Liebe Lesende, geht es Ihnen auch so? Ich habe fast schon damit aufgehört, mich über Donald Trump zu wundern – so normal ist es inzwischen geworden, dass der MAGA-Mann mit der Mega-Mütze ein bisschen anders tickt als andere Politiker. Und manchmal sogar aus. Neulich kam das F-Wort über seinen Schmollmund: «They don't know what the f*** they're doing», sagte Trump wie vom Winde verweht vor dem Weissen Haus. Immerhin, es war instagrammable!
Oh ja, dieser Donald Trump kann sich selbst vergessen. Aber manchmal erinnert er uns auch an fast vergessene Kulturtechniken. Aktuell im Angebot: das Briefeschreiben. Auch die offizielle Schweiz zittert ja ein wenig, ob sie einen dieser Zollbriefe abbekommt, in denen stehen könnte, was vom sogenannten «Zollhammer» übrig geblieben ist, den Trump im April auf die Welt niedersausen liess – oder auch nicht. Vielleicht fing das alles damals im Rosengarten an, mit diesem altmodischen Getue und Gepose, als Trump wie einst Moses eine Tafel in den Himmel reckte – als verkünde er die neue Staffel einer Serie namens «More than Moses: Die Zollchroniken».

Diese Zollbriefe haben etwas auf süsse Weise Verbindliches – das gehört ja irgendwie zu dieser anachronistischen Kommunikationsform. Trump hat sie vielleicht sogar von Hand geschrieben. Wir erinnern uns: Bei all diesen Erlass-Events im Weissen Haus kann man seine Schrift bewundern – vermutlich die schönste, die je ein Politiker, wenn nicht sogar ein Mensch, zu Papier brachte. «Hallo Laos! Ab sofort 40 Prozent Zölle. Es hätten mehr sein können. Es grüsst: Donald.» So oder ähnlich stand es wohl in jenem Schreiben, das ein Regierungsmensch in Vientiane entgegennahm. (Fürs Protokoll: Laos ist eines von zwölf Ländern, das bisher Post aus Washington bekommen hat.)
Die Schweiz hat – Stand jetzt – noch keinen dieser angeblich am Montag in Washington abgeschickten Briefe erhalten. In Bundesbern gibt man sich zuversichtlich, dass auch keiner mehr eintrudelt. Und somit das meiste beim neuen Alten bleibt – was damals auch nicht ganz so klar auf der Moses-Gedenktafel stand: 10 Prozent Zölle auf mehr oder weniger alles. Ich war bis eben skeptisch. Wenn Trump gestern in Washington zur Post ging, dann ist der Brief heute doch noch gar nicht hier? Mein neuer «New Yorker», den ich mir Mini-Trump-mässig in Papierform gönne, braucht drei Wochen bis Zürich. Mindestens.
Wie sieht das eigentlich aus, wenn sich Regierungen Briefe schicken? Gehen die wirklich auf die Post? Gibt es ein transatlantisches Rohrsystem? Wird – das wäre doch Trump-Stil – eine Brieftaube geopfert? Oder kommen die Briefe per tarnkappentragendem Express-Bomber? Heute habe ich herausgefunden, dass Trump seine Briefe gar nicht physisch verschickt, sondern sie einfach auf seinem hauseigenen Nachrichtendienst «Truth Social» veröffentlicht. Ist das dann noch Post – oder sind es nur Posts? Sind das dann noch Briefe – und bitte was heisst das, mit Blick auf die Verbindlichkeit?
Genau das ist dann wieder typisch Trump vom Tollsten. Er ist ja im Grunde gar nicht US-Präsident. Sondern Ankündigungsminister.
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