Russland und die Ukraine haben bei ihren Verhandlungen in der Türkei einen weiteren Gefangenenaustausch vereinbart. Es sollen jeweils 1200 Gefangene beider Seiten übergeben werden, wie der russische Chefunterhändler Wladimir Medinski nach den Gesprächen vor Journalisten in Istanbul sagte. Seinen Angaben zufolge sollen zudem entlang der Front in dem seit mehr als drei Jahre währenden Ukraine-Krieg weiter Schwerverletzte ausgetauscht werden. Kiew bestätigte die geplante Fortsetzung der Austausche, nannte aber keine konkreten Zahlen.
Russland habe zudem die Rückgabe von 3000 weiteren ukrainischen Gefallenen angeboten, sagte Medinski. Seinen Angaben nach hat Moskau bisher bereits rund 7000 Leichen übergeben. Die Umsetzung der bisherigen Abmachungen lobte der russische Präsidentenberater und Ex-Kulturminister: „Alle Vereinbarungen vom letzten Mal wurden eingehalten“, sagte er.
Gleichzeitig fand an der belarussisch-ukrainischen Grenze ein Austausch von je 250 Gefangenen statt, der bei Verhandlungen im Juni vereinbart worden war. „Heute fand bereits die neunte in Istanbul vereinbarte Austauschrunde statt“, schrieb der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bei Telegram.
Knapp dreieinhalb Jahre nach der russischen Invasion in die Ukraine hatten Vertreter beider Länder in Istanbul ihre zuletzt stockenden direkten Gespräche fortgesetzt. Delegationen beider Seiten kamen im Ciragan-Palast am Bosporus unter türkischer Führung zusammen, wie auf Fernsehbildern zu sehen war.
Die für 19 Uhr Ortszeit (18 Uhr MESZ) angesetzten Gespräche begannen mit knapp anderthalb Stunden Verspätung. Zuvor hatten sich die beiden Chefunterhändler zu einem kurzen Vieraugengespräch getroffen. Die Unterredung in großer Runde dauerte lediglich 40 Minuten.
Der türkische Außenminister Hakan Fidan sagte vor Beginn der Verhandlungen, das ultimative Ziel sei ein Waffenstillstand, der den Weg zum Frieden ebne. Ein Durchbruch dafür bei dieser dritten Verhandlungsrunde galt jedoch bereits vorher als unwahrscheinlich. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte die Erwartungen gebremst.
Russland weist Forderung nach „vollständiger“ Waffenruhe zurück
Für Kiew sei die Ausweitung des Gefangenenaustausches und die Rückholung von Kindern vorrangig, die Russland aus den besetzten Gebieten verschleppt habe, sagte er bereits am Dienstag. Am Verhandlungstag selbst erklärte er in einer Videobotschaft, die Ukraine werde auch eine „sofortige und vollständige Waffenruhe“ fordern. Diese Forderung weist die russische Führung seit Monaten zurück.
Auch bei weiteren Fragen wurde offenbar bislang keine Einigung erzielt. So teilte der ukrainische Chefunterhändler Rustem Umjerow bei seiner Pressekonferenz mit, seine Delegation habe den Russen vorgeschlagen, bis Ende August einen Gipfel zwischen Selenskyj, Putin, Trump und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan abzuhalten. Parallel dazu sagte Medinski, ein Treffen auf Präsidentenebene solle nicht Verhandlungen, sondern deren Abschluss dienen. Es müsse also vorher Einigkeit über Wege zum Frieden herrschen.
Einen von Russland vorgeschlagene kurzzeitige – zwischen 24 und 48 Stunden dauernde – Waffenruhe an einzelnen Frontabschnitten wiederum hat wohl die Ukraine zurückgewiesen. Eine Waffenruhe müsse ehrlich sein und einen Stopp der Angriffe auf Infrastruktur und Zivilisten beinhalten, machte Umjerow Kiews Position deutlich.
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