D er Chef des CDU-Arbeitnehmerflügels, Dennis Radtke, hat eine vom bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) geforderte Streichung des Bürgergelds für alle Ukrainer in Deutschland mit scharfen Worten abgelehnt. „Die letzten Jahre sollten doch eigentlich gezeigt haben, dass wir mit breitbeinigen und marktschreierischen Forderungen beim Thema Flucht und Asyl nichts erreichen können“, sagte der Chef der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) dem „Focus“.

Das Denken in Überschriften habe „sich leider zum Arschgeweih der deutschen Politik entwickelt. Eine Zeit lang nett, aber irgendwann ist man es einfach nur noch leid“, sagte der Europaabgeordnete weiter zu den Äußerungen seines Unionskollegen. „Die Menschen erwarten zu Recht von uns als Union staatstragende und handwerklich saubere Politik, statt einfach einen herauszuhauen.“

Belastet der Söder-Vorschlag die Verwaltung?

Union und SPD hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, dass neu nach Deutschland kommende Ukrainer kein Bürgergeld mehr erhalten sollten, sondern Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Dadurch wird mit Einsparungen von etwas unter einer Milliarde Euro beim Bürgergeld gerechnet.

Söder sprach sich am Sonntag im ZDF-„Berlin direkt Sommerinterview“ jedoch für einen härteren Kurs aus. Er sei dafür, dass die in Deutschland lebenden Ukrainer kein Bürgergeld mehr erhalten sollten, „und zwar am besten nicht nur die, die in der Zukunft kommen, sondern alle“. Söder begründete seine Forderung mit den neuen US-Zöllen auf Importe aus Europa. Dadurch verändere sich die wirtschaftliche Lage und die Koalition brauche ein „Update, was wirtschaftlich notwendig ist“.

Radtke bezeichnete im „Focus“ den Wechsel vom Bürgergeld zu den Asylbewerberleistungen für neu ankommende Ukrainer als beschlossen und in der Sache richtig. Allerdings zeige sich schon dabei, wie kompliziert eine rückwirkende Umsetzung verwaltungstechnisch sei.

Es sei unklar, wie das für alle Ukrainer funktionieren sollte, die bereits im System sind, sagte Radtke. Zudem sei es fraglich, „in welchem Verhältnis eine mögliche Einsparung zum Verwaltungsaufwand steht und ob dies tatsächlich bei der Integration in den Arbeitsmarkt förderlich ist“.

Auch der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, bezeichnete Söders Vorschlag als „schwer nachvollziehbar“. 46 Milliarden Euro seien im vergangenen Jahr in Deutschland an Bürgergeld gezahlt worden, davon sechs Milliarden an Ukrainer. „Die Ukrainer zum Sündenbock zu machen finde ich nicht richtig. Für jede Hilfe meinen Mitbürgern gegenüber bin ich der Bundesregierung und jedem deutschen Steuerzahler dankbar“, sagte er im „Deutschlandfunk“.

46,9 Milliarden Euro für Bürgergeld-Zahlungen im Jahr 2024

Deutschland hatte im vergangenen Jahr 46,9 Milliarden Euro für Bürgergeld-Zahlungen ausgegeben. Dies waren gut vier Milliarden Euro mehr als 2023, wie aus einer am Sonntag bekannt gewordenen Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine kleine Anfrage der AfD-Fraktion hervorging.

Angesichts der gestiegenen Ausgaben für Bürgergeld-Zahlungen forderten zuletzt auch Politiker von Union und SPD mehr Härte gegen Arbeitsverweigerer. „Wer das System ausnutzt, dem muss mit klaren Sanktionen begegnet werden“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Dirk Wiese, den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND). „Bandenmäßiger Betrug oder Schwarzarbeit – wie etwa im Ruhrgebiet – dürfen nicht toleriert werden.“

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Tilman Kuban sagte den RND-Zeitungen, die neue Grundsicherung könne es „nur noch für die geben, die wirklich auf Hilfe angewiesen sind – nicht für die, die nicht arbeiten wollen“.

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt beim ursprünglichen Autor. Die erneute Veröffentlichung dieses Artikels dient ausschließlich der Informationsverbreitung und stellt keine Anlageberatung dar. Bei Verstößen kontaktieren Sie uns bitte umgehend. Wir werden bei Bedarf Korrekturen oder Löschungen vornehmen. Vielen Dank.