Immerhin Lob von höchster Stelle: „Deutsche Maler in den letzten 40 Jahren durchgängig absolute Weltklasse“. Und obendrein Klassenziel erreicht „ohne staatliche Subventionen“. So der neue Kulturstaatsminister Wolfram Weimer im Interview mit WELT AM SONNTAG. Die amtliche Wertschätzung der deutschen bildenden Kunst der Zeit nimmt man gerne zur Kenntnis.

Was den subventionsfreien Weg zum Erfolg angeht, darf man aber doch gelinde Zweifel anmelden. Niemand kann von seiner Kunst leben, wenn er sie nicht zeigen, wenn er sie nicht ausstellen kann. Kein anderes Land in Europa ist so flächendeckend mit Kunstvereinen und städtischen Ausstellungshallen besetzt, mit Einrichtungen, die wohl auch von treuen Vereinsmitgliedern, aber allem von kommunaler Unterstützung leben. Nicht anders die subventionierten Stadt- und Landesmuseen, die neben ihrer archivalischen Tätigkeit überall auch mit ehrgeizigen Ausstellungsprogrammen punkten.

Ohne dieses einzigartige Netz wäre die Dynamik der Szene, die Proliferation immer neuer bildender Kunst, die „absolute Weltklasse“ gar nicht zu denken. Und Deutschland wird reihum beneidet um seine kunstpolitische Infrastruktur, die zum erheblichen, wenn auch nicht immer zuverlässigen Teil vom Staat subventioniert ist.

Man liest das ja in keinem Feuilleton, aber man trifft sich am Freitagabend bei der Vernissage im örtlichen Kunstverein. Der Kulturbürgermeister ist da und erzählt, wie tapfer er wieder für den Erhalt des städtischen Vereinszuschusses gekämpft habe. Der Maler steht in der Ecke und tut ein bisschen verschämt. Man entdeckt ein interessantes Bild und staunt, wenn man es wenige Tage später an der Wand der Freunde wiedersieht.

Denn auch das gehört zu den Erfolgen des staatlich mitfinanzierten Ausstellungsbetriebs: dass er immer wieder überaus attraktive Anreize bietet für private Investitionen. Für den gelegentlichen Kunsterwerb geradeso wie für die Bereitschaft, die eigene Riesensammlung öffentlich zu machen. Man hat die vielen attraktiven Privatmuseen, die in den vergangenen Jahren entstanden sind, noch nicht gezählt. Aber es ist ein Netz, das die staatlichen Häuser mitunter grandios konkurrenziert und das ohne den staatlich unterhaltenen Kunstbetrieb so gar nicht denkbar wäre.

Nicht zuletzt stützt sich auch der florierende Kunstmarkt auf eine Szene, die von Faszinationen und Sammlerleidenschaften lebt und sich von Ereignis zu Ereignis immer wieder neu erfindet. Gerade der Markt braucht die institutionelle Beglaubigung seiner Angebote. Es wäre also schon fatal, wenn man aus Wolfram Weimers Befund zur angeblich subventionsfreien Karriere der 40-jährigen Deutschkunst herauslesen wollte, dass auch dem Theater-, dem Musik- und Literaturbetrieb empfohlen sei, statt über Spardiktate zu lamentieren, sich lieber ans lobenswerte Beispiel der Künstler zu halten.

Es ist die hocheffiziente Kooperation von öffentlich und privat, die diesen Kunstbetrieb so stattlich hat anwachsen lassen. Man kann ohne Substanzverlust das eine nicht vom anderen trennen. Und es wäre schon noch einmal einer Grundsatzrede des neuen Kulturstaatsministers wert, in der er die 40-jährige absolute Weltklasse jenes Zusammenspiels von staatlichem Verlass und privatem Ehrgeiz rühmt.

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