programms, sondern über das Generieren von Aufmerksamkeit. Trump will überall Grenzen hochziehen – eine reißt er ein: die zwischen Regierungskommunikation und Shitposting.

Trump wirkt auch so unangreifbar, weil er – und seine Fans, die den Quatsch zehntausendfach liken – entweder kein Gespür für die Lächerlichkeit der Bilder haben oder es ihnen egal ist. Man erinnere sich an Xi Jinping, der mit Gefängnis drohte, wenn ihn noch einer mit Pu dem Bären vergliche. Lieber wollte er sich als „Wolf Warrior“ der Diplomatie verherrlicht sehen. Dagegen steckt in Trumps Laserschwert-Ikonografie auch Selbstpersiflage in einer unauflösbaren Mischung aus freiwillig und unfreiwillig. Trumps Ästhetik ist in Susan Sontags Sinne camp – die Geschmacksverfehlung als Attraktion.

Im Vergleich mit der Biden-Ära bedeutet das sowohl einen Stilbruch wie eine unterschwellige Kontinuität. Auch damals kommunizierte das Weiße Haus per Instagram. Die vorherrschende Stimmung war allerdings Milde, Bürgerlichkeit, Fürsorge. Der sonnenbebrillte Opa Joe klopfte halb Amerika auf die Schulter, nicht zuletzt sich selbst. Auch darin lag propagandistische Absicht, nur wurde eine Gürtellinie respektiert. Und es gab zumindest die Inszenierung von Augenhöhe und Dialogbereitschaft. Trumps Bildpolitik hingegen tut witzig, kennt aber keine Nähe, nur Loyalität, kein Gespräch, nur Sendung, keinen Staat, nur eine Marke.

Der Account des Weißen Hauses ist nicht das Dokument dieses Wandels, sondern seine Manifestation. Im algorithmischen Zeitalter passt zwischen Kommunikation und Herrschaft kein Blatt Papier mehr.

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