Jochen ist Werkzeugmacher in einer Fabrik im Rheinland. Seine Arbeitsleistung wird an seiner Arbeitszeit bemessen. „Ich hab’ mir die Stunden angesehen“, sagt der Meister: „Das waren zu viele.“ Um nicht schneller arbeiten zu müssen und den Auftrag, mit dem Jochen und seine Brigade in Verzug geraten sind, noch pünktlich auszuführen, optimiert er die Maschinen, um vier Arbeitsgänge gleichzeitig erledigen zu können.

Seine Prämie versäuft er mit seinen Genossen, bis am Ende einer lallt: „Die Abrechnung für unsereins kommt immer später.“

Im Oktober 1972 lief im WDR die erste Folge einer Serie, die nicht wie sonst im bürgerlichen Alltag spielte, sondern im Milieu des Proletariats. „Acht Stunden sind kein Tag“ von Rainer Werner Fassbinder war Brecht fürs Fernsehen. Mit Gottfried John als Jochen und der frohen Botschaft: Es gibt mehr im Leben eines Arbeiters als Arbeit.

53 Jahre später fordert die deutsche Regierung, den Acht-Stunden-Tag durch eine effizientere Höchstarbeitszeit pro Woche zu ersetzen. Die IG Metall nimmt Abstand von der Forderung einer Vier-Tage-Woche. Und die Deutschen sollen überhaupt wieder mehr arbeiten: „Man hat manchmal den Eindruck, dass es nicht mehr um Work-Life-Balance geht, sondern um Life-Life-Balance“, sagt Carsten Linnemann, Generalsekretär der CDU.

Bei Fassbinder streichen die Arbeitgeber ihren Arbeitern die Leistungszulage, weil sie wegen ihrer neuen Maschinen weniger leisten. Aus Protest bauen sie Schrott. Der WDR stellte die Serie 1973 nach fünf Folgen ein: Die Arbeiter und die Gewerkschaften hätten „Acht Stunden sind kein Tag“ einfach nicht akzeptiert.

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