Eine der liebsten Opernfiguren von Andreas Homoki ist Brünnhilde aus Wagners «Der Ring des Nibelungen»: «Weil sie sich für die Menschen entscheidet und dadurch ihren göttlichen Status verliert», erzählte er in einem Interview. «Letztlich geht es ihr um die Liebe zu den Menschen», fügte er hinzu.
Homoki geht es um dasselbe. Bei ihm stehen nicht Starkult oder Glamour im Vordergrund, sondern die wesentlichen Themen des Lebens: Liebe, Beziehungen und Geschichten, die wirklich etwas über uns erzählen. All dies möchte er auf der Bühne sichtbar machen. Darin spiegelt sich seine Haltung zur Welt: Trotz seiner bescheidenen Art ist er, ganz im klassischen Sinne, ein Humanist.

Das Opernhaus Zürich bietet ideale Bedingungen dafür: Homoki kann hier genau die Regisseure und Regisseurinnen engagieren, die in seinem Sinne die Story einer Oper schärfen und mit und nicht gegen die Musik inszenieren. Er kann die besten Sängerinnen und Dirigenten der Welt engagieren. Gleichzeitig nimmt er sich die Freiheit, Stars, die keine Lust auf Proben haben, nicht mehr einzuladen.
Mit Gianandreas Noseda als Nachfolger von Fabio Luisi hat Homoki einen prominenten Chefdirigenten nach Zürich gelockt, der das gleiche Feuer hat wie er, der die Oper kennt wie kaum ein anderer Dirigent – und der von Anfang an auch beim Publikum gut ankommt. Ein geschickter Schachzug.
Durchgängiger Erfolg
Auch Homoki selbst kommt in Zürich gut an. Er ist kein Revoluzzer, war er nie, auch hat er sich nie irgendwelchen Moden unterworfen, sprach selten öffentlich über «woke» Themen. Es gab unter seiner Leitung kaum negative Schlagzeilen oder gar Skandale, weder was die Finanzen noch was seinen Führungsstil betrifft.

Die Zahlen sprechen für sich: Mit einem Jahresbudget von durchschnittlich 135 Millionen Franken hat der Intendant nach der Pandemie gut gewirtschaftet. Die Besucherzahlen stiegen rasch wieder an und erreichten bei den rund 250 Vorstellungen pro Jahr auf der Hauptbühne 2022–2025 eine Auslastung von rund 90 Prozent. Eine grandiose Leistung, wenn man bedenkt, dass die Oper schon vor 50 Jahren für tot erklärt worden war.
Clowns – und ein letzter Vorhang
Und wie fällt Homokis Bilanz als Regisseur aus? Auch seine Inszenierungen waren erfolgreich, es gab einige Sternstunden. Ein Highlight war Dmitri Schostakowitschs «Lady Macbeth von Mzensk» aus dem Jahr 2013. Unvergesslich bleibt die berüchtigte «Beischlafmusik» mit auskomponiertem Orgasmus. Eine vulgär-rhythmische Blechbläsermusik, die von einer Gruppe Clowns auf der Bühne gespielt wurde, dirigiert von einer Superman-Figur mit Melone, die an den Bösewicht in Stanley Kubricks «Clockwork Orange» erinnerte. Grandios!
Mehr und mehr wurden Homokis Arbeiten gemässigter, reduzierter und klassischer, was schliesslich in den Opernzyklus «Ring des Nibelungen» mündete, wo Homoki gar nicht erst versuchte, Zeitgeist hineinzuinterpretieren, sondern dem mythischen Stoff vertraute, der uns unsere menschlichen Leiden vor Augen führt.
Seine letzte Regiearbeit, Mendelssohns Oratorium «Elias», das am 9. Juni Premiere feierte, markiert nicht nur das Ende einer Ära, sondern auch den Abschied von Homokis künstlerischer Tätigkeit am Opernhaus Zürich. Er hinterlässt einen lebendigen Betrieb, dessen künstlerische Strahlkraft weit über die Landesgrenzen hinaus wirkt.
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