Die Gesamtzahl der Stiftungen in Deutschland hat im vergangenen Jahr ein neues Rekordhoch erreicht. Neun von zehn sind gemeinnützig. Doch gerade kleinere Stiftungen können sich kaum über Wasser halten.

Vanessa Weber begutachtet mit dem zuständigen Förster ihr aktuelles Aufforstungsprojekt im bayrischen Obernburg am Main. Vor einem halben Jahr hat sie mithilfe vieler Jugendlicher Hunderte neue Bäume auf dem 7.000 Quadratmeter großen Areal gepflanzt. Genau um solche Projekte besser finanzieren zu können, hat sie vor rund fünf Jahren eine eigene Stiftung gegründet und mit einem Grundstock von 50.000 Euro ausgestattet.

"Das, was aus den 50.000 Euro aktuell rauskommt, ist nur minimal und es reicht eben nicht, die Kosten zu decken, definitiv nicht", berichtet die Unternehmerin. Allein im vergangenen Jahr musste sie 2.500 Euro aus eigener Tasche für die Verwaltungskosten nachzahlen, weil der Grundstock ihrer Stiftung nicht weniger werden darf. Das war ihr bei der Gründung nicht bewusst.

"Die Beratung war nicht entsprechend richtig"

Im Nachhinein hätte sie sich gewünscht, dass der Berater ihr die Idee ausgeredet hätte. "Jetzt im Nachgang stellen sich die Fakten halt eben ganz anders dar", beklagt sie beim Blick in den Jahresabschluss der Stiftung. Auch dieses Jahr wird sie wieder Geld nachschießen müssen. Ihre Klima- und Jugendbildungsprojekte sind weiterhin auf Spenden angewiesen.

Autor und Unternehmer Felix Oldenburg war vier Jahre Generalsekretär des Bundesverbandes deutscher Stiftungen. Heute betreibt er eine Plattform, die das wohltätige "Geben" leichter und effizienter machen soll. "Es gibt in Deutschland Tausende Stiftungen, die eigentlich inaktiv sind, weil sie so klein sind, dass sie eigentlich nur noch Gebühren für die Finanzdienstleister produzieren", kritisiert er. Tatsächlich sind etwa 80 Prozent aller Stiftungen mit einem Grundstock von weniger als einer Million Euro gestartet.

Stiftungsvermögen hoch - Ertrag vergleichbar gering

Für Banken sind Stiftungen ein gutes Geschäft, weil sie vom Grundgedanken her auf ewig angelegt sind, und in der Regel nur schwer aufgelöst werden können. Rechtsanwalt Thomas Wenninger wundert es deswegen nicht, dass Banken auch kleinere Vermögen gerne in Stiftungen haben, denn "Grundstockvermögen von Stiftungen sind ein klassisches Objekt, bei dem eine Vermögensverwaltung erforderlich ist." Und da das Vermögen im Grundstock klassischer gemeinnütziger Stiftungen nicht kleiner werden darf, ist der Erhalt höchstwahrscheinlich gesichert.

Die Erträge aus den Vermögen fallen allerdings meist geringer aus als bei normalen Kapitalanlagen. Das Geld aus dem Grundstock darf nicht riskant angelegt werden, um womöglich bessere Renditen zu erzielen. "Stiftungen unterliegen dem Gebot des Kapitalerhalts", sagt Wenninger. "Viele Stiftungsvorstände legen dieses Gebot, dergestalt aus, dass eine konservative Verwaltung des Grundstockvermögens angezeigt ist, um Vermögensverluste auszuschließen." Insgesamt beträgt das Stiftungsvermögen in Deutschland mindestens 110 Milliarden Euro. Genau weiß es niemand, weil Stiftungen ihre Finanzen nicht offenlegen müssen.

Bundesweites Register ab 2026

Die Große Koalition aus Union und SPD hatte weitreichende Änderungen des Stiftungsrechts vorgenommen, die 2023 in Kraft getreten sind. So wurde beispielsweise eine bundeseinheitliche Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) eingeführt. Das löst die vorher geltenden uneinheitlichen Landesstiftungsgesetze ab.

Zusätzlich wurden Satzungsänderungen, die vorher nur sehr schwer möglich waren, erleichtert.
So ist mittlerweile auch die Änderung der Ewigkeitsklausel möglich und Stiftungen können nach Zustimmung der Stiftungsaufsicht ihren Grundstock in einem gewissen Zeitraum verbrauchen und sich danach auflösen. Das ist allerdings nur unter strengen Voraussetzungen möglich. So muss beispielsweise der Zweck der Stiftung nicht mehr erfüllbar sein.

Um mehr Transparenz zu schaffen, gibt es ab dem kommenden Jahr auch ein bundesweites Stiftungsregister, in das alle Stiftungen und deren Eckdaten erfasst werden. Finanzielles müssen Stiftungen aber weiterhin nicht offenlegen. Nur die Stiftungsaufsicht und das Finanzamt können die Abschlüsse einsehen.

Stiftungen ja - aber nicht mit Geld?

Autor Felix Oldenburg ist der Meinung, dass Geld generell nicht als Anlageform für Stiftungsgründungen geeignet ist, sondern nur dann, "wenn man einen Vermögensgegenstand hat, der sich wirklich in Ewigkeit zu erhalten lohnt. Ein Naturdenkmal, eine Sammlung, vielleicht Daten im 21. Jahrhundert, aber in der Regel nicht Geld."

Vanessa Weber bereut ihre damalige Entscheidung, eine Stiftung zu gründen. Heute würde sie "das Geld anders verwenden, um es direkt ankommen zu lassen, dort, wo es gebraucht wird." Die nächste Zeit wird sie die Defizite der Stiftung noch privat ausgleichen können, aber das kann kein Dauerzustand sein.

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