Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hat sich wiederholt dafür ausgesprochen, vor der Vorbereitung eines AfD-Verbotsverfahrens unbedingt eine gerichtliche Bestätigung der Einstufung der Partei als „gesichert rechtsextremistisch“ abzuwarten. Jetzt wird aus seiner eigenen Fraktion deutlicher Widerspruch laut: Mit dem CDU-Bundestagsabgeordneten Sascha van Beek fordert ein Unionspolitiker öffentlich ein Verbot der Partei.

„Nach allem, was ich von der AfD sehe und höre, führt kein Weg an einem Verbot vorbei. Es darf kein Schnellschuss sein, aber wir dürfen auch nicht ewig öffentlich debattieren“, sagt van Beek „Politico“. „Ich beurteile das nicht juristisch oder politikwissenschaftlich, sondern aus Sicht eines Parlamentariers und Familienvaters. Ein Blick auf die Geschichte gibt mir auf jeden Fall Klarheit in meiner Meinung.“

Dafür, wie man ein solches Verbot vorbereiten könnte, hat van Beek einen Vorschlag: „Vielleicht wäre ein unabhängiger Sonderermittler der richtige Weg, der alles bündelt und vorbereitet. Am Ende gilt: Weniger reden, einfach machen. Wie auch immer.“

SPD verweist auf laufende Gespräche „auf allen Ebenen“

Der Koalitionspartner SPD zeigt sich bereits seit Längerem offen für ein Verbotsverfahren, ebenso wie die oppositionellen Grünen. Die Sprecherin für Recht und Verbraucherschutz der SPD-Bundestagsfraktion, Carmen Wegge, bekräftigt gegenüber „Politico“ die SPD-Forderung nach der Einrichtung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe.

„Wir sind der festen Überzeugung, dass wir ein AfD-Verbotsverfahren jetzt vorbereiten und anschließend einleiten müssen“, sagt Wegge. Die Sozialdemokraten führten dazu „auf allen Ebenen Gespräche mit unseren demokratischen Kolleg*innen einschließlich der Union. Angesichts der inzwischen erdrückenden Erkenntnisse kann sich die Union dem aus unserer Sicht nicht länger verschließen.“ Die Sozialdemokraten hatten sich Mitte Juni der Forderung der Grünen nach einer solchen Arbeitsgruppe angeschlossen.

Wegge sieht die SPD-Position durch eine neue Analyse des Rechtsprofessors Markus Ogorek gestärkt: „Das nun vorgelegte Gutachten bestätigt unseren Kurs.“ Ogorek, der das Institut für Öffentliches Recht und Verwaltungslehre an der Universität zu Köln leitet, analysierte den Bericht des Bundesamts für Verfassungsschutzes, der die AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ einstuft.

Ogorek kommt zwar in seinem Schreiben zu dem Schluss, dass eine gerichtliche Bestätigung dieser Einstufung als Grundlage für ein AfD-Verbot nicht ausreiche. Gleichwohl sieht er in dem Verfassungsschutz-Bericht „tragfähige Argumentationslinien für ein Verbotsverfahren“, auch wenn „Karlsruhe im Zweifel noch strengere Darlegungen verlangt“, wie er „Politico“ sagte.

Anders als der Verfassungsschutz prüfe das für Parteiverbotsverfahren zuständige Bundesverfassungsgericht zudem, „ob eine Partei das Potenzial hat, ihre verfassungsfeindlichen Ziele tatsächlich umzusetzen. Während Verbotsverfahren bei Kleinstparteien an dieser Hürde scheitern können, dürfte das bei der AfD angesichts ihrer Wahlerfolge, stabilen Strukturen und ihrer inzwischen festen Verankerung in der Gesellschaft kaum problematisch sein.“

Pauline von Pezold ist Reporterin beim Newsletter „Playbook“ von „Politico“ Deutschland.

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