Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge hat vor Beginn der Klausurtagung ihres Fraktionsvorstandes scharfe Kritik an der Politik von Kanzler Friedrich Merz (CDU) geübt. „Ich halte es für extrem besorgniserregend, was für ein Bild Friedrich Merz von unserem Land zeichnet“, sagte Dröge im Interview mit WELT TV. „Er sagt ja, die Deutschen sind zu faul, den Sozialstaat können wir uns nicht mehr leisten.“ Das sei ein „ziemlich respektloser Umgang mit den vielen Menschen in unserem Land“.

Statt Steuergeschenken für Besserverdienende brauche es Entlastungen für die Mitte der Gesellschaft, so Dröge weiter. „69 Prozent der Steuersenkungen im Bundeshaushalt gehen an Menschen mit mehr als 180.000 Euro im Jahr, während untere und mittlere Einkommen nicht entlastet werden. Wir würden das gerne umdrehen.“

Dröge warf der Bundesregierung weiter vor, dass durch die Lockerung der Schuldenbremse – der auch die Grünen zugestimmt haben – zu wenig für die Bürger getan werde: „Ich kann aber nicht akzeptieren, dass das Geld jetzt nicht in unserem Land ankommt, sondern in Steuergeschenke von CDU und SPD gesteckt wird.“

Gleichzeitig erkennt auch die Grünen-Fraktionsvorsitzende die Notwendigkeit einer Sozialstaatsreform – allerdings nicht durch Kürzung von Leistungen: „Wir können beim Thema Effizienz und Bürokratieabbau anfangen.“ Tatsächlich sei dies auch beim Bürgergeld möglich, unter anderem bei der mehrfachen Prüfung von Vermögen der Leistungsbezieher. „Das ist absolut unnötige Bürokratie. Hier kann man das System schlanker und damit auch günstiger machen.“ Weitere Einsparmöglichkeiten sieht Dröge unter anderem auch im Gesundheitssystem, beispielsweise bei der Notfallversorgung oder den Arzneimittelkosten.

Die verschärfte Migrationspolitik der schwarz-roten Regierung sieht Dröge ebenfalls kritisch: „Grundsätzlich muss ich zur Migrationspolitik von Alexander Dobrindt sagen: Er fährt gerade einen Kurs, der Deutschland auch innerhalb der Europäischen Union ja sehr unbeliebt macht. Er hat sofort Streit mit unseren europäischen Nachbarländern angefangen.“ Zudem stelle er „eine Belastung für die Wirtschaft“ dar. „Die Grenzkontrollen führen zu erheblichen Staus und damit zu Mehrkosten für die Logistikbranche“, so Dröge.

Darüber hinaus erwartet die Fraktionschefin, dass die Bundesregierung jene Afghanen aus dem Aufnahmeprogramm nach Deutschland holt, die bislang in Pakistan auf ihre Visa warten. Dabei gehe es auch um „das Ansehen Deutschlands in der Welt“, dass getroffene Zusagen von Deutschland auch eingehalten werden.

Im ZDF-„Morgenmagazin“ warf Dröge der Regierung zuvor eine Blockadepolitik beim Kampf gegen den Klimawandel vor: „Wir werden einen Herbst haben, den wir als Herbst des Klimawiderstandes wahrscheinlich führen müssen“, sagte sie am Dienstagmorgen. Die klimapolitischen Entscheidungen der Bundesregierung seien „ohne Sinn und Verstand“, ergänzte die Grünen-Politikerin.

Dröge warf der Bundesregierung ein „Bremsen der erneuerbaren Energien“ vor. Mit Blick auf die Entscheidung für neue fossile Gasförderung vor der Nordseeinsel Borkum sprach Dröge von einer „Reise zurück in die Vergangenheit“. Da werde es „unseren erheblichen Widerstand geben“, kündigte die Grünen-Chefin an.

Dröge betonte, die Grünen bräuchten dafür eine „schärfere Zuspitzung und eine stärkere Kampagnenfähigkeit“. Ihre Partei solle sich weder an der Linken noch an der Union orientieren, ergänzte Dröge. Die Grünen seien „eine eigene Partei“ und hätten „einen eigenen Weg“.

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