Kanzler Friedrich Merz hat einen Vorschlag von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder zurückgewiesen, den Ländern die Festsetzung der Erbschaftsteuer-Sätze zu überlassen. „Wir regionalisieren die Erbschaftsteuer“, so Söder gegenüber „Bild“. Die Steuer werde ohnehin von den Ländern erhoben und deren Haushalten zugeführt, so Söder weiter. Gleichzeitig kündigte Söder für Bayern deutliche Entlastungen um 50 Prozent an.

„Das kann man machen, das hat allerdings auch erhebliche Nachteile, weil es dann die etwas wohlhabenderen Länder begünstigt und die etwas weniger wohlhabenden Länder benachteiligt werden“, sagte Merz am Montag bei einem Auftritt mit NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) in Münster. „Ich würde im Augenblick dafür plädieren, es jetzt bei dieser bundesgesetzlichen Regelung zu belassen.“ Die Erbschaftsteuer ist eine Ländersteuer, die aber in einem Bundesgesetz geregelt wird.

Es gebe eine kleine Variante, bei der man den Ländern gestatten könnte, die Freibeträge anders auszugestalten, sagte Merz zum Vorschlag des CSU-Vorsitzenden. Hintergrund ist, dass der Grundstückswert etwa in Bayern höher liegt als in einigen anderen Bundesländern. Deshalb fallen in Bayern bei Erbschaften schneller Steuern an. „Aber ich sehe im Augenblick nicht, dass es darüber einen Konsens zwischen den Ländern gäbe“, fügte der Kanzler hinzu. Der Bundesrat müsse zustimmen. „Ich sehe im Augenblick andere Prioritäten in der deutschen Politik“, betonte der Kanzler. Merz und Söder hatten am Sonntag die Forderungen der SPD nach Steuererhöhungen erneut zurückgewiesen.

Aiwanger will Erbschaftsteuer komplett abschaffen

Söders Stellvertreter geht der Vorschlag seines Chefs hingegen noch nicht weit genug. So will Bayerns Wirtschaftsminister und Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger (Freie Wähler) die Erbschaftsteuer gleich ganz abschaffen. „Der richtige Satz für die Erbschaftsteuer wäre null“, sagt Aiwanger bei WELT TV. „Wir Freien Wähler fordern seit Jahren die Abschaffung dieser Neidsteuer.“ Länder wie Österreich und Skandinavien hätten „mit bestem Erfolg“ diesen „Unsinn“ abgeschafft und damit auch Rechtssicherheit hergestellt.

Andernfalls müssten Verfassungsgerichte wieder über zig Einzelfälle urteilen. „Wir beschäftigen hier ohne Not nur Steuerberater und haben am Ende wegen weniger Milliarden Euro eine massive Verunsicherung all derer, die ein Mietshaus bauen wollen oder die eine Firma vererben wollen“, so Bayerns Wirtschaftsminister. Diese Handbremse müsse endlich gelöst werden: „Erbschaftsteuer total abschaffen, nicht nur irgendwo ein bisschen halbieren und reformieren. Weg mit diesem Unsinn!“

Das bedeute zwar einen Verzicht auf Steuereinnahmen. Die würden laut Aiwanger dafür an anderer Stelle wieder generiert, wie man am Beispiel Österreichs sehen könne: „Reiche Familien kehren wieder ins Land zurück.“ So würde in Österreich wieder investiert und die Wirtschaft sei erfolgreicher, was aktiv Steuereinnahmen generiere. „Die Erbschaftsteuer ist eine Substanzsteuer, die vom Bestehenden wegknabbert, anstatt Leistung anzureizen“, sagt Aiwanger. „Wenn die Erbschaftsteuer weg ist, läuft die Wirtschaft besser.“

Söder will Erbschaftsteuer in Bayern massiv senken

Söder hatte am Montag in der „Bild“-Zeitung erneut die Regionalisierung der Erbschaftsteuer gefordert. Jedes Bundesland sollte künftig eigene Steuersätze festlegen dürfen, „denn das Steueraufkommen fließt ohnehin in die Länderhaushalte“. Es sei nur folgerichtig, den Ländern dann auch die Hoheit über die Höhe der Steuer zu geben. „Wenn SPD-regierte Länder die Erbschaftsteuer erhöhen wollen, sollen sie das tun.“

„Wir in Bayern werden sie mindestens um 50 Prozent senken“, kündigte der bayerische Ministerpräsident für den Fall einer Reform an. Die Erbschaftsteuer sei in ihrer jetzigen Form „schlicht ungerecht – vor allem bei Betriebsübergaben im Mittelstand, im Handwerk oder beim Vererben des Elternhauses“. Söder fügte hinzu: „In diesen Fällen gehört sie abgeschafft.“

CDA-Chef Radtke hält höhere Erbschaftsteuer im Einzelfall für denkbar

Der CDU-Arbeitnehmerflügel CDA kann sich indes Steuern für Erben vorstellen, um im Gegenzug Sozialreformen in der Koalition durchzusetzen. „Wir sollten an die Ausnahmetatbestände bei der Erbschaftsteuer und die Schenkungsteuer herangehen, Stichwort Vermögensbedarfsprüfung. Dies führt dazu, dass Milliardenvermögen verschenkt und vererbt werden, ohne dass ein Euro Steuern bezahlt wird. Diese Dinge anzugehen, wäre überfällig“, sagte der CDU Bundesvorsitzende Dennis Radtke im Podcast „Table.Today“.

Wenn die Union sich bei diesem Thema bewege und die SPD bei den Sozialreformen der Union entgegenkommen würde, „dann wird ein Schuh draus“, sagte der CDU-Europaabgeordnete. „Das wäre gut für das Land. Das wäre auch keine Steuererhöhung, sondern das Stopfen von Schlupflöchern.“

Auch bei der Einkommensteuer könnte es nach Aussage von Radtke im Einzelfall zu einer höheren Steuerbelastung kommen, wenn dadurch eine umfassende Entlastung für die Mittelschicht umgesetzt werde. „Als wir um das CDU-Grundsatzprogramm gerungen haben, gab es die Idee, in der Mitte zu entlasten und dafür oben ein bisschen zu stärker zu belasten. Ich fand die Idee damals gut.“ Allerdings sei das Thema Einkommensteuer derzeit ein „hochvermintes Gelände“.

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