Nach dem historischen Gipfeltreffen zwischen US-Präsident Donald Trump und seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin empfängt Ersterer nun europäische Staats- und Regierungschefs im Weißen Haus. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, von Trump im Februar dort noch rüde abgekanzelt, wird versuchen, ukrainische Interessen in Erinnerung zu rufen. Begleitet wird er unter anderem von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), dem britischen Premierminister Keir Starmer, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

Was ist von dem Treffen zu erwarten? Carlo Masala, Professor für Internationale Politik an der Universität der Bundeswehr München, gibt im Gespräch mit WELT TV seine Einschätzung ab.

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WELT: Das ist ein großer Auflauf heute im Weißen Haus bei Donald Trump. Was erwarten Sie?

Carlo Masala: Irgendein Ergebnis wird es heute geben. Welches, ist offen. Aber dass Donald Trump zunächst einmal Selenskyj alleine trifft und erst danach mit Selenskyj die Europäer, zeigt, dass die Vereinigten Staaten den Druck auf Selenskyj maximal erhöhen wollen, irgendetwas zuzustimmen.

Trump hat gestern in einem Post auf Truth Social sehr deutlich gemacht, dass es jetzt an Selenskyj liegt, ob es zu irgendeinem Ergebnis kommt oder nicht. Und von daher ist zu erwarten, dass heute maximaler Druck auf Selenskyj ausgeübt wird. Und dann das Ergebnis den Europäern eher verkündet wird, als dass die Europäer dann noch einmal über dieses Ergebnis diskutieren können.

WELT: In seinem Post sprach Trump davon, dass die Ukraine auf die russisch besetzte Halbinsel Krim verzichten müsste und ein Nato-Beitritt ausgeschlossen sei. Vom Donbass, den Regionen Luhansk und Donezk im Osten der Ukraine, war keine Rede mehr. Wie schätzen Sie das ein?

Masala: Das können wir nicht sagen, weil die Informationen, die wir aus Washington bekommen, total widersprüchlich sind. Marco Rubio hat gestern bei Fox News gesagt, es sei nie Donald Trumps Position gewesen, dass Selenskyj den Donbass aufgeben muss. Das müsste Selenskyj selbst entscheiden.

Wir bekommen aus Washington gerade sehr, sehr unterschiedliche Informationen über das, was die USA Selenskyj erzählen wollen – was er machen muss, damit er Frieden bekommt. Von daher wäre ich da sehr zurückhaltend, in diesen Post zu viel hineinzuinterpretieren.

Das Interessante in diesem Post ist, dass Donald Trump die Verantwortung an Selenskyj abgibt, und das lässt ja eher darauf schließen, dass es irgendetwas Vorbereitetes gibt, bei dem Selenskyj vor die Wahl gestellt wird: Friss oder stirb!

„Diese Entscheidung ist eine, die Russland dienlich ist und nicht der Ukraine“

WELT: Hat Putin es mit dem Treffen in Alaska geschafft, Trump wie einen Bären mit einem Ring in der Nase durch die Manege zu führen?

Masala: Ich glaube, anders lässt es sich nicht interpretieren, weil die Geschwindigkeit, mit der wir jetzt seit Alaska unterwegs sind – in Fragen einer Einigung –, extrem hoch ist. Es ist in Alaska etwas vorbesprochen worden zwischen Russland und den USA. Es ist die Zeit, die Trump nutzen will, um eine Entscheidung herbeizuführen. Und diese Entscheidung ist eine, die letzten Endes Russland dienlich ist und nicht der Ukraine.

WELT: Aber lassen Sie uns auch noch einmal auf die Sicherheitsgarantien schauen. Wir wissen nicht genau, wozu die USA bereit sind. Auch aus Deutschland gibt es ein Stimmen-Wirrwarr. Der deutsche Außenminister Johann Wadephul sagt nun, deutsche Truppen in der Ukraine könnten wir gar nicht hinbekommen. Wie sehen Sie das?

Masala: Das ist aus mehrerlei Hinsicht problematisch. Zum einen ist es problematisch, diese Option vom Tisch zu nehmen, bevor überhaupt klar ist, wie die Sicherheitsgarantien für die Ukraine aussehen sollen. Das ist einfach strategisch sehr unklug.

Das zweite ist – und das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Das ist der Außenminister eines Landes, dessen Kanzler mehrere Male klargestellt hat, dass es sein Ziel ist, dass wir die stärkste konventionelle Armee der Nato werden. Und der sagt, irgendetwas in der Ukraine zur Verfügung zu stellen, würde die Bundeswehr komplett überfordern. Das ist schon beschämend.

Und ich möchte jetzt nicht in Bundeswehrkreisen sein, die sich anhören müssen, dass eine Brigade in Litauen die Bundesrepublik Deutschland schon so überfordert, dass sie keine weiteren Verpflichtungen eingehen kann. Das fand ich alles ein wenig … diplomatisch und auch strategisch sehr unglücklich.

Dieses Transkript des Interviews bei WELT TV entstand mithilfe Künstlicher Intelligenz. Für bessere Lesbarkeit wurde das gesprochene Wort leicht redaktionell bearbeitet.

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