An der Börse wird auch in Rohstoffe investiert. Doch damit sind viele schwer kalkulierbare Risiken verbunden. Wie gut ist diese Assetklasse für Privatanleger geeignet?

Öl, Gold, Lithium, Kakao, Orangensaft - diese Produkte haben alle eines gemeinsam: Sie sind Rohstoffe, die an der Börse gehandelt werden können. Rohstoffe gehören neben Aktien, dem Geldmarkt, Anleihen oder Immobilien zu den wichtigsten Assetklassen. Oft werden sie als sinnvolle Ergänzung für ein ausgewogenes Portfolio genannt.

Ein klassisches Argument ist hier: Rohstoffe sind gut, weil sie immer gebraucht werden. Das lässt sich leicht an einem Beispiel verdeutlichen: dem Smartphone. Es gibt unterschiedliche Schätzungen, wie viele verschiedene Rohstoffe in den Geräten stecken. Je nach Quelle ist von 60 bis 100 Rohstoffen die Rede, etwa Eisen, Silizium, Magnesium, Aluminium, Lithium, Kupfer oder Nickel.

Rohstoffe sind natürlich vorkommende Ressourcen. Sie werden zum Großteil aus dem Boden gefördert und dann weiter verarbeitet. Dann sind sie Hauptbestandteil von hergestellten Gütern, etwa Industrieprodukten. Grob lassen sich Rohstoffe in fünf Kategorien einteilen: Energie, Edelmetalle, Industrie- und Basismetalle, kritische Metalle und Agrarrohstoffe. Zu den Agrarrohstoffen zählen zum Beispiel auch Kakao und Orangensaft.

Handel mit Rohstoffen

In all das kann man an der Börse investieren. Allerdings unterscheidet sich ein Investment von Rohstoffen von einem in Aktien. So werden Rohstoffe etwa über Warenterminbörsen gehandelt. Dort wird heute schon festgelegt, zu welchem Preis eine bestimmte Ware irgendwann in der Zukunft geliefert wird. Dieser Handel ist vor allem für diejenigen gedacht, die Rohstoffe wirklich brauchen, also zum Beispiel Chemiekonzerne, die Öl einkaufen, um es dann weiterzuverarbeiten. Privatpersonen sind am Rohstoffmarkt eher passiv unterwegs, etwa über Aktien, sogenannte CFDs, Zertifikate und Futures.

"Rohstoffe für den Privatanleger sind aus verschiedenen Gründen vorsichtig zu betrachten", sagt Olaf Stotz von der Frankfurt School of Finance and Management im ARD-Finanzformat 50k auf YouTube. Um das zu verdeutlichen, führt er den Ölpreis an, der besonders in den vergangenen Jahren - getrieben durch Faktoren wie die Corona-Pandemie oder den Krieg in der Ukraine - extrem geschwankt hat. "Diese exogenen Faktoren sind eher unvorhersehbar, sie lassen sich sehr schlecht prognostizieren, sodass ein Engagement in diesen Märkten mit einem sehr spekulativen Charakter verbunden ist", so der Experte.

Unterschiedliche Möglichkeiten für Privatanleger

Es gibt aber einige Produkte, die man auch als Privatanleger handeln kann: Aktien, Zertifikate und Futures. Bei einer Rohstoffaktie investiert man typischerweise nicht direkt in den Rohstoff, sondern in Unternehmen, die mittel- oder unmittelbar mit der Produktion oder dem Handel von Rohstoffen zu tun haben, etwa Goldminen.

Anders ist das bei Zertifikaten. Hier investiert man direkt in den Rohstoff, hat aber statt dem physischen Rohstoff ein Zertifikat in einem Wertpapierdepot, das normal gehandelt werden kann. Wichtig ist aber: Geht die Bank bankrott, die das Zertifikat ausgestellt hat, ist es wertlos. Das nennt man auch Emittentenrisiko.

Der Haken bei Termingeschäften

Und auch mit Futures können auch Privatanleger in Rohstoffe investieren. Ein Future ist an der Börse gehandelter Terminkontrakt. Käufer und Verkäufer verpflichten sich dabei, eine bestimmte Menge eines Basiswertes zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft zu einem vorher festgelegten Preis zu liefern beziehungsweise abzunehmen. Übersetzt heißt das: Ein Landwirt könnte sich so zum Beispiel einen festen Preis für sein Getreide in der Zukunft sichern.

Olaf Stotz betont, dass der Handel mit Futures gerade für Privatanleger auch mit Risiken verbunden ist: "Man muss den Future-Preis nicht direkt bezahlen, sondern nur einen kleinen Anteil - sozusagen als Sicherheitsleistung. Das kann den ein oder anderen Investor dazu verführen, vielleicht eine zu große Position zu kaufen, weil man ja nur einen kleinen Anteil vom Preis direkt zahlt. Wenn die Preise aber nicht in meine Richtung laufen, sondern gegen meine Position, heißt das unter Umständen, dass ich auch Geld nachschießen muss." Für Privatanleger sind klassische Futures also eher ungeeignet.

Künstlich gesteigerte Nachfrage

Interessanter sind etwa Future-ETFs. Dabei wird ein Rohstoff-Index abgebildet und das Ganze läuft über Futures, die hinterlegt sind. Damit die Ware nicht wirklich geliefert wird, tauscht der ETF außerdem einen Future immer vor dem Fälligkeitstermin aus. Er verkauft also den Kontrakt an der Börse und kauft dafür nun einen neuen Future mit einer späteren Fälligkeit. Dazu sagt man: Die Futures werden "gerollt".

Auch das ist allerdings nicht ohne Risiko: Wird ein Future im ETF im Januar gekauft und dann im Dezember gerollt - also gegen einen neuen ausgetauscht -, kann es passieren, dass der neue Future im Dezember günstiger ist als der alte. Dann macht man damit einen Verlust, einen sogenannten Rollverlust. Es kann also passieren, dass der Preis vom ETF steigt, man selbst aber trotzdem keinen Gewinn erzielt, weil der ETF Rollverluste macht. Es kann aber auch genau das Gegenteil passieren: Der neue Future ist teurer als der alte. Das nennt man dann "Backwardation".

Der Handel mit Rohstoffen hat also auch viel mit Spekulation zu tun. Und genau das ist auch eine häufige Kritik daran. Wenn etwa viele Investoren - also zum Beispiel Banken oder Hedgefonds - anfangen, massiv Futures auf Rohstoffe wie Weizen oder Öl zu kaufen, entsteht dadurch eine künstlich hohe Nachfrage nach diesen Verträgen. Obwohl sie den Rohstoff selbst gar nicht brauchen, spekulieren sie auf steigende Preise. Und diese zusätzliche Nachfrage treibt die Futures-Preise nach oben.

Spekulation lässt Lebensmittelpreise steigen

Das Besondere beim Handel mit Rohstoffen ist: Die Futures-Preise bleiben nicht einfach nur eine Spielerei auf dem Papier. Sie wirken sich direkt auf die echten Rohstoffpreise aus. Wenn also die Futures-Preise steigen, ziehen oft auch die tatsächlichen Marktpreise für Rohstoffe nach, obwohl sich an der tatsächlichen Angebot-Nachfrage-Situation gar nichts geändert hat.

Trotzdem kann das sehr reale Auswirkungen haben, wie das folgende Beispiel zeigt: In einem normalen Jahr könnte ein Weizen-Future etwa 200 Dollar pro Tonne kosten. Kaufen nun viele Spekulanten Futures und erwarten eine möglichen Dürre, dann steigt der Preis vielleicht auf 250 Dollar. Und das, obwohl die Ernte gut auszufallen scheint. Doch auch Bauern und Händler sehen diese steigenden Futures-Preise an der Börse und verlangen daraufhin mehr für Weizen.

Und das hat Auswirkungen auf die gesamte Handelskette: Mühlen müssen mehr für das Getreide zahlen, geben diese höheren Preise dann an Bäckereien weiter, die wiederum höhere Brotpreise verlangen. Und so steigen am Ende auch die Lebensmittelpreise für Verbraucher. Besonders hart trifft das Menschen in ärmeren Ländern, wo ein großer Teil des Einkommens für Essen draufgeht. Höhere Lebensmittelpreise können dort existenzbedrohend sein.   

Rohstoffe im globalen ETF

Privatanleger müssen sich auf diese Spekulationen gar nicht zwingend einlassen, betont Experte Stotz im YouTube-Format 50k: "Für Investoren, die breit diversifiziert in einen Weltaktienindex investieren, spielt ein direktes Rohstoffinvestment gar keine so große Rolle. Denn in diesen großen weltweiten Indizes sind natürlich auch Rohstoffunternehmen enthalten."

Heißt: Wer in einen breit gestreuten ETF wie den MSCI World investiert, der hat Rohstoffe sowieso schon in seinem Portfolio. Im Index FTSE All Share liegt der Anteil von Unternehmen, die mit Rohstoffen zu tun haben, bei rund sieben Prozent. Beim MSCI World ist der Anteil ähnlich.

Höhere Diversifikation, weniger Rendite

Ob man darüber hinaus direkt in Rohstoffe investiert, hängt auch von den eigenen Präferenzen ab. "Die Korrelation zwischen den Rohstoffpreisen oder einem Rohstoffindex und einem Aktienindex zeigt über lange Zeiträume, dass diese beiden Anlageklassen nahezu unkorreliert sind. Das heißt, man hat durchaus Diversifikationseffekte", so Olaf Stotz. "Aber die durchschnittliche Rendite, die man mit so einem Rohstoffindex erzielen kann, hat deutliche Renditenachteile gegenüber dem Aktienindex. Die Renditenachteile machen den Diversifikationsvorteil also zunichte."

Und auch als Inflationsschutz seien Rohstoffe nur bedingt geeignet. Das liegt laut Stotz vor allem daran, dass die Inflationsentwicklung und die Rohstoffpreise eng miteinander verbunden seien. "Einige Rohstoffe wie beispielsweise Benzin, Gas, Öl sind sowohl in den Rohstoffindizes als auch in den Verbraucherpreisindizes vorhanden. Das heißt, diese Korrelation zwischen Inflation und Rohstoffpreisen ist natürlich gegeben", sagt der Experte.

Sein Resümee ist deshalb: "Für den langfristigen Anleger ist ein Rohstoffinvestment vielleicht nicht ganz so gut geeignet." Das liege zum einen an den geringen Renditen, die Rohstoffe auf lange Sicht erzielen. Zum anderen sei auch der spekulative Charakter ein Nachteil für Personen, die langfristig ihr Geld anlegen wollen: "Wer die Zeiträumen richtig trifft, wer richtig spekuliert hat, der kann mit Rohstoffen natürlich eine gute Rendite wirtschaften. Für den durchschnittlichen Anleger ist das aber fast unmöglich."

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