Einen Tag vor Inkrafttreten des amerikanischen 15-Prozent-Zollsatzes auf die meisten EU-Produkte sorgen die jüngsten Äußerungen des US-Präsidenten für Empörung bei deutschen Politikern. Trump hatte im TV-Sender CNBC gedroht, falls die EU nicht wie angekündigt 600 Milliarden Dollar in den USA investiert, werde er Zölle von 35 Prozent verhängen. Zudem bezeichnete der US-Präsident die 600 Milliarden als „Geschenk“ der EU: „Ich kann damit machen, was ich will.“ Trump hatte die Vereinbarung mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verhandelt.
Der JU-Vorsitzende Johannes Winkel (CDU) geht seine Parteifreundin nun hart an: „Die Kommissionspräsidentin hat mit der Investitionszusage ein Versprechen abgegeben, das sie im Zweifel gar nicht halten kann.“ Der Grundfehler der Vereinbarung mit Trump bleibe jedoch, „dass Europa seinen beachtlichen Hebel bei digitalen Dienstleistungen nicht in die Verhandlungen eingebracht hat. Dieser ‚Deal' ist vorne und hinten schief“, so Winkel zum „Spiegel“.
Für Linkenchefin Ines Schwerdtner zeigen Trumps Äußerungen, „dass die Zustimmung zu diesem Deal für Europa ein Fehler war“. Trump werde „in typischer Schulhofbully-Manier weiter provozieren und die EU vor sich hertreiben“, so Schwerdtner zum „Spiegel“. Es brauche nun Strategien, damit Europa eigenständiger werde. „Statt auf diesen Deal zu setzen, müssen wir alles daransetzen, künftig weniger erpressbar zu sein“, sagte Schwerdtner: „Dazu gehören ein stärker integrierter Binnenmarkt, eine bessere Lohnentwicklung in den Mitgliedstaaten und eine eigenständige Industriepolitik.“
Der Vizevorsitzende der Grünen im Europaparlament, Sergej Lagodinsky, sagte dem „Spiegel“, es sei schwer, mit dem Weißen Haus zu belastbaren Absprachen zu kommen. „Insofern würde ich die Unsicherheit, die bleibt, nicht Frau von der Leyen vorwerfen.“ Allerdings sei Trumps Vorgehen eine Erinnerung an alle in der EU, dass Absprachen mit Trump möglichst eindeutig sein müssten: „Es geht nicht, dass wir Zugeständnisse machen, die in beide Richtungen unterschiedlich verkauft werden, das kann mit diesem Präsidenten gefährlich werden.“
Auch Dirk Wiese, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, äußerte in dem Bericht Kritik an den Verhandlungen. „Es gibt noch viele Unklarheiten, weil noch nichts Schriftliches vorliegt“, so Wiese. Wenn Trump von einem „Geschenk“ spreche, zeige das, wie unterschiedlich der Deal interpretiert werde. Trumps Äußerung zeige, dass der Handelsdeal „auf wackeligen Füßen“ stehe.
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hatte Ende Juli bei einem Treffen mit Trump in Schottland eine vorläufige Einigung im Handelskonflikt erzielt. Im Rahmen der Grundsatzeinigung wollen die Europäer laut Trump zudem US-Energie im Wert von 750 Milliarden Dollar (knapp 650 Milliarden Euro) kaufen. Das ist fast das Doppelte der gesamten jährlichen EU-Energieimporte aus verschiedenen Ländern. Ihr Wert belief sich 2024 laut dem EU-Statistikamt Eurostat auf 375,9 Milliarden Euro.
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